Ein schönes Beispiel für Ostschweizer Flexibilität. In einem Coiffuresalon in Weinfelden wurde der letzte Tag vor der Schliessung bis zum letzten Moment ausgenützt. Und die Kunden belohnten das: Sie erschienen zum Teil in Hausschuhen, um noch zu einem Haarschnitt zu kommen.
«Ich führe einen Coiffuresalon mit einer Freundin, wir haben zwei Angestellte», schreibt Rahel Huber von Coiffure Colada in Weinfelden. Am Montagnachmittag hätte eigentlich nur eine Angestellte gearbeitet. «Da ich aber irgendwie gedacht hatte, dass es uns bald mit der Schliessung treffen könnte, ging ich dann am Nachmittag auch arbeiten. Auch die Kunden spürten, dass es vielleicht bald das letzte Mal sein könnte. So hat sich noch alles mit Spontanterminen gefüllt.»
Als dann nach 17 Uhr der Bund die Schliessung ab 24 Uhr ausgesprochen hatte, habe das Telefon non-stop geklingelt, so Rahel Huber. «Da wusste ich, ab jetzt müssen wir noch so viele Kunden wie möglich bedienen.»
Also stellte sie den Kundenstopper auf die Strasse, beschriftet mit «noch offen bis 23.59». Ganz daran geglaubt, dass noch Kunden zu später Stunde kommen, habe sie nicht, so Huber. «Aber ich wusste, wir müssen noch das Beste daraus machen und habe dies fotografiert und auf Facebook gestellt.»
Das Ergebnis; Der Ansturm war so gross, dass Rahel Huber ihre Geschäftspartnerin anrief und ihr mitteilte, sie müsse auch noch zur Arbeit kommen. Die zweite Angestellte war zu diesem Zeitpunkt unterwegs und stiess dann um 20.30 Uhr dazu - in Sportbekleidung direkt aus der Freizeit.
Zu viert bediente das Team die Kunden dann bis 23.59 Uhr. «Es war jeder einzelne Termin belegt», sagt Huber. «Die Kunden kamen im Trainer, mit Finken, eine hatte noch etwas vorgeschlafen.» Dass Kunden bereit sind, sich am späte Abend noch die Haare schneiden zu lassen, hätte sie nie gedacht, fügt sie an. «Alle waren sehr dankbar, haben viel Trinkgeld gegeben, Schoggihäsli oder Sektflaschen mitgebracht. Es hat total Spass gemacht und war eine spezielle Stimmung, unvergesslich, alle waren locker drauf und haben das Beste daraus gemacht.»
Nun ist der Salon wie alle anderen bereits den zweiten Tag geschlossen. Rahel Huber: « Es gibt für uns keinen Plan B, da wir den Mindestabstand einhalten müssen.»
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