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Statistik skandalös

Das Bundesamt für Statistik bietet die Zahlen an, aufgrund deren fundamental wichtige Entscheidungen getroffen werden. Nur: wie sind die richtig zu verstehen? Es ist –  ein Datenskandal. Zurückhaltend formuliert.

«Die Ostschweiz» Archiv am 23. Dezember 2021

Manchmal kommt eine Bombe harmlos verkleidet daher. Hier heisst sie «Methodische Erläuterungen» zur Erfassung der «Covid-19-Fälle in der medizinischen Statistik der Krankenhäuser». Herausgegeben vom Bundesamt (BFS) zur Veröffentlichung der Jahresstatistiken der Spitalbetriebe für 2020.

Dauerte ein Weilchen, all die Daten zu erheben, zusammenzubüscheln und zu publizieren. Aber am 19. November war’s dann so weit. Die Bombe platzte – und keiner schaut hin. Auf Seite vier steht in trockenem Beamtenton:

«Angesichts der internationalen ICD-Diagnoseerfassungsregeln sind Covid-19-Erkrankungen immer als Nebendiagnose codiert. Damit ist es nicht möglich zu identifizieren, ob die Hospitalisierung «wegen» Covid-19 oder nur «mit» einer Covid-19-Infektion erfolgte. Personen, die «mit» und nicht «wegen» Covid-19 hospitalisiert wurden oder sich während dem Spitalaufenthalt angesteckt haben, sind in dieser Statistik ebenfalls enthalten.»

Als ob es den Bundesbeamten bewusst geworden sei, was sie da schreiben, verdeutlichen sie die Aussage nochmals unter Punkt 4, Diagnose:

«Personen, die «nur» wegen Covid-19 hospitalisiert wurden, sind nicht eindeutig identifizierbar, weder in der BFS- noch in der BAG-Erhebung. Die BFS-Meldungen enthalten auch Personen, die mit Covid-19 als Nebendiagnose hospitalisiert wurden und/oder sich während dem Spitalaufenthalt angesteckt haben.»

Etwas umfangreicher ist die Dezember-Ausgabe von «BFS aktuell»: «Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Gesundheitsversorgung im Jahr 2020».

Auch hier finden sich Knalleraussagen:

«2020 wurden 40 871 Hospitalisierungen mit einer Covid-19-Diag¬nose registriert. Sie betrafen 34 817 Personen. Diese Hospitalisierungen machten 3% der insge¬samt 1 344 468 stationären, von 977 597 Personen in Anspruch genommenen Spitalaufenthalte im Jahr 2020 aus.»

3 Prozent.

Dann noch zwei Aussagen zur einzigen Hochrisikogruppe in der Bevölkerung:

«Ältere Personen sind bei den Hospitalisierungen mit Covid- 19-Diagnose in der Überzahl. Bei Spitaleinweisungen mit Covid-19 beträgt das Medianalter 72 Jahre, ohne Covid-19 liegt es bei 58 Jahren.»

«Die Pandemie hatte auch auf die Alters- und Pflegeheime und die von ihnen betreuten Personen gravierende Folgen. Sie verzeichneten eine markante Übersterblichkeit von rund 5000 Todesfällen und die Belegung nahm kontinuierlich ab. Zudem verschlechterte sich die finanzielle Situation zahlreicher Al¬ters- und Pflegeheime.»

Alle diese Bomben wurden in den Medien entschärft, entsorgt, ignoriert, nicht kommentiert. Daher holen wir das kurz nach:

– Laut BFS ist es NICHT möglich, zwischen Hospitalisierungen «wegen» oder «mit» Corona zu unterscheiden

– Alle Hospitalisierungen mit einer Covid-19-Diagnose machten im Jahr 2020 insgesamt 3 Prozent der stationären Spitalaufenthalte aus.

Dann kommt noch hinzu, dass sich die erhobenen Zahlen von BAG und BFS dramatisch unterscheiden:

«Für das Jahr 2020 zählt das BFS 31'230 Patienten mit laborbestätigten Covid-19-Erkrankungen, wohingegen das BAG-Dashboard-Meldesystem 19'952 Hospitalisierungen ausweist (Stand 29. 10. 2021).»

Bei solchen Informationen, Zahlen, Differenzen erübrigt sich jeder weitere Kommentar. Ausser: wer erklärt diesen Skandal?

Besser: wieso ist es kein Skandal?

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