Bis Ende Mai war ich Gesundheitsdirektor im Kanton Thurgau. Die Corona-Krise machte ein Krisenmanagement nötig, wie ich es an Intensität und Dauer in meinen 14 Regierungsjahren nie erlebt habe.
In dieser Zeit wurde mir klar, dass das Rezept zur Abwehr einer Pandemie eigentlich ganz einfach ist und drei Punkte umfasst:
1. Wenn irgendwo auf der Welt ein neues gefährliches Virus wie das COVID-19 festgestellt wird, muss die Einreise aus dem betroffenen Land sofort verboten werden.
2. Wenn das Virus trotzdem ins Land kommt, hat ein konsequentes Contact-Tracing einzusetzen. Dass heisst: alle infizierten Personen erfassen und isolieren. Und alle Personen, die mit den infizierten Personen nahe zusammen waren, ebenfalls erfassen und unter Quarantäne setzen.
3. Orte im Inland, wo sich die Fälle häufen, von der Aussenwelt abschotten. Das können einzelne Liegenschaften, aber auch ganze Stadtteile oder Dörfer sein.
Dass die Umsetzung dieses Konzepts jedoch schwierig ist, zeigt sich in der gegenwärtigen Lockerungsphase in unserm Land. Mit sehr gemischten Gefühlen habe ich im Juni festgestellt, dass es der Bundesrat versäumte, gleichzeitig mit den Lockerungsmassnahmen ein Pandemie-Abwehrkonzept zu entwickeln und zu kommunizieren.
Ich habe deshalb am 15.Juni im Ständerat eine Interpellation eingereicht und unter anderem darauf hingewiesen, dass aus den über Wochen sehr geringen Neuansteckungen geschlossen werden könne, dass die Verbreitung des Covid-Virus im Inland auf einem sehr tiefen Stand ist. Das Hauptrisiko einer neuerlichen grösseren Verbreitung liege somit im grenzüberschreitenden Personenverkehr, der ab dem 15.Juni mit vielen Ländern wieder möglich sein werde. Meine Fragen an den Bundesrat dazu waren:
1. Mit welchen Massnahmen stellt der Bundesrat sicher, dass keine Ausländerinnern und Ausländer in die Schweiz einreisen, welche an Covid-19 erkrankt sind oder Symptome aufweisen?
2. Mit welchen Massnahmen stellt der Bundesrat sicher, dass Schweizerinnen und Schweizer, die aus dem Ausland in die Schweiz zurückkehren und an Covid-19 erkrankt sind oder Symptome aufweisen, erfasst und getestet werden und bei Bedarf isoliert werden?
Die Entwicklung hat mir leider Recht gegeben, und der Bundesrat will nun Gegenmassnahmen ergreifen. Ich hoffe, dass er dies in aller Konsequenz tut. Auch wenn es nicht populär ist, den Reiseverkehr einzuschränken, aber diese Quelle der Neuinfektionen muss konsequent ausgetrocknet und abgestellt werden.
Ich bin nun gespannt auf die Antworten des Bundesrats. Zuversichtlich hoffe ich, dass er, der bei der Corona-Krise bisher so vieles richtig gemacht hat, auch in dieser Frage zu seiner entschlossenen Konsequenz zurückfinden wird.
Jakob Stark (*1958) trat im Juni 2006 das Amt als Regierungsrat des Kantons Thurgau an. Im August 2019 gab der SVP-Politiker bekannt, dass er bei den Regierungsratswahlen 2020 nicht mehr antreten und per 31. Mai 2020 aus dem Amt scheiden wird. Bei den Wahlen 2019 wurde er im ersten Wahlgang am 20. Oktober in den Ständerat gewählt.
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