Der Kampf der Verleger und Medienkonzerne um Subventionen nimmt immer groteskere Züge an. Offensichtlich baut die Erwartung auf Bundesgelder Brücken, wo es bisher nur Frontstellungen gab. Ein krasses Beispiel dafür liefert die linke Wochenzeitung WOZ.
In einem Artikel zur geplanten «Medienförderung» greift die WOZ - hier noch mit den traditionellen politischen Scheuklappen – Ständerat Benedikt Würth (Mitte) an, der sich grundsätzlich gegen neue Mediensubventionen stellt. Dann aber kommt der opportunistische Schwenker zur Subventionsverbrüderung: «Gerade das «St.Galler Tagblatt», das zur CH-Medien-Gruppe gehört, ist in der Finanzierungskrise der Medien auf Unterstützung angewiesen…».
Das St.Galler Tagblatt notleidend?
Was soll dieser Unsinn? Ist das nun förderungswürdiger WOZ-Qualitätsjournalismus oder einfach billige «Subventions-Schnorrerei»? Diese Frage kann CH Medien, die Mutter des St.Galler Tagblatts, gerade selbst beantworten. Denn im Kommentar zur Jahresrechnung 2020 schreibt der Medienkonzern: «Trotz eines krisenbedingten Umsatzrückgangs auf CHF 417,8 Mio. (-7% zum Vorjahr) konnte das EBITDA auf CHF 42,8 Mio. (+16%) und das EBIT auf CHF 24,1 Mio. (+22%) gesteigert werden. Das Unternehmensergebnis liegt mit CHF 22,8 Mio. 18 Prozent über Vorjahr…» Und dies im ach so medienfeindlichen Coronajahr.
Wenn man weiss, dass ausgewiesenen Gewinne immer deutlich tiefer sind als die effektiven Gewinne, wird die Argumentation der WOZ noch peinlicher. Und trotzdem will man den Leserinnen und Lesern um alles in der Welt weismachen, dass unsere Zeitungen und Verlage auf dem Sterbebett liegen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Allein die Tagesanzeiger Gruppe, die NZZ, Ringier und CH Medien haben 2020 einen kumulierten operativen Gewinn von 275 Mio. Franken ausgewiesen!
Unverfroren und peinlich zugleich
Dass das Parlament trotz dieser Ausgangslage den Medienkonzernen hunderte Million an Steuerfranken zuhalten will, ist schlicht unverständlich. Unübersehbar ist, dass es vielen Parlamentsmitgliedern bei diesem medialen Griff in die Staatskasse nicht ganz wohl ist. Doch opportunistische Überlegungen und vor allem die Angst, bei einem Nein von der eigenen Zeitung mehr oder weniger offen boykottiert zu werden, verdrängen objektives und verantwortliches Handeln. Aber auch die Verleger selbst wissen im Grunde genommen, was sie hier Schauerliches veranstalten. Im Zusammenhang mit den Diskussionen zur staatlichen Medienförderung schrieb die NZZ vor einiger Zeit, dass niemand ein Parlament in einer Analyse in Grund und Boden schreiben werde, wenn er vom Goodwill ebenjenes Parlaments abhängig ist. Am 10. Oktober 2020 wurde Etienne Jornod, VR-Präsident der NZZ, auf diese Aussage seiner Zeitung angesprochen und gefragt, ob die NZZ Staatsgelder ablehnen würde. Die Antwort von Jornod: «Das wäre dumm, wenn die anderen das Geld nehmen. Aber Subventionen sind immer ungesund. Unsere Branche muss fähig sein, ihre Produkte zu verkaufen.»
Nicht nur Politiker sind opportunistisch, auch die Verleger verhalten sich selbstoptimierend, über alle ideologischen Gräben hinweg. Trübe Aussichten für Medienfreiheit und Meinungsvielfalt…
*Peter Weigelt, St.Gallen, ist Präsident des Referendumskomitee «Nein zu staatlich finanzierten Medien». Er war von 1995 Mitglied des Nationalrats und damals Kommissionssprecher zum revidierten Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) und zum revidierten Fernmeldegesetz (FMG). Weigelt ist Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG, der Herausgeberin von «Die Ostschweiz».
Peter Weigelt (*1956) ist Unternehmer. Er war für die FDP zwischen 1995 und 2006 Mitglied des Nationalrats. Weigelt ist Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG und lebt in St.Gallen.
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