Wollen wir einen Blick in die mögliche Zukunft wagen? Gut, aber nur für Leser mit starken Nerven geeignet. Für Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Politiker oder Regierungsrat.
Alle Polierer von Glaskugeln sprechen gerne von Szenarien. Ausser dem Chefökonom von Raiffeisen will sich niemand die Finger verbrennen, indem konkrete Zahlen, Richtungen, Entwicklungen angegeben werden.
Viel besser ist’s doch, von Szenarien zu sprechen. Das macht die Zukunft nicht weniger unvorhersehbar, aber die Prognose plausibler. Weil Voraussetzungen benützt werden, und dann wird gezeigt, wie eine unterschiedliche Gewichtung von Faktoren eine solche Zukunft oder eine solche wahrscheinlich macht.
Benützen wir diese Methode bei einem der wichtigsten Themen, die auch den Ostschweizer umtreiben. Also neben der Frage, ob man sich noch schnell vor dem Montag mit diesem und jenem eindecken soll: wie geht’s nun weiter mit der Pandemie?
Dazu ein paar Szenarien, mit aufsteigender Wahrscheinlichkeit.
Variante 1:
Irgendeiner oder sogar alle der holterdipolter für grossflächige Menschenversuche freigegebenen Impfstoffe wirkt, hat keine dramatischen Nebenwirkungen oder Langzeitschäden zur Folge. Die Regierungen sehen ein, dass immer wieder Lockdown grauenhafte Schäden verursacht, ohne grossen Nutzen zu produzieren. Also beantworten sie eine einfache Frage anders. Die lautet: Wenn das Medianalter der Corona-Toten in der Schweiz über der durchschnittlichen Lebenserwartung liegt, was sollte man da tun?
a) Die ganze Wirtschaft und Gesellschaft ins künstliche Koma versetzen
b) Die Hochrisikogruppe, sehr alt und mit Vorerkrankung, mit allen Mitteln schützen
Okay, wenn Sie Politiker sind: Ich gebe 48 Stunden Bedenkfrist, ist ja auch eine schwierige Frage.
Aber da die richtige Antwort zu finden, nicht weit unterhalb der Beantwortung der Frage nach dem Sinn des Lebens liegt, ist diese Variante sehr unwahrscheinlich.
Variante 2:
Spätestens nach dem dritten Lockdown gerät selbst der langmütige und phlegmatische Schweizer in Wallungen. Er nimmt sich ein Beispiel an der Klimajugend und erfindet den «Donnerstag fürs Donnerwetter». Oder den «Friday for Freedom». Setzt sich ostentativ in aus Protest eröffnete Lokale. Benützt gar den ÖV ohne Maske.
Ganz wilde Rechte rufen auf den sozialen Medien zu einem Demonstrationszug nach Bern auf. Alle Sympathisanten der Besetzung des Bundeshausplatzes aus den richtigen Gründen wackeln mit allen Zeigefingern, runzeln die Stirn und warnen vor der Macht des Pöbels.
Die Proteste bewirken immerhin, dass die meisten Krisenstäbe und wissenschaftlichen Beratergremien aufgelöst werden. Besonders vorlaute Spezialisten erhalten via Amtsrecht einen Maulkorb und dürfen, bei Strafe der Entlassung, nicht mehr ihre Mitbürger mit haltlosen Prognosen erschrecken, von denen sie dafür erst noch bezahlt werden.
Der Bundesrat findet endlich zum guten eidgenössischen Kompromiss zurück. Er gibt Läden, Restaurants und allen KMU zwei Alternativen. Entweder, sie öffnen nur halb, oder sie entscheiden sich, nur den halben Tag, dafür total geöffnet zu haben. Währenddessen organisiert Finanzminister Maurer Rundgänge durch seine leeren Tresore. Abgerundet mit einem Ausflug in die Natur, wo er Nachhilfe erteilt, wie man verschiedene Gräser am Geschmack unterscheiden kann. «Als Vorbereitung», sagt er jeweils maliziös.
Variante 3:
Dieses Szenarium hat leider die höchste Wahrscheinlichkeit. In seinem steten Bemühen, es allen recht und daher dem grossen Bruder im Norden, bzw. Mutti Merkel alles nachzuahmen, denn die ist schliesslich Naturwissenschaftlerin, übernimmt der Bundesrat jeweils mit kurzer Verzögerung alle weiteren Massnahmen von dort.
Dazu gehört der völlige Lockdown, die Reduzierung der Öffnungszeiten der Läden für den täglichen Bedarf auf 4 Stunden pro Tag. Die Einführung einer Seniorenstunde für ungestörtes Einkaufen, nur für Ü-65. Eine Ausgangssperre zwischen 19 und 5 Uhr. Eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf zuerst 15 km um den Wohnsitz, dann auf 5. Die Schweiz sei schliesslich viel kleiner als Deutschland, lautet die Begründung.
Entrüstet wird von den Mainstream-Medien der Begriff «Impf-Apartheit» als weitere Erfindung kranker, an Verschwörungen glaubender Aluhutträger zurückgewiesen. Dass zu Stosszeiten im ÖV, ab einer gewissen Obergrenze von Kunden, ja auch auf der Strasse mit Scannern geprüft wird, wer digital angeben kann, dass er geimpft wurde – und im gegenteiligen Fall weggewiesen wird, habe überhaupt nichts mit Apartheit zu tun.
Schliesslich sei und bleibe die Impfung freiwillig. Irgendwann wird Thomas Jordans Nationalbank dazu gezwungen, mit ihrem Eigenkapital die immer grösseren Löcher im Staatshaushalt zu stopfen. Das führt dann zu massiven Turbulenzen, als der Zusammenbruch des Euro grössere Teile der SNB-Anlagen illiquide macht.
Immer wieder kommt es zu hässlichen Szenen, wenn ein Maskenverweigerer, dafür hat sich der Ausdruck Meuchelmörder eingebürgert, ertappt wird und vergeblich mit einem ärztlichen Attest wedelt.
Aber nach dem Zusammenbruch des ÖV, nach der grossen Benzinkrise, nachdem sich die Bevölkerung daran gewöhnt hat, dass wie einst im Ostblock in den Läden weitgehend leere Regale stehen, nachdem es die Ordnungsmacht aufgegeben hat, renitente Mieter, die keinen Zins mehr zahlen können oder wollen, aus den Wohnungen zu tragen, bleiben die meisten Eidgenossen sowieso lieber zu Hause, was dann viele Probleme von allein löst.
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