Bravo! Das Stadtparlament hat den Mut gehabt, weitere Subventionen in das Textilmuseum zurückzuweisen. Jetzt sich aber nur nicht weichklopfen lassen!
Schon die Wiederinstallation des Lämmlerbrunnens war ein unwürdiger Kniefall des Stadtrates vor den «Textilern». In der Abstimmungsvorlage über den Bahnhofplatz hat das Stimmvolk damals ohne Brunnen abgestimmt. Nachträglich wurde dieser am Volk vorbei wieder aufgestellt!
St.Gallen hat sicher ein textiles Erbe (Leinwandherstellung und Stickerei). Spätestens 1914 sind wir dank dieser Monokultur wirtschaftlich heftig abgestürzt und entledigten uns erst in den 70er und vor allem in den 80er Jahren von der textilen Abhängigkeit. Heute sind wir glücklicherweise wirtschaftlich, gesellschaftlich und wissensmässig viel breiter abgestützt.
Wir verfügen über zahlreiche, sich sehr gut entwickelnde KMU und auch grössere Unternehmen verschiedenster Branchen. Beispielhaft zu erwähnen sind: Die Vifor Pharma (ehemals Hausmann Laboratorien) hat sich mit ihrer Entwicklung von Eisen-Medikamenten im Rechenwald zum Weltmarktführer mit bald CHF 2 Mia. Umsatz emporgearbeitet. Die Schott Pharma (ehemals Forma Vitrum) ist heute das weltweite Kompetenzzentrum des Schott Konzerns für Pharmaverpackungen aus Glas. Auch der Automobilzulieferer DGS ist weltweit äusserst erfolgreich unterwegs.
Neben weiteren, wichtigen Hauptsitzen von teils börsenkotierten Unternehmen stellen die Universität St.Gallen, die Fachhochschule und das Kantonsspital heute (inter-)nationale Leucht- beziehungsweise Wissenstürme dar.
Die Textilindustrie wird Ende Jahr kaum mehr 0,5% der Arbeitsplätze St.Gallens stellen. Also bewahren wir das Textilmuseum, das von der IHK mit einer souveränen und sehr grosszügigen Lösung verselbständigt wurde, aber bitte ohne städtische Subventionserhöhung!
Normalerweise finanzieren Branchenunternehmen ihr Branchen-Museum selbst (zum Beispiel Verpackungsmuseum in Heidelberg). Wie wäre es, wenn die aktuellen und ehemaligen St.Galler Textilfamilien, die in der Stadt und der steuergünstigen Region wohnen, dies auch so hielten? Das schafft Anerkennung und Reputation.
Stefan Kuhn ist exekutiver Präsident des Verwaltungsrates der K+D Gruppe mit Sitz in St.Gallen.
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