logo

Wechsel zur Konkurrenz

Namhafte Abgänge bei St.Galler Privatbank

Die St.Galler Niederlassung der Privatbank Notenstein La Roche steht unter Druck. Innerhalb eines Jahres hat ein grosser Teil des Beraterteams den Tisch geräumt. Eine Fluktuation, die weit über dem Üblichen liegt. Bei der Bank spricht man von einer strategischen Neuausrichtung.

Stefan Millius am 03. Mai 2018

Als die Privatbankiers von Reichmuth & Co. 2017 eine Niederlassung in St.Gallen gründeten, galt es zuerst einmal, einen Mitarbeiterstamm aufzubauen. Das gelang allerdings überraschend schnell und reibungslos: Sage und schreibe sieben Berater der Privatbank Notenstein La Roche heuerten beim Neuling Reichmuth an. Zwei andere Notenstein-Leute wechselten zur Altor Vermögensverwaltung AG in St.Gallen. Und drei weitere beschlossen, ihre Laufbahn bei der Regionalbank acrevis fortzusetzen, die in jüngster Zeit das Private Banking ausgebaut hat. Das sind nicht weniger als zwölf Abgänge. Und das in einem Beraterteam, das laut Branchenkennern bei kaum mehr als rund zwei Dutzend Personen liegen dürfte. Eine Fluktuationsrate von bis zu 50 Prozent in einem Jahr: Eine stolze Zahl.

Erfahrene Leute

Dazu kommt: Es waren keineswegs Praktikanten oder Berufsanfänger, die einen Neuanfang suchten. «Die Ostschweiz» liegt die Liste der Namen der Abgänger vor. Bei vielen handelt es sich um erfahrene Banker, die zum Teil schon in der Vor-Ära tätig waren, als Notenstein La Roche noch die Bank Wegelin war. Ein gutes Beispiel dafür – aber nicht das einzige - ist Werner Krüsi. 2007 wurde er zum Teilhaber mit beschränkter Haftung bei Wegelin ernannt. Er blieb auch – im Unterschied zu einigen anderen - auf dem Boot, als dieses an Raiffeisen verkauft und zu Notenstein (später Notenstein La Roche) umbenannt wurde. Krüsi leitete zuletzt immerhin das Notenstein-Geschäft in der Ostschweiz und war damit einer der wichtigsten Leute an Bord.

Bei Notenstein La Roche will man die Dinge weniger dramatisch sehen, als sie auf den ersten Blick wirken. Die genannten Abgänge habe man vor über einem Jahr in den Medien kommentiert. «Seither ist es zu keinen weiteren Abgängen im Raum St.Gallen gekommen», so Stephanie von Mentlen, die Sprecherin der Privatbank. Laut ihr stehen die personellen Veränderungen «in direktem Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung unseres Bankhauses.» Dazu gehören eine schlankere Organisation, schlankere Prozesse und ein neues Produktangebot. Von Mentlen weiter: «Dass es bei solch tiefgreifenden Veränderungen zu personellen Abgängen kommt, damit mussten wir rechnen.» Man habe aber im vergangenen Jahr «kompetente Berater für unsere Kundinnen und Kunden gewinnen können.»

Mehrere zum selben Mitbewerber

Eine Art Transformation also, die - und das ist tatsächlich nicht selten - auch zu personellen Umwälzungen führen kann. Das passt ins Bild der Meldungen, die zeigen, dass Notenstein La Roche schweizweit rund 80 Vollzeitstellen abgebaut hat. Allerdings handelt es sich bei mehreren der «St.Galler Abgänge» nicht um erzwungene. Diese Angestellten hatten nicht ihren Job verloren, sondern bewusst eine neue Herausforderung gesucht. Und das zum Teil gemeinsam und gleichzeitig zu derselben Adresse. Dass in einigen Fällen gleich mehrere Banker zum selben Mitbewerber wechseln, liegt an einer Eigentümlichkeit der Branche. Man kennt sich untereinander über Firmengrenzen hinweg gut, führt Einzelgespräche, macht ein Angebot, lässt durchblicken, dass man noch mehr Plätze frei hat – und die Dynamik nimmt ihren Lauf. Deshalb erfolgen die Abgänge auch oft auf einen Schlag statt gestaffelt. Und von einem Tag auf den anderen: Wer kündigt, wird in vielen Fällen per sofort freigestellt, um zu verhindern, dass noch mehr internes Wissen angehäuft und Kundenkontakte für die Zukunft geknüpft werden.

