Smartvote ist ein praktisches Instrument, um Kandidaten für ein politisches Amt zu vergleichen und zu sehen, ob ihre Haltung mit der eigenen übereinstimmt. Bei den Ersatzwahlen in den Ständerat gibt es diese Möglichkeit aber nicht: Diese Wahl fehlt bei Smartvote.
Man sucht sich eine bestimmte Wahl aus, beantwortet eine Reihe von Fragen - und das System spuckt die Übereinstimmung mit den Kandidatinnen und Kandidaten aus, die bei dieser Wahl antreten. Das Resultat ist eine Wahlempfehlung aufgrund konkreter Fragen. Man sieht, wer einem politisch am Nächsten steht.
Auf diese Weise checken immer mehr Schweizerinnen und Schweizer, für wen sie sich entscheiden sollen. Und zwar auf Smartvote.
Diese Online-Wahlhilfe existiert bereits seit 2003. Betrieben wird sie von einem Verein, der nicht gewinnorientiert ist. Laut eigenen Angaben wurde Smartvote vor den Eidgenössischen Wahlen 2015 mehr als 1,3 Millionen Mal benutzt.
Kandidierende können hier von sich selbst eine politische Visitenkarte anlegen. Der «Smartspider», eine Art Spinnennetz, das eine politische Positionierung grafisch darstellt, ist längst ein fixes Arbeitsinstrument der meisten Leute, die kandidieren.
Mit anderen Worten: Das Onlineinstrument ist eine wichtige Wahlkampfmassnahme für Kandidierende und eine wertvolle Wahlhilfe für Wählerinnen und Wähler.
Allerdings: Die Ständerats-Ersatzwahl im Kanton St.Gallen vom 10. März 2019 fehlt im Smartvote-Angebot. Die nächsten Termine, die dort abgebildet werden, sind die kantonalen Wahlen in Zürich, Basel-Landschaft und Luzern.
Das liegt daran, dass die Smartvote-Macher von sich aus nur die eidgenössischen Gesamterneuerungswahlen alle vier Jahre aktivieren. Eine Ersatzwahl wie jetzt in St.Gallen ist offenbar nicht im Grundangebot.
Dennoch schaffen es immer wieder andere Wahlgänge, ob kantonal oder kommunal, ins Tool. Aber dann passiert das auf einen Antrag hin - und gegen Bezahlung. Das ist durchaus verständlich: Auch wenn der Verein nicht gewinnorientiert ist, müssen die Auslagen gedeckt sein.
«Wir bemühen uns, so viele Wahlen wie möglich abzudecken, aber das ist immer eine Frage des Personals und der Finanzierung», sagt Virginia Wenger von Smartvote dazu. Gerade bei relativ kurzfristig anberaumten und daher nicht planbaren Ersatzwahlen sei das schwierig.
Smartvote habe keine Grundfinanzierung, so Wenger, für jede Wahl müsse die finanzielle Basis erst geschaffen werden. Im Fall von kantonalen und kommunalen Wahlen liegen die Kosten bei rund 8500 Franken.
Der Aufwand liegt vor allem darin, dass für jeden Wahlgang ein individueller Fragekatalog mit aktuellen Themen erarbeitet werde.
Die Frage ist: Wer bezahlt in solchen Fällen die entsprechende Gebühr, damit es eine Wahl auf Smartvote schafft? Als mögliche Auftraggeber kommen beispielsweise Parteien oder Kantone beziehungsweise Städte und Gemeinden in Frage. Sie haben am ehesten ein Interesse daran.
«Der Kanton St.Gallen hat bisher keine Aufträge an Smartvote erteilt, und wir sehen das auch für die anstehende Wahl nicht vor», sagt Thomas Zuberbühler, Leiter Kommunikation bei der St.Galler Staatskanzlei, auf Anfrage.
Die Begründung: «Eine Finanzierung durch den Kanton würde zu zahlreichen Fragestellungen führen auch mit Blick auf die Finanzierung ähnlicher Plattformen. Bei einer öffentlichen Finanzierung wäre auch zu klären, unter welchen Qualitätsvorgaben eine Finanzierung erfolgen könnte.»
Daher erscheine es dem Kanton angezeigt, dass die Finanzierung von Smartvote als private Initiative «weiterhin privat und vor allem auch über die Parteien erfolgt.»
Wobei eine Parteienfinanzierung eher schwierig ist, weil, so Virginia Weniger, Smartvote eine unabhängige Plattform ist. Und bezahlt eine einzelne Partei die Ausschaltung, mutet das natürlich seltsam an. Im Idealfall würden sich einige Parteien zusammenrotten.
Andere Kantone und Gemeinden haben sich in der Vergangenheit für eine Zusammenarbeit mit Smartvote entschieden, so beispielsweise die Stadt Thun oder der Kanton Zug. Oder auch die Stadt Kreuzlingen: Ihre Gemeindewahlen Ende März werden bei der Wahlhilfe abgebildet.
Wer nun hofft, wenigstens die Profile der einzelnen St.Galler Kandidaten studieren zu können, wird enttäuscht. Denn einfach so kann man sich als Kandidat nicht bei Smartvote eintragen. Die Registration muss zwingend mit einer Kandidatur bei einer Wahl verbunden sein, welche die Wahlhilfe im Angebot hat.
Und wer nun die aktuellen Ständeratskandidaten bei Smartvote sucht, der hat schlechte Aussichten. Denn integriert sind nur solche, die früher einmal an einer Wahl teilgenommen haben. Das gilt konkret für Mike Egger (SVP), Sarah Bösch (parteilos) und Andreas Graf (Parteifreie). Letzterer ist dort noch als Grüner registriert, weil er bei den Nationalratswahlen 2015 für diese Partei kandidiert hatte.
Theoretisch auch dabei sein könnte Susanne Vincenz-Stauffacher, die 2011 ebenfalls in den Nationalrat wollte, aber sie hat damals offenbar kein Profil aktiviert. Alex Pfister (Parteilos) und Patrick Ziltener (Grüne) sind nicht auffindbar, weil sie bisher an keiner Wahl teilgenommen haben.
Ein grosser Abwesender ist auch Benedikt Würth (CVP) - allerdings unverschuldet. Zwar hat er schon viele Wahlen bestritten, aber darunter keine, die bei Smartvote angezeigt wurde. Auch sein Profil kann man hier also nicht studieren.
Allerdings sind die Positionen der Parteikandidaten meist hinlänglich bekannt. Gerade bei parteilosen Kandidaturen wäre es hingegen interessant gewesen, die Haltung zu konkreten politischen Fragen so geliefert zu bekommen.
Es gebe eine Art Hintertür, so Virginia Wenger. Zwar können die Ständeratskandidaten nicht ihr gesamtes Profil aufschalten, aber es sei möglich, als Wähler den Fragekatalog von 2015 auszufüllen und danach gegen eine kleine Gebühr einen Kandidaten-Smartspider zu erstellen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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