Der St.Galler GLP-Kantonsrat Andreas Bisig aus Rapperswil-Jona ist erstaunt, wie digital unser Leben geworden ist und stolz darauf, dass die Schweiz die rote Laterne in Sachen LGBTIQA-Rechte losgeworden ist, wie er im Jahresrückblick sagt.
Ganz grundsätzlich: Unter welchen Stichworten würden Sie das Jahr 2021 für sich verbuchen?
Solidarität, Zusammenhalt, Verzicht, Innovation.
Gab es für Sie einen besonderen Meilenstein, etwas das Sie besonders geprägt oder verändert hat?
Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns als Gesellschaft, so schnell ans digitale Zusammenarbeiten gewöhnen. Das gilt auch für mich persönlich. Gerade die Politik hat einen grossen Digitalisierungsschub gemacht. In der GLP machen wir heute viele Sitzungen digital. Das wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen.
Und auf was sind Sie besonders stolz?
Ich bin stolz auf die Schweiz, dass sie der Ehe für alle zugestimmt hat. Das deutliche Ja zeigt, dass wir ein fortschrittliches und modernes Land sind. Das europäische Schlusslicht in Sachen LGBTI-Rechte haben wir abgegeben. Nächstes Jahr können viele homosexuelle Paare ihre lang ersehnte Hochzeit feiern.
Welchen Tag würden Sie am liebsten komplett streichen?
All jene Moment der aktuellen Covid-Krise, die besonders hart waren, würde ich gerne streichen. Einige sind selbst erkrankt oder haben Angehörige verloren. Einige hatten mit einer zusätzlichen Arbeitsbelastung zu kämpfen, denken wir zum Beispiel ans Gesundheitspersonal. Gastronomen waren mit sich laufend ändernden Rahmenbedingungen konfrontiert. Studienbeginnerinnen konnten kaum neue Freundschaften knüpfen.
Was hat Sie traurig gemacht?
Obwohl wir wissen, dass das Leben endlich ist, trifft uns der Tod unvermittelt. Vor einigen Monaten ist meine Grossmutter gestorben. Sie hinterlässt eine grosse Lücke.
Und was so richtig wütend?
Es macht mich wütend, dass wir es als Gesellschaft nicht schaffen, entschiedener gegen die Biodiversitätskrise anzukämpfen. Die Biodiversität ist unsere Lebensgrundlage. Durch die Zerstörung der Vielfalt des Lebens sägen wir an unserem eigenen Ast. Die Wut über die Gleichgültigkeit und Untätigkeit angesichts der Biodiversitätskrise ist aber auch ein Motor für mein Engagement.
Gibt es etwas, wofür Sie sich gerne entschuldigen würden?
Ich versuche, mich jeweils direkt zu entschuldigen.
Haben Sie sich konkrete Ziele für 2022 gesetzt?
Ich möchte auf lokalere Ebene bei der Förderung der Biodiversität vorwärtsmachen. Ein erster Schritt ist getan, indem die Bürgerversammlung von Rapperswil-Jona dem GLP-Antrag nächstes Jahr 500'000 Franken mehr für Naturschutz zu investieren, zugestimmt hatte. Es braucht allerdings noch mehr, darum hat die GLP Linth die Biodiversität als Schwerpunktthema für 2022 definiert.
Was sollte im nächsten Jahr allgemein besser werden?
Ich hoffe, dass wir zusammen mit den Kantonen, dem Bundesrat und allen gesellschaftlichen Akteuren wieder mehr an einem Strick ziehen. Am Schluss werden wir diese Pandemie nur gemeinsam besiegen.
Und was darf so bleiben, wie es ist?
Unser demokratisches System. Unsere Demokratie hat sich als robust erwiesen – allen «Diktatur»-Rufen zum Trotz. Die Stimmbeteiligung der letzten Abstimmungen ist hoch. Das darf gerne so bleiben. Je mehr Menschen sich an der Demokratie beteiligen, desto besser.
Wem würden Sie 2022 gerne begegnen?
Ich würde gerne die Verhaltensforscherin Jane Goodall treffen. In den 60er Jahren konnte sie zeigen, dass Schimpansen Werkzeuge benutzen, jagen oder sich bekriegen. Mit ihren Forschungsarbeiten änderte sie unsere Sicht auf Tiere. Auch mit 87 Jahren ist sie immer noch eine starke Stimme für Tier- und Naturschutz.
2021 war «Wetten, dass…?» der nostalgische Höhepunkt. Was sollte nächstes Jahr wieder auf der Bildfläche erscheinen?
Über ein Revival von «Total Birgit» würde ich mich sehr freuen. Als Kind habe ich die Comedy-Show mit Birgit Steinegger geliebt.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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