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Pro und Contra / Steiner vs. Egger

Muss der Wolfsbestand reguliert werden? Sie sagt: «Die St.Galler Wildhut hat das Dümmste gemacht.» Er sagt: «Von der Ausrottung zu reden, ist absurd.»

Die neue Jagdverordnung des Bundes ist am 1. Dezember in Kraft getreten und ermöglicht die Regulation von Wolfsrudeln. Die St.Galler Wildhut hat in dieser Zeit zwei der acht Wölfe aus dem Rudel erlegt. CHWolf-Präsidentin Christina Steiner und Nationalrat Mike Egger beziehen Stellung.

Manuela Bruhin am 05. März 2024

Christina Steiner, Präsidentin Verein CHWolf:

«Mit dem Abschuss beider Elterntiere aus dem intakten Wolfsrudel hat die St.Galler Wildhut aus wildbiologischer Sicht das Dümmste gemacht, was man machen konnte. Die unerfahrenen Jungtiere sind nun alleine, ohne elterliche Führung, unterwegs und müssen sich selbstständig ernähren. Sie sind somit mehr denn je auf einfach zu erwischende Beute angewiesen.

In der Winterzeit kann das dazu führen, dass die Jungtiere häufiger nach Essensresten und Abfällen suchen und damit vermehrt in Siedlungsnähe oder auch in Siedlungen auftauchen. Und in der kommenden Alpsaison könnte dies zu viel mehr Schäden bei nicht- oder ungenügend geschützten Nutztieren führen.

Für die Nutztierhalter, welche auf den Abschuss statt auf den Herdenschutz gesetzt haben, wird diese Abschusspolitik ein Schuss ins eigene Bein sein. Die Politikverantwortlichen und die ausführenden Stellen haben dies dann ganz klar zu verantworten!

Die Aussage in der Medienmitteilung «Grosser Einsatz für ein besseres Zusammenleben zwischen Alpwirtschaft und Wolf» ist ein Hohn und zeigt, dass die verantwortlichen Personen des Kantons scheinbar über keine fundierten Kenntnisse von der Lebensweise und dem Sozialverhalten eines Wolfsrudels und von den vielschichtigen Wechselwirkungen im Ökosystem verfügen. Diese Situation ist beschämend und tragisch.

400 Stunden (!) hat die Wildhut eingesetzt, um die beiden Elterntiere abzuschiessen. Steuergelder, die völlig falsch eingesetzt wurden. Den Nutztierhaltern wäre langfristig weit mehr geholfen, wenn die 400 Arbeitsstunden resp. das entsprechende Geld in die Unterstützung des Herdenschutzes geflossen wären.

Ein besseres Zusammenleben zwischen Landwirtschaft und grossen Beutegreifern wie Bär, Wolf und Luchs funktioniert langfristig NUR mit gutem Schutz der Nutztiere und nicht mit dem Abschuss von Beutegreifern, der Vernichtung von Natur oder der Störung von funktionierenden Ökosystemen.»

Mike Egger, Nationalrat:

«Endlich konnte die Wildhut die Verfügung des St.Galler Amt für Natur, Jagd und Fischerei vom letzten Dezember umsetzen und einen Teil des Wolfsrudels erlegen, das sich im Calfeisental auf dem Gemeindegebiet von Pfäfers ausgebreitet hat. Allerdings schafften es die Jäger nur, zwei der insgesamt acht Wölfe des Rudels abzuschiessen. Weil die entsprechende Verfügung nur bis Ende Januar gültig war, werden weiterhin Nutztiere von den restlichen Wölfen des Rudels qualvoll verletzt oder gerissen werden.

Die Herdenschutzmassnahmen im Calfeisental sind offensichtlich nur zum Teil wirksam. Die Wölfe umgehen diese und dringen in die Schutzzonen ein, um Rinder zu reissen. Zudem tauchte das Wolfsrudel im letzten Sommer öfters vor einer Alphütte auf und die Alphirtin konnte die Raubtiere nur mit grosser Mühe vertreiben. Das gleiche Rudel war auch im benachbarten Weisstannental aktiv, wo es mehrere Schafe gerissen hatte.

Die oft als Allheilmittel gegen Wolfrisse dargestellten Herdenschutzmassnahmen können also von den bekanntlich ausgesprochen schlauen Wölfen ausgetrickst werden.

Abgesehen von den Kosten für den Ersatz der getöteten Nutztiere und für die Herdenschutzmassnahmen ist eine ungeregelte Ausbreitung der Wolfsrudel nicht nur eine Bedrohung für Schafe und Rinder, sondern auch für Haustiere. Und je mehr Wölfe es gibt, desto grösser wird auch die Gefahr für die Bevölkerung in den Alptälern. Durch ihre steigende Zahl wird die Nahrungsmittelsuche für diese Wildtiere schwieriger und sie nähern sich zu diesem Zweck immer mehr den menschlichen Siedlungen.

In einem vom massiven Bevölkerungswachstum betroffenen Land wie die Schweiz wird der Boden immer rarer und der Dichtestress steigt. Somit ist es in der Logik der Sache, die unkontrollierte Ausbreitung dieser Wildtiere zu verhindern, denn auch ihr Lebensraum muss beschränkt werden. Deswegen von der Ausrottung der Wölfe zu reden, so wie es die zumeist in den Städten wohnenden «Freunde des Wolfs» immer wieder tun, ist absurd.

Im Interesse eines natürlichen Gleichgewichts ist eine vernünftige Regulierung der Wolfspopulation zwingend und deshalb muss sie auch weiterhin gewährleistet sein.»

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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