Die Mannschaft hat verloren, aber der Trainer deutet das Resultat anders. So machen es auch Zeitungen.
Eigentlich ist die sogenannte «Mach Basic» der Wemf eine glasklare Sache, denn sie liefert eindeutige Werte. Wemf steht kurz für Wemf AG für Werbemittelforschung. Zwei Mal im Jahr werden Zahlen über die Entwicklung der Leserschaft von Zeitungen und Zeitschriften in der Schweiz veröffentlicht.
Die aktuellen Resultate liegen jetzt vor; das Branchenportal persoenlich.com gibt eine gute Übersicht.
Basis für die Daten der Wemf ist eine gross angelegte Befragung. Das Ergebnis zeigt unterm Strich: Gedruckte Presseerzeugnisse verlieren weiter an Boden beziehungsweise an Lesern. Der Trend scheint unumkehrbar, denn er ist nun schon längere Zeit anhaltend.
Freuen kann sich im Grunde nur die NZZ, sie hat zugelegt - und ist damit die Ausnahme unter den Zeitungen mit nationaler Reichweite. Bei den regionalen Tagesmedien konnte die «Basler Zeitung» leicht zulegen. Verloren haben hingegen «Luzerner Zeitung» (minus 4,1 Prozent) und «St.Galler Tagblatt» (minus 4,3 Prozent).
Wer dazu gewonnen hat, freut sich. Wer weniger Leser erreicht hat, greift zu Kunstgriffen - eben genau wie der Fussballtrainer, der nach einer Niederlage auf seine lange Verletztenliste oder den Kunstrasen hinweist. Im Fall des St.Galler Tagblatt beispielsweise heisst es aus der Verlagsetage, die sinkende Printauflage werde durch die wachsende Reichweite des Online-Portals aufgefangen. Die Luzerner Zeitung sagt Ähnliches von sich.
In der Vermischung von gedruckter und Online-Ausgabe kommen beide Zeitungen zum Schluss, sie seien in der Region heute stärker verankert als bei der letzten Befragung. Ein Minus ist also kein Minus, sondern ein Plus.
Nicht berücksichtigt wird bei dieser Argumentation, dass diese gesamte Leserreichweite den Werbekunden, der bewusst in einer gedruckten Zeitung werben will, nicht gross interessiert. Er stellt einfach eine Abnahme der Auflage fest. Inwieweit diese durch Onlineangebote gleichwertig kompensiert wird, ist schwer feststellbar.
Die Wemf-Zahlen sind spannend, werden aber immer direkt nach Bekanntgabe von allen Betroffenen relativiert. Ein lustiges Schauspiel.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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