Geld wandert oft mit

Und diese Kontakte sind auch das Problem. Nicht selten folgt dem personellen Wechsel einer auf der Kundenseite. Private Banking ist Vertrauenssache, nicht selten geht man die Geschäftsbeziehung nicht aufgrund der Bank, sondern des Bankberaters ein. Und wer zehn oder mehr Jahre gute Erfahrungen mit seinem persönlichen Berater gemacht hat, will oft mit diesem weiterarbeiten – auch unter einem anderen Dach. Mit anderen Worten: Gelegentlich geht mit einem Mitarbeiter auch ein Teil des verwalteten Vermögens mit, auf legalem Weg natürlich.

Die Niederlassung St.Gallen von Notenstein La Roche steht allerdings mit dem Problem nicht allein da. Vor wenigen Wochen räumte ein langjähriger Teamleiter der Niederlassung Zürich sein Büro, wie das Finanznewsportal «Inside Paradeplatz» vermeldete. Er war dort für die vermögenden Zürcher Kunden verantwortlich gewesen. Zuvor hatte sich schon sein Chef vom Arbeitgeber abgemeldet. «Inside Paradeplatz» spricht in diesem Zusammenhang von einem «Niedergang in Raten» und schreibt, die Bank habe «kaum Zukunft». Für den Finanzjournalisten Lukas Hässig, der das Portal betreibt, liegt die Vermutung nahe, dass Notenstein La Roche früher oder später in ihrer Besitzerin, der Raiffeisen-Gruppe, aufgehen werde – und der Name verschwindet.

Highlights

Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Fettweg-Spritze nicht zugelassen

Nach Wirrwarr um «Lemon Bottle» sagt St.Galler Arzt: «Mir war das Produkt nicht geheuer. Die Unglaublichkeit liegt aber ganz woanders.»

am 06. Apr 2024
Er hat genug

Kurz und knapp: «Aufrecht»-Präsident Patrick Jetzer gibt alle Funktionen ab

am 10. Apr 2024
Neue Präsidentin

Die tägliche Gratwanderung: Wenn das St.Galler Hospiz mit Leben gefüllt wird. Und es eine Warteliste für Menschen gibt, die keine Zeit mehr haben.

am 10. Apr 2024
Punkte zur Kriminalitätsbekämpfung

So will dieser SVP-Nationalrat die Schweiz retten: Mike Egger präsentiert seinen Massnahmenkatalog

am 09. Apr 2024
Ostschweizer Satire

Weibel wirbelt auf: Was die Wahl von Bettina Surber mit Unterhosen zu tun hat

am 09. Apr 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
Variante «Rückbau und Ersatz»

A1 Engpassbeseitigung St. Gallen und 3. Röhre Rosenbergtunnel – ASTRA und Olma Messen vereinbaren weiteres Vorgehen betreffend Halle 9

am 11. Apr 2024
Migration und Markt

Ausbeutung von Sans-Papiers durch Bauern – migrationspolitischer Unsinn

am 11. Apr 2024
Gastkommentar

Die verklagte Schweiz: Von unverständlichen Entscheidungen

am 10. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

SVP-Nationalrat Manuel Strupler: «So kann es nicht weitergehen. Diese Masslosigkeit schadet.»

am 10. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli: «Ich verspüre auch keine Lust, mich an der Abgrund- und Katastrophendebatte zu beteiligen»

am 09. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner: «Im internationalen Vergleich geht es uns sehr gut, wir jammern auf hohem Niveau»

am 08. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

SVP-Nationalrat Walter Gartmann: «Wenn wir so weitermachen, wird es unsere schöne Schweiz in Kürze nicht mehr geben»

am 07. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

FDP-Nationalrätin Kris Vietze: «Unsere Fiskalquote ist unterdessen höher als jene von Deutschland»

am 06. Apr 2024
FDP-Regierungsrat in der Kritik

Wolfsjagd als Weiterbildung: Beat Tinner, welchen Nutzen hat eine solche Russland-Reise für den Kanton?

am 31. Mär 2024
Politischer Wandel

Machtablösung in der Mitte-Hochburg Wil: «Keine ideologische Fantasieideen»

am 10. Apr 2024
Gast an der Uni St.Gallen

Witwe des russischen Oppositionsführers: Julia Nawalnaja spricht am St.Galler Symposium

am 08. Apr 2024
Jugendliche und ihre Probleme

Die geschlossene Wohngruppe des Platanenhofs in Oberuzwil wird 40 Jahre alt: Darf das ein Grund zum Feiern sein?

am 07. Apr 2024
Regierungsratswahlen Thurgau

SVP und SP konnten Regierungsratssitze verteidigen – Denise Neuweiler erreicht Spitzenresultat

am 07. Apr 2024
Der Kanton Thurgau hat gewählt

130 Mandate: So setzt sich der Thurgauer Kantonsrat neu zusammen

am 07. Apr 2024
Harte Kritik

Nach Aussprache des Toggenburger Ärztevereins mit Bruno Damann sagt dieser: «Den Vorwurf des Ärztevereins muss ich nicht rechtfertigen»

am 03. Apr 2024
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.