Der Flughafen Altenrhein.
Ohne den Ersten Weltkrieg gäbe es heute in Altenrhein kaum einen Flughafen. Am Schweizer Bodenseeufer wurde mehrfach Fluggeschichte geschrieben. Begonnen hat aber alles mit einem banalen Schuppen.
Der Versailler Friedensvertrag als Folge des Ersten Weltkriegs schränkte die militärischen Möglichkeiten Deutschlands massiv ein. Unter anderem wurde ihm von den Siegermächten der Aufbau einer Luftwaffe untersagt.
Dies wurde Claude Dornier zum Verhängnis. Der begabte Ingenieur der Zeppelin-Werke in Friedrichshafen machte sich nach dem Krieg erfolgreich an die Entwicklung von Flugzeugen. Wegen der strengen Auflagen der Alliierten suchte er auf der Schweizer Seite des Bodensees nach Möglichkeiten zum Zusammenbau seiner Konstruktionen. Anfänglich mietete er dafür einen Bootsschuppen in Rorschach. 1921 startete das erste Flugzeug nach Dorniers Plänen vom Schweizer Ufer.
Heimliche Aufrüstung
Der Schuppen war lediglich eine provisorische Lösung. Mit Unterstützung des Rheintaler Industriellen Jakob Schmidheiny errichtete Dornier 1926 in Altenrhein Hallen und einen Flugplatz. Wesentliche Teilhaberin am neugeründeten Unternehmen war auch das Deutsche Reich in Form der Weimarer Republik. Dornier wusste nicht, dass diese ein heimliches Rüstungsprogramm verfolgte. Dieses sowie die Bauten in Altenrhein wurden mutmasslich durch deutsche Waffenverkäufe mitfinanziert, die dem Versailler Vertrag widersprachen.
Das zuständige Ministerium in Berlin beauftragte Dornier, ein Flugboot zu planen. In der Folge entstand eine Maschine mit für damalige Verhältnisse gewaltigen Dimensionen, alleine die Spannweite betrug 48 Meter, 12 Propellermotoren mit je 640 PS Leistungen trieben es an, und es konnte 166 Passagiere befördern. Die Flugzeugteile wurden am deutschen Ufer gefertigt und auf der gegenüberliegenden Seeseite zusammengebaut.
Spektakulärer Interkontinentalflug
Ab 1929 erhob sich das Do X genannte Flugschiff über den Bodensee zu Testflügen. Ein Jahr später startete es zu einer Repräsentationsreise via Amsterdam, England, Frankreich und Portugal nach Südamerika, weiter nach New York und schliesslich retour nach Altenrhein.
Dort hätte das Flugboot nach dem Willen der deutschen Regierung testweise bewaffnet werden sollen. Weil sie aber an dessen militärischer Eignung zu zweifeln begann, wurden diese Pläne nie umgesetzt und die Fertigung von weiteren Do X-Exemplaren eingestellt.
In späteren Jahren bauten die Arbeiter der Dornier-Werke Altenrhein in Lizenz Flugzeuge für die Schweizer Armee. Wie die damaligen Besitzverhältnisse genau geregelt waren, ist ungeklärt. Nach dem Krieg ging das Unternehmen in Schweizer Hände über. Ab 1949 trug es den Namen Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein AG.
Bestellung von Kampfjets abgeblasen
Mit Bundessubventionen wurde im Kalten Krieg ein eigener Düsenjet für die Schweizer Armee entwickelt. Per Nationalratsentscheid bestellte die Eidgenossenschaft 1958 100 Stück des Typs FFA P-16. Als kurz darauf ein Prototyp infolge technischer Probleme in den Bodensee stürzte, wurde sie Bestellung storniert und schliesslich rückgängig gemacht. Damit war der Traum eines Kampfjets Made in Switzerland ausgeträumt. Die Schweizer Luftwaffe beschaffte stattdessen Jets vom Typ Hawker Hunter in Grossbritannien.
Erfolgreiches Schulflugzeug
Die FFA ihrerseits entwickelte später ein Schulflugzeug mit dem Namen AS 202 Bravo. 1969 startete es erstmals zu Erprobungsflügen. Ab 1972 wurden mehr als 160 Exemplare gebaut und in Länder wie Indonesien, Irak, Uganda, Marokko, Oman und Japan verkauft. Im Weiteren baute die FFA während Jahren auch Eisenbahnwagons. Mittlerweile haben sich die Eigentumsverhältnisse sowie die Unternehmensstruktur verändert. Aus der FAA ist ein Zuliefer- und Wartungsbetrieb für die Flugbranche geworden.
Adrian Zeller (*1958) hat die St.Galler Schule für Journalismus absolviert. Er ist seit 1975 nebenberuflich, seit 1995 hauptberuflich journalistisch tätig. Zeller arbeitet für diverse Zeitschriften, Tageszeitungen und Internetportale. Er lebt in Wil.
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