Die SVP hat am Sonntag fünf Sitze im Ausserrhoder Kantonsrat verloren. In der Ostschweiz deutet man das Resultat richtig: Es waren aufgrund des Wahlsystems Personenwahlen, die kaum Rückschlüsse auf die Form einer Partei zulassen. Im Rest der Schweiz aber verleitet das Resultat zu falschen Prognosen.
«SVP taucht in Appenzell Ausserrhoden. Und nächste Woche hoffentlich in Zürich.»
«Ausserrhoden watscht die SVP ab. Bald fallen weiter Dominosteine, der NationalBlocherismus ist Verliererpartei.»
«Das könnte im Kanton Schwyz im nächsten Frühling aber interessant werden.»
«Dass die SVP in ihrem Kernland wie das Appenzell, die Hälfte ihrer Sitze verloren hat, lässt doch hoffen.»
Die Beispiele stammen alle aus Twitter und von Leuten, die in anderen Landesteilen wohnen. Solche und ähnliche Meinungen finden sich seit Tagen zuhauf in den sozialen Medien. Die Absender sind ausnahmslos SVP-Gegner, die das Resultat als grundsätzliche Stimmung gegen die Partei deuten - und nun eine Wahlschlappe der SVP im Herbst erhoffen.
Das Problem dabei: Die Kommentatoren sind sich nicht bewusst, dass die Kantonsratswahlen in Appenzell Ausserrhoden in keiner Weise auf die Schweiz übertragen werden können.
Zum einen wird in Ausserrhoden dorfweise gewählt, und das - mit Ausnahme von Herisau - im Majorzverfahren. Es sind Personenwahlen, keine Parteiwahlen. Die SVP hatte, und das wirft natürlich kein gutes Licht auf sie, in mehreren Gemeinden Probleme, Kandidaten zu finden und musste da und dort forfait geben. Sie trat dort also gar nicht erst an, dass der Sitz verlorengehen würde, war in diesen Fällen schon vor der Wahl klar.
Dass «das Appenzell» (der falsche Ausdruck ist nicht auszurotten) ein «Kernland» der SVP sei, ist mit Bezug auf Ausserrhoden ohnehin kreuzfalsch. Vor der Wahl hatte die SVP im Kantonsrat elf Sitze, vor dem Fraktionswechsel eines Kantonsrats waren es zwölf.
Das ist bei 65 Sitzen kaum eine Stärke, die es erlaubt, von einem SVP-Kernland zu sprechen. Bezieht man in «das Appenzell» Innerrhoden ein, akzentuiert sich das noch, dort ist die SVP erst recht keine Grösse.
Die Interpretation, der Niedergang der SVP deute sich mit dem Resultat in Ausserrhoden an, ist daher nicht haltbar. Das Ergebnis ist nicht übertragbar. Die anstehende Wahl in Zürich wird schon eher Rückschlüsse erlauben.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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