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Höherer Lohn, höheres Risiko

Warum es keinen «Rettungsschirm» für das CS-Personal braucht

Ein alter Witz geht so: Warum kann man von einem Bankberater keine brauchbaren Aktientipps erwarten? Die Antwort: Wüsste er tatsächlich, in welche Aktien man investieren sollte, dann bräuchte er nicht mehr in einer Bank zu arbeiten. Darin steckt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit.

Thomas Baumann am 23. März 2023

Banker sind eben Helden, die ihre "Heldentaten" mit dem Geld Anderer vollbringen. Geht der Kurs hoch, geht er runter: Egal, die Bank kassiert auf jeden Fall ihre Kommission.

Ebenso bekannt ist: Je höher man aufsteigt, desto grösser die Boni. Diese - überraschenderweise - haben für einmal tatsächlich eine gewisse Risikokomponente: Sie decken nicht etwa das Risiko ab, dass man in einer anderen Branche mehr verdienen könnte. Sondern sind gewissermassen eine (verspätete) Kompensation für das Risiko, in subalternen Positionen Überzeit zu schieben, ohne es jemals nach oben zu schaffen.

Etwas sollte jedoch jeder Bankangestellte zumindest in der Theorie wissen: Höhere Erträge sind nur mit höherem Risiko möglich. Aber geht es um die eigene Existenz, will man vom einfachen ökonomischen Einmaleins, das man der Kundschaft in besseren Tagen wie das heilige Evangelium vorbetete, plötzlich nichts mehr wissen.

Die Zahlen zeigen es: Der Medianlohn im Bankensektor liegt deutlich über demjenigen der meisten anderen Branchen. Es sind nicht nur die Topshots, die abkassieren: Auch KV-Abgänger - also ganz normale Kundenberater, Schalterpersonal u.ä. - verdienen dort einiges mehr als KV-Abgänger in anderen Branchen.

Kaum ist die Übernahme der CS durch die UBS beschlossene Sache, meldete sich auch gleich der Schweizerische Bankpersonalverband und forderte - was denn sonst? - einen "Rettungsschirm" für das Personal der Credit Suisse.

Völlig verkehrt! (Zumindest wenn es um Massnahmen geht, welche die gesetzlichen Anforderungen bei Massenentlassungen übersteigen.) Schliesslich sind Bankangestellte quasi von Berufs wegen Experten, wenn es um den Umgang mit unsicheren Zukunftserwartungen geht. Und wer berufeshalber Kunden berät, in welche Firmen sie investieren sollen, von dem sollte man doch auch erwarten dürfen, die Zukunftsaussichten der Firmen in der eigenen Branche abschätzen zu können - und das entsprechende Risiko zu tragen.

Höhere Rendite = höheres Risiko. Dies gilt letztlich für den Lohn ebenso wie für andere Erträge. Da Bankangestellte, auch ohne Kaderfunktion, schon bisher einen im Branchenvergleich überdurchschnittlichen Arbeitsertrag (=Lohn) bezogen haben, sollten sie sich entsprechend nicht wundern, wenn das Risiko einer Entlassung auch einmal Realität wird. Zusätzlich zu einem höheren Lohn auch noch eine Vollkasko-Versicherung zu fordern, wäre etwas gar viel verlangt.

Wer in einer solchen Situation trotz überdurchschnittlichem Lohn nicht vorgesorgt hat, ist letztlich selber schuld. Und es sollte vielleicht nicht ausgerechnet in einer Bank arbeiten, wer tatsächlich an risikofreie Erträge glaubt: "There is no such thing as a free lunch".

Klar: Wer es sich gewohnt ist, risikolos mit dem Geld Anderer zu spielen, erlebt ein böses Erwachen, wenn es plötzlich einmal um die eigene Existenz geht.

Doch genauso wenig wie das Bankpersonal am Ende des Tages Rücksicht nimmt auf Kunden, welche die Tragbarkeitskriterien nicht (mehr) erfüllen oder trotz Vermögensverwaltungsmandat Verluste auf ihrem Aktienportfolio erleiden - ebenso wenig ist ihm nun selbst besondere Rücksichtnahme geschuldet.

Zudem muss man sich fragen: Wenn irgendwo in Hintertupfingen eine Sparkasse die Türen schliesst und fünf Mitarbeiter die Stelle verlieren - verlangt der Bankpersonalverband dann auch einen "Rettungsschirm"? Oder gilt etwa auch beim Bankpersonal seit Neuestem die Devise: too big to fail?

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Autor/in
Thomas Baumann

Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom. Als ehemaliger Bundesstatistiker ist er (nicht nur) bei Zahlen ziemlich pingelig.

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