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Lukas Rösch | Ensoy

Nichts (nur) für Körnlipicker

Für Tofu muss kein Regenwald abgeholzt werden. Schon gar nicht für den Tofu von Ensoy. Die Sojabohnen in Bioqualität wachsen nämlich im Thurgau und werden in Muolen zu Tofu verarbeitet. Vor knapp zwei Jahren hat Lukas Rösch damit angefangen.

Michel Bossart am 02. Februar 2023

Die Geburtsstunde des Thurgauer Tofus aus dem Haus Ensoy (ein Kofferwort aus dem englischen «enjoy» und «soy») war im Juli 2021. Damals sei aus einer Küchenidee ein Startup mit Ambitionen geworden, erzählt Gründer Lukas Rösch.

Der 28-jährige Thurgauer mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund möchte nicht nur mit der Produktion von Tofu durchstarten, sondern auch das Image von Tofu aufpolieren. Er sagt: «Seit Tofu in den 1980er Jahren aufgekommen ist, assoziieren viele Menschen das Sojaprodukt mit Körnlipickerinnen und Wollsockenträgern. Aber für uns ist der Fall ganz klar: Tofu ist das Lebensmittel des 21. Jahrhundert. Tofu ist lecker, vegan und nachhaltig.»

Oft sei auch zu hören, Tofu schmecke wie Gummi oder Schuhsohle. Rösch, der sich selbst weder als Vegetarier noch als Veganer, sondern als Flexitarier bezeichnet, entgegnet darauf: «Es gibt tatsächlich Tofuprodukte, die nah am Gummi sind. Darum ist uns wichtig, dass unser Produkt auch bei langem Braten noch zart und geschmeidig bleibt.» Erreicht wird dies mit der idealen Mischung. «Je mehr Eiweiss im Produkt drin ist, desto dichter und fester wird der Tofu und desto weniger Wasser enthält er. Das kann dem Tofu eine zähe Konsistenz geben», erklärt Rösch. Das Klischee, Tofu sei geschmacklos, stimme aber nicht. Er sagt: «Tofu hat durchaus ein sanftes Basisaroma und man kann zwischen den Produkten Unterschiede feststellen. Ausschlaggebend ist, auf welche Art man den Tofu zubereitet.» Es sei wie mit dem Fleisch: Dieses essen ja auch die Wenigsten ungesalzen und ungewürzt. Er selbst hat keine bevorzugte Zubereitungsart, empfiehlt aber, Tofu auch mal für die süsse Küche auszuprobieren. «Tofu eignet sich nämlich gut für vegane Cremes oder zum Beispiel für einen Cheesecake», sagt er. Das ergebe dann einen Dessert mit einer schönen Konsistenz und viel Eiweiss. Inspirationen für den mannigfaltigen Einsatz von Tofu kann man sich auf der gutgemachten und informativen Webseite von Ensoy holen. Nicht nur gibt es hier viele Information über das Produkt und seine Herstellung, es stehen auch eine ganze Menge an originellen Rezepten zum Nachkochen zur Verfügung.

Lukas Rösch

Das Produkt der Zukunft

Das vor zwei Jahren in Amriswil gegründete Start-up ist letzten September nach Muolen umgezogen und bietet sieben Personen eine (Teilzeit-)Arbeitsstelle. Als Gründer und Geschäftsführer arbeitet Rösch für den Erfolg seiner Firma beinahe rund um die Uhr. «Nicht, weil man aktuell schon so viel damit verdient, sondern weil einfach viel zu tun ist», lacht er. Mit dem Geschäftsgang ist er aber zufrieden und für die Zukunft zuversichtlich: Derzeit beliefert Ensoy über 100 Läden und Restaurants vorwiegend in der Ostschweiz. Doch das Netzwerk wächst stetig und der Thurgauer Biotofu ist zum Beispiel auch in Zürich, Bern, Luzern oder Basel zu haben. Etwa ein Viertel der Verkäufe gehe im Direktvertrieb – über den Webshop – an die Kundschaft. Für die Zukunft wünscht er sich, dass Ensoy Synonym für Tofu aus der Schweiz wird. «Wir wollen wachsen und nachhaltig davon leben können», sagt Rösch und ist überzeugt, dass die Nachfrage nach veganen Lebensmitteln noch lange nicht erschöpft ist.

Lukas Rösch

Soja aus der Schweiz

Nicht nur der Tofu an sich, sondern auch die Grundkomponente Soja hat ein Imageproblem. So hat die Ölpflanze den Ruf, für die Abholzung des Regenwaldes verantwortlich zu sein. In der Tat hat sich die internationale Nachfrage seit den 1960 verzwanzigfacht und sie wird weiter wachsen: Weltweit wurden 2020 bereits über 350 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet. Allein aus Brasilien waren es 114 Millionen Tonnen, wofür jährlich mehr als 10'000 Quadratkilometer Regenwald verloren gehen. «Aber», wirft Rösch ein, «nicht der Tofu ist belastend für den Regenwald, sondern der weltweit immense Fleischkonsum.» Brasilianischer Soja wird nämlich in erster Linie für die Tierfütterung angebaut und in die ganze Welt verschifft. Damit hat Ensoy gar nichts zu tun: Der Tofu aus Muolen wird ausschliesslich mit Sojabohnen hergestellt, die im Thurgau angebaut werden.

Rösch resümiert: «Auf unseren Tofu hat niemand gewartet; schon gar nicht in der Ostschweiz», lacht er. Es brauche nach wie vor Überzeugungsarbeit. Dieses leistet er mit Vorträgen an Schulen und Präsenz auf Märkten und den sozialen Medien. «Doch das Interesse an unserem qualitativ hochwertigen Bioprodukt wächst stetig. Wir haben einen guten Weg gefunden, die Leute abzuholen und für den Ensoy-Tofu zu begeistern», zeigt er sich erfreut.

Lukas Rösch

OstSinn ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in St.Gallen und hat den Zweck, eine «enkeltaugliche» Entwicklung zu fördern. Dazu organisiert der Verein Stammtische, Zukunfts-Kafis , Projektschmieden und betreibt eine Website mit einer Datenbank für nachhaltige Projekte und einer öffentliche Agenda für nachhaltige Veranstaltungen.

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Autor/in
Michel Bossart

Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).

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