So beliebt das Olivenöl hierzulande ist, so schmierig ist das Geschäft damit geworden. Oftmals ist nicht das drin, was die Verpackung verspricht. Brigitte Schläpfer kennt diese Probleme nur zu gut. Die Ostschweizerin ist heute Olivenbäuerin in Andalusien und weiss, auf was geachtet werden muss.
Das in der Schweiz verkaufte Olivenöl «Virgen extra» ist leider nicht immer ein hochwertiges, authentisches Naturprodukt. Oft wird zu Gunsten der Gewinnoptimierung ein Produkt kreiert, welches aus raffinierten, entsäuerten Olivenölen zusammengemixt wird. Ebenso unüberschaubar ist das Herkunftsland des Olivenöls. Kurz: Beim Olivenöl wird oftmals geflunkert, was das Zeug hält. Bei einem Kassensturz-Test im Jahr 2016 fielen immerhin neun von 16 der meistverkauften «Extra Vergine»-Öle durch.
Sozusagen am Puls der Olivenölproduktion befindet sich Brigitte Schläpfer. Vor sieben Jahren realisierte sie zusammen mit ihrem Mann Roger und den drei Kindern ihr Familien-Timeout und wanderte nach Andalusien aus. Dort, in Montoro, einem typischen Olivenanbau-Städtchen, führt die Familie seither das kleine Landhotel Olivetum Colina und produziert das eigene Bio-Olivenöl. «Wir erleben hautnah, was in diesem so umkämpften Markt finanziell, und noch viel interessanter, sozial abgeht», sagt Schläpfer.
In regelmässigen Abständen gäbe es Massendemonstrationen von unzufriedenen Olivenöl-Bauern oder ganze Erntezüge würden aufgrund des tiefen Olivenpreises liegen gelassen und verfaulen. Es mache sich aufgrund des Preiszerfalls grosser Unmut seitens der Olivenölbauern breit. «Es wird ja eine Unmenge darüber geschrieben, wo und wie perfid beim Olivenöl gemogelt wird“, sagt die ausgewanderte Spezialistin für Naturheilkunde. Das Problem sei bekannt – nur die Lösung werde vermisst. Dabei wäre sie so einfach.
Wichtige Aufklärungsarbeit
Gut 300 Olivenbäume sind seither im Besitz der Familie Schläpfer. Es sei problematisch, wie viele schlechte Produkte sich auf dem Markt ansiedeln würden. Brigitte Schläpfer findet deutliche Worte: «Die Olivenproduktion rennt gegen die Wand!» Das Wechseln auf Rapsöl – wenn es raffiniert sei – nütze nur wenig. Andere Lösungen müssen gefunden werden.
Und da Schläpfer es nicht nur beim Reden belässt, sondern Taten sprechen lassen will, betreibt sie Aufklärungsarbeit. So besucht sie während ihren Besuchen in der Schweiz in regelmässigen Abständen Vereine, Veranstaltungen, Clubs und Hobbyköche, um eine Blinddegustation mit Olivenöl durchzuführen. «Ich erkläre den Interessierten, worauf es beim Olivenöl wirklich ankommt und gebe ihnen quasi das Tool in die Hand, ein wertvolles, authentisches Olivenöl von einem raffinierten Mischprodukt zu unterscheiden», fasst es Schläpfer zusammen.
Mix mit altem Öl
Die Teilnehmer sollen das Öl verkosten, dabei riechen, schmecken, erleben, woher es wirklich stammt. Denn: «Billige Massenproduktionen, egal, bei welchen Lebensmitteln, können nicht funktionieren», so Schläpfer. Dies würde ihr eigener Olivenölabsatz beweisen: Mal könne 300 Liter geerntet werden, das nächste Mal 800 Liter. Ein ehrliches Produkt hätte eben, «solang's hät». Bei der Massenproduktion hingegen werde bewässert, gespritzt, gepusht – damit die Quantität stimme. «Dann wird auch schon mit einem Öl vom vergangenen Jahr zusammengemixt», so Schläpfer.
Das Resultat: Ein eigentlich ranziges Öl, chemisch verändert, welches dem Konsumenten jedoch für frisches verkauft wird. Deshalb ist es für Schläpfer umso wichtiger, dass der Gaumen geschärft wird oder, im besten Fall, sogar der Produzent bekannt ist. Das mache zwar häufig einen teureren Preis aus – doch es lohne sich. Auch das Datum der Produktion sollte vermerkt sein, damit man eben nicht ein altes Öl kauft.
Geld ist nicht alles
Familie Schläpfer betreibt eine Bio-Olivenölproduktion. Die über 300 Jahre alten Bäume werden weder bewässert noch gespritzt. «Je ursprünglicher der Baum wachsen kann, desto mehr gesundheitsrelevante Stoffe produziert er, was das Olivenöl sehr wertvoll macht», fasst Schläpfer zusammen. Auch mögliche Einnahmeausfälle nehme man dadurch in Kauf. Zusammen mit dem kleinen Hotel mache man vielmehr eine Mischrechnung. Schläpfer: «Klar, reich wird man dadurch nicht. Aber unsere Gesundheit sollte es uns das schon wert sein.» Ein Lebensstil, welcher sich in Andalusien klar abzeichne – quasi zurück zur Basis. «Wir haben hier sozusagen die Essenz des Lebens gelernt. Und das sollten wir viel mehr befolgen.»
Zur Person
Brigitte Schläpfer hat TCM, Traditionelle Chinesische Medizin, studiert und führt seit 2000 ihre eigene Praxis in Wil/SG. 2013 wanderte sie zusammen mit ihrer Familie nach Andalusien aus, wo sie eine alte Olivenöl-Mühle kaufte und diese umbaute. Seit 2014 führt die Familie das preisgekrönte Landhotel Olivetum Colina inmitten des grössten Olivenanbaugebiet der Welt. Selber produzieren sie Bio-Olivenöl mit ihren 300 Olivenbäumen und vertreiben das Olivenöl in der Schweiz. Brigitte Schläpfer bietet verschiedene Weiterbildungen im Bereich Ernährung, Gesundheit und Olivenöl-Verkostung an.
Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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