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Studie der Uni St.Gallen

Ohne Reformen ist die Pflegefinanzierung stark gefährdet

In der Pflege braucht es neue Wege. Mögliche Ansätze sind unter anderem die Aufwertung des Pflegeberufes und der Einsatz von Pflegerobotern. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, die das Institut für Versicherungswirtschaft an der Universität St.Gallen (I.VW-HSG) veröffentlicht hat.

Die Ostschweiz am 16. August 2019

Autoren der Studie sind Prof. Dr. Martin Eling, Professor für Versicherungsmanagement an der HSG, und Mauro Elvedi, Projektleiter und Lehrstuhlassistent am I.VW-HSG. Sie weisen darauf hin, dass die Organisation und Finanzierung der Langzeitpflege eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben des 21. Jahrhunderts ist. Aufgrund des rapiden Anstiegs der Anzahl der über 80-Jährigen würden die Ausgaben für Langzeitpflege im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt in den kommenden Jahrzehnten deutlich ansteigen. «Die Langzeitpflegekosten werden sich gemäss Referenzszenario bis ins Jahr 2050 verdoppeln, von heute 15,6 Milliarden Franken auf 31,3 Milliarden Franken pro Jahr», heisst es in den Ausführungen.

Eigenbeitrag ist bereits hoch

In der 234 Seiten starken Studie, die als Band 66 in der «I.VW HSG Schriftenreihe» erschienen ist, präsentieren die beiden Autoren alternative Modelle zur Finanzierung der Pflegekosten. Dabei berücksichtigen sie Kriterien wie soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Sie betonen, dass im internationalen Vergleich der Eigenbeitrag der Pflegebedürftigen in der Schweiz bereits heute sehr hoch ist. Auch die finanzielle Belastung der Kantone werde bei einer Weiterführung des Status quo die Grenzen des Machbaren sehr schnell erreichen.

Im Unterschied zu anderen Ländern seien innovative Ansätze der Pflegefinanzierung in der Schweiz praktisch inexistent. Dies liege auch an fehlenden institutionellen Anreizen. Singapur kennt beispielsweise die Variante der vererbbaren, privaten Sparkonten. Dieses Finanzierungssystem verpflichtet jede Person ab einem bestimmten Alter, festgeschriebene Beiträge auf ein privates Sparkonto einzuzahlen. Der Vergleich und die Bewertung der verschiedenen alternativen Finanzierungsmodelle zeige, dass jeder Vorschlag seine Stärken und Schwächen in Bezug auf die Kriterien soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Auswirkungen und Nachhaltigkeit der Finanzierung aufweise.

Keines der vorgeschlagenen Konzepte sei in der Lage, die Herausforderungen der Langzeitpflegefinanzierung alleine zu bewältigen. «Statt eines radikalen Umbaus empfehlen wir das heutige Finanzierungssystem um zusätzliche Finanzierungsquellen zu ergänzen. So könnte beispielsweise ein kapitalgedecktes System, welches Zeit benötigt, um sein gesamtes Potential zu entfalten, durch temporäre und zweckgebundene Steuern unterstützt werden», lautet eine der Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen für die Politik.

Pflegeorganisation kosteneffizienter gestalten

Martin Eling und Mauro Elvedi spüren auch Überlegungen zu einer kosteneffizienteren Pflegeorganisation nach. Sie regen dabei Offenheit für neue Wege in der Pflege an. Konkret nennen sie eine stärkere Anerkennung der informellen Pflege, eine Diskussion um die Aufwertung des Pflegeberufs und den Einsatz von Pflegerobotern. Als Optionen listen sie unter anderem ambulant betreute Wohngemeinschaften, Gutschriften auf sogenannten Zeitkonten oder Pflegeurlaub zur Betreuung von Eltern, Ehepartnern oder Geschwistern auf.

«Die Erschliessung neuer Finanzierungsquellen und eine effiziente Organisation des Pflegesystems müssen oberste Priorität haben. Nur dadurch können die Qualität und der Umfang der Langzeitpflege auch in den nächsten Jahrzehnten sichergestellt werden», lautet das Fazit der Studie. Die beiden Autoren weisen zudem darauf hin, dass im Bereich der Langzeitpflege ein vielfältiger Bedarf an weiteren Forschungsarbeiten besteht.

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