Im Frühjahr hat die kantonale Steuerverwaltung in einer Hauruck-Übung die Mitglieder des St. Galler Kantonsrats für die Jahre 2016-2018 nachveranlagt.
Neu wird die Entfernungsentschädigung von 70 Rappen pro Kilometer zum Einkommen dazugezählt und ist steuerpflichtig. Basis sei ein Bundesgerichtsentscheid vom Jahr 2018, welcher den Kanton Graubünden betrifft. Diese Nachveranlagung ist jedoch nichts rechtens, denn gemäss St. Galler Steuergesetz Art. 199 können bereits rechtskräftige Steuerveranlagungen nur abgeändert werden (Nachsteuern), wenn eine steuerpflichtige Person absichtlich Einkommen und/oder Vermögen verheimlicht hat. Das ist hier nicht der Fall. Die unvollständigen Lohnausweise wurden jahrelang vom Personalamt falsch erstellt, und den Mitgliedern des Kantonsrats zur Weiterleitung ans Steueramt übergeben.
Zusammen mit der SVP-Fraktion habe ich in der Septembersession eine Motion eigereicht, welche die neue Praxis wieder korrigiert. Zudem muss zwingend bei jeder Überführung von Bundesrecht (oder Gerichtsentscheiden) ins kantonale Recht der Gesetzgebungsprozess gemäss Kantonsverfassung und Ratsreglement eingehalten werden. Dies heisst, dass die Regierung eine Botschaft schreiben und eine Kommission bestellen muss. Nach den Beratungen in der Kommission muss das Geschäft dem Plenum des Kantonsrats zur Abstimmung vorgelegt werden. Es gilt die Gewaltentrennung zu beachten.
Unglücklich ist auch der Vergleich mit dem beschränkten Pendlerabzug. Die Fraktions- und Kantonsratssitzungen in der Hauptstadt St. Gallen sind Pflichtveranstaltungen für Vertreterinnen und Vertreter mit regionalem Wohnsitz (je nach Einwohnerzahl eines Wahlkreises). In der Privatwirtschaft wählen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Job und ihren Wohnort selbst und freiwillig aus.
Christopher Chandiramani (*1957) ist Ökonom und bei einer Vermögensverwaltung tätig. Er gehört für die SVP dem St.Galler Kantonsrat an. Chandiramani wohnt in Jona.
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