Das St.Galler Fest 2019 ist Geschichte. Hier und da hat es aber einen Nachgeschmack hinterlassen. Ein Barbetreiber ist unzufrieden mit dem Vorgehen der Organisatoren bei der kostenpflichtigen Vergabe von Plätzen. Er spricht von Willkür. Der Veranstalter hält dagegen.
Wenn das St.Galler Fest stattfindet, herrscht in der Stadt Ausnahmezustand. Das gilt auch für die Gastronomen. Sie werden im Aussenbereich sozusagen in ihre Schranken gewiesen. Denn wenn sie wirtschaften wie üblich, geht das auf Kosten der Standbetreiber, die sich für Geld das Recht erkaufen, die Festbesucher zu verköstigen. Die Gastronomen haben aber die Möglichkeit, sich das Recht auf den Ausschank im Aussenbereich ebenfalls zu «erkaufen».
Ausrichter des St.Galler Festes ist der Verein «St.Galler Veranstaltungen». Der bewusste Verein mietet laut Sarah Gerteis von der St.Galler Stadtverwaltung jeweils den öffentlichen Grund und vermietet ihn dann weiter an die Standbetreiber. «Die Stadt ist demnach Austragungsort und Bewilligungsbehörde, mit der Organisation des Festes per se hat sie nichts zu tun», so Gerteis. Eigentlicher Organisator ist Bruno Bischof, der Geschäftsleiter des St.Galler Fests.
Der Betreiber einer kleinen Bar beim Bohl in St.Gallen wurde Anfang Jahr von der Firma von Bruno Bischof kontaktiert mit einem Anmeldeformular zum St.Galler Fest. Dies mit dem Angebot, für 1700 Franken eine Standmiete einzugehen. Das hätte es dem Betreiber ermöglicht, seinen kleinen Aussenbereich trotz St.Galler Fest zu nutzen. Er reagierte nicht auf die Offerte - und erhielt zu seinem Erstaunen einige Zeit später ein neues Angebot: Eine Standmiete für 800 Franken, weniger als die Hälfte. Er habe sich «gefühlt wie auf dem Bazar», so der Barbetreiber gegenüber «Die Ostschweiz». Danach habe man ihm mitgeteilt, dass er - weil er nicht auf die Standmiete einging - auf die Aussenwirtschaft verzichten müsse während dem Anlass. Das habe er getan, auch wenn er für diesen Bereich bereits ganzjährig an die Stadt Geld entrichte.
Was dem Mann dann sauer aufstiess: Während des Fests habe er erfahren, dass andere Gastronomen in nächster Nähe ebenfalls nichts bezahlt hätten, die Aussenwirtschaft aber ganz normal betrieben hätten - inklusive Gläsern und ordentlichem Geschirr. Er müsse in Zukunft eben mit den Organisatoren verhandeln, wurde ihm auf seine erstaunte Frage mitgeteilt.
Für ihn werfe die Situation verschiedene Fragen auf. Wenn man eine private Firma mit der Festlegung und dem Einziehen von Standmieten beauftrage, öffne das «Willkür und Vetternwirtschaft Tür und Tor.» Auch die unterschiedlichen Preise seien fragwürdig und ebenso die Tatsache, dass andere Lokalbetreiber ihre Aussenwirtschaft einfach offen halten konnten. Zudem sei er der Ansicht, die Organisation des Anlasses müsse neu ausgeschrieben werden. «Ich bin überzeugt davon, dass ein anderer Veranstalter den Anlass attraktiver gestalten und vermarkten könnte, auch ohne die 50'000 Franken von der Stadt, welche für diesen einen Anlass an Herr Bischofs Firma jährlich überwiesen werden», so der Gastronom.
Bruno Bischof, der damit direkt angesprochen wird, stellt sie Sache anders dar. Die Preisgestaltung sei transparent und auf der Webseite des St.Galler Fests jeweils publiziert. Die Preise seien je nach Sektor unterschiedlich. Zudem gebe es Ausnahmefälle. «Wirte, die eine Ganzjahresbewilligung für den Aussenbereich auf öffentlichem Grund haben, zahlen nur 700 Franken», so Bischof. Allerdings: Der betroffene Barbetreiber hat eine solche Bewilligung, für die er 1290 Franken pro Saison pro Jahr bezahlt.
Wie steht es aber um den Vorwurf, dass einzelne Wirte den Aussenbereich bewirtschaften konnten, ohne eine Standmiete zu berappen? Laut Bischof werden alle Gastronomen in der Innenstadt angefragt, ob sie zur Standmiete bereit sind. Wer nicht mitmacht, muss seinen Platz grundsätzlich freigeben, damit er anderweitig genutzt werden kann - von zahlenden Standbetreibern. «Aber wenn wir den Platz für unsere Zwecke nicht brauchen, dann lassen wir das so laufen, es wäre reine Schikane, wenn wir dann die Schliessung des Aussenbereichs verlangen», sagt Bruno Bischof.
Auch hier setzt der Barbetreiber am Bohl ein Fragezeichen. Denn der Platz vor seinem Lokal sei während des ganzen St.Galler Fests leergestanden. «In diesem Fall wäre ich also ein Beispiel für Schikane», sagt er.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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