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Den inneren Schweinehund überwinden

Mit Blutgruppe F schafft man alles

Es ist einer der härtesten Schritte in der Ausbildung zum Instruktor/zur Instruktorin: das 3-tägige Outdoor-Assessment. Hier werden die Aspirant:innen bis an ihre Belastungsgrenze geführt. Auch die drei Anwärter aus dem Appenzellerland mussten antreten.

Die Ostschweiz am 30. Oktober 2023

Im Hauptbild: Rasch entscheiden, sich gut absprechen und richtig vorgehen: Auch Daniel Stämpfli ist bei den praktischen Tests gefordert. pd

«Ich will das Bestmögliche aus der Situation machen und alles geben, was ich kann.» Mit dieser Einstellung reiste Daniel Stämpfli im Sportzentrum auf dem Kerenzerberg an. Auch Mathias Sengl und Matthias Gantenbein brachten eine positive Stimmung mit. Diese brauchten sie auch, denn den drei Anwärtern der Instruktoren-Ausbildung stand ein 3-tägiges Outdoor-Assessment bevor, von dem sie wussten, dass es ihnen viel abverlangen wird.

Was sie aber nicht wussten, war der Inhalt der Übungen und Tests. Mit dieser Ungewissheit waren sie nicht allein: Insgesamt 25 Aspiranten aus 8 Kantonen nahmen teil, darunter 2 Frauen. Aus prüfungsrechtlicher Sicht dürfen die Themenschwerpunkte nicht kommuniziert werden. «Sonst könnten sich die nächsten Aspiranten konkret darauf vorbereiten, was nicht das Ziel ist», erklärt Walter Hasenfratz, Feuerwehrinspektor der Kantone AR/AI. Daher wird auch der Standort alle zwei Jahre gewechselt. Das Ziel des Outdoor-Assessments ist vielmehr, die Teilnehmenden mit unvorhergesehenen Übungen auf Belastbarkeit, rasche Entscheidungsfindung, Verantwortungsbewusstsein, Fachwissen, Team- und Kommunikationsfähigkeit zu testen.

Den inneren Schweinehund überwinden

Die Tage sind von frühmorgens bis spätabends prall gefüllt mit Verhaltensübungen und Fachlektionen, um 21.30 Uhr steht jeweils der letzte Programmpunkt an: «Vorbereitung für den nächsten Tag». «Wenn du dann auch noch einen schnarchenden Zimmerpartner hast, der dich nachts wachhält, ist der folgende Tag umso anstrengender», so Sengl.

Die praktischen Verhaltensübungen fordern die Teilnehmenden heraus; sie müssen rasch entscheiden, sich gut absprechen, das Material organisieren und die Aufgaben aufteilen. Und letztlich als Team funktionieren, obwohl man aus verschiedenen Feuerwehren stammt und sich nicht kennt. Genauso wenig die Umgebung.

Alle Anwärter:innen werden von den Experten scharf beobachtet. Damit die Objektivität gewährleistet ist, dürfen die Experten keine Aspiranten aus dem eigenen Kanton beurteilen. Steil hinauf, Bedienungsanleitung weg, Wettbewerbsdruck, ein körperlich angeschlagenes Teammitglied, Verunsicherungstaktik – alle sind gefordert, teilweise bis an die Belastungsgrenze. Und dabei wird man auch noch gefilmt.

«Am zweiten Tag hatte ich ein Tief und ich fragte mich, warum ich mir das antue, aber der tolle Zusammenhalt in der Gruppe holte mich wieder da raus», gesteht Gantenbein. «Man kämpft gegen seinen inneren Schweinehund», findet auch Sengl. Nicht weniger herausfordernd stellen sich die Fachlektionen heraus. Von Atemschutz über Einsatzführung bis zu lebensrettenden Sofortmassnahmen sind sämtliche Themen dabei, die angehende Instruktor:innen beherrschen müssen. Niemand weiss im Vorfeld, welche Themen er zugeteilt bekommt.

«Wir prüfen die Sattelfestigkeit der Teilnehmenden, wie sie die Lektionen organisieren, wie sie unterrichten und wie sie ihre Teams involvieren können», erklärt Hasenfratz. Dazu kommt die permanente Anspannung, dass man bis zum Schluss nicht weiss, wo man steht. Dann aber ist es so weit: Walter Hasenfratz studiert die Bewertungen seiner drei Anwärter. Bei fragwürdigen oder schlechten Beurteilungen kann er mit den jeweiligen Experten Rücksprache halten. Doch das ist im Fall von Matthias Gantenbein (FW Speicher), Daniel Stämpfli (Regiwehr) und Mathias Sengl (FW Urnäsch) nicht nötig: Alle drei haben erfolgreich bestanden. Fünf der 25 Teilnehmenden sind durchgefallen und können somit nicht weitermachen.

Der starke Zusammenhalt in der Feuerwehr

Ein paar Tage später sitzen die drei glücklichen Aspiranten im Ausbildungszentrum Bächli in Teufen und rekapitulieren das Erlebte: «Wir haben wertvolle Inputs erhalten, gerade in der Ausbildungsmethodik, davon will ich künftig einiges umsetzen», so Gantenbein. Genauso sieht es Sengl, er wolle in seiner Wehr Neues ausprobieren.

Stämpfli imponierte vor allem die Kontrollmethode, die sicherstellt, ob die Inhalte auch wirklich verstanden wurden vom Team. Da war aber noch ein Fakt, der die drei Aspiranten motiviert, weiterzumachen: «In diesen herausfordernden Momenten hat sich wieder mal gezeigt, wie wichtig Menschlichkeit ist: Funktioniert es in der Gruppe, kann man viel bewirken», findet Sengl. Alle nicken zustimmend und Stämpfli ergänzt: «Ob Experte oder Anwärter, wir haben alle Blutgruppe F und sind mit der Feuerwehr eng verbunden. Und das haben wir in diesen Tagen einmal mehr zu spüren bekommen.»

Die Redaktion begleitet die drei Anwärter auf ihrem Ausbildungsweg. Wie es mit ihnen weitergeht, erfahren Sie im Februar/März 2024.

Die nächsten Schritte:

  • Zweiter Hospitanten-Einsatz am Feuerwehrgrundkurs AR/AI in Heiden.

  • 5-tägiger Basiskurs Methodik und Didaktik in Couvet (NE).

Wer es bis hierhin geschafft hat, darf sich Schweizerische/r Feuerwehrinstruktor/in nennen. Danach müssen regelmässig Weiterbildungen absolviert werden, um als Instruktor/in tätig sein zu können.

Feuerwehr

Die Übungen hatten es in sich, teilweise ging es steil hinauf und bergab. «Man kämpft gegen seinen inneren Schweinehund», sagt Mathias Sengl. pd

Feuerwehr

_Nach einem kurzen Tief kommt die Freude, denn das Löschen hat Matthias Gantenbein im Blut. pd _

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