Würden Sie bei Föhn in einem Boot nach Lindau rudern?
Afrikaner machen solche Sachen wegen Hunger, Aussichtslosigkeit oder Hoffnung auf ein besseres Leben.
Sie fahren mit ihren traditionellen Fischerbooten mit einfachem Motor von Marokko zu den Kanaren bei ständigem Gegenwind des Passats, der oft Sturmstärke erreicht. 240 Kilometer.
Dieses Schiff hat es nicht geschafft: 15 km vor Gran Canaria ist es gekentert. Alle sind ertrunken. Die Küstenwache hat es in den Hafen geschleppt, wo es vor den Augen der Touristen versteckt liegt.
Wir hatten uns verlaufen und sahen es, bewacht durch Security-Männer in Operetten-Outfit. Ich suchte das Gespräch: Verbot, näher herangehen zu dürfen. Erst eine Tafel Schokolade mit schönen Bildern der Schweiz machte es möglich, drei Fotos und nicht mehr schiessen zu dürfen.
Ganz nahe entdeckte ich diese braune Tasche, die trotz allen Bewegungen des Bootes immer noch festgezurrt war. Sie gehörte jemandem, der darin wahrscheinlich alles verstaut hatte, was für die Zukunft wichtig ist.
Das Boot muss so schnell gekentert sein, dass alles zurückgelassen werden musste. Die Schwimmwesten halfen zwar, nicht sofort unterzugehen, die hohen Wellen aber verschluckten alles Leben.
Traumziel Gran Canaria.
Wolf Buchinger (*1943) studierte an der Universität Saarbrücken Germanistik und Geografie. Er arbeitete 25 Jahre als Sekundarlehrer in St. Gallen und im Pestalozzidorf Trogen. Seit 1994 ist er als Coach und Kommunikationstrainer im Management tätig. Sein literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, Gedichte, Romane, Fachbücher und Theaterstücke. Er wohnt in Erlen (TG).
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