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Mehr als eine Verschwörungstheorie

Was wirklich hinter der «wissenschaftlichen Task Force» steckt

Warum haben wir eine Task Force, die durch ihren Alarmismus seit 14 Monaten die Schweiz indirekt in Geiselhaft hält? Stimmt ihre Entstehungsgeschichte? Hier ein Ansatz, wie es auch gewesen sein könnte. Mit vielen Indizien.

Stefan Millius am 09. Mai 2021

Zunächst ein kurzer Blick nach Deutschland. Dort hat erwiesenermassen die Regierung die Wissenschaft angewiesen, ihr eine Art Drehbuch zu liefern, mit dem die Bevölkerung verängstigt werden kann. Danach ging es den Forschern nicht mehr um Fakten, nur noch darum, die Fakten so darzustellen, dass die Politik ihre Agenda durchsetzen kann; wir haben berichtet.

Aufruhr gab es danach nicht bei unseren Nachbarn. Die Menschen in Deutschland waren derart effektiv in Panik versetzt worden, dass nicht einmal ein veritabler Skandal sie wachrütteln kann.

Gibt es das auch in der Schweiz? Eine Achse zwischen Regierung und Wissenschaft, bei der nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern eine politische Motivation im Vordergrund steht?

Mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit. Ihr Name ist sogar bekannt: «Swiss National COVID-19 Science Task Force.» Das ominöse Beratergremium mit über 70 Leuten, das aus dem Nichts kam und seither wesentliche Teile der Coronapolitik indirekt mitbestimmt.

Was uns über seine Entstehung gesagt wurde, dürfte eine einzige grosse Lüge sein. Alle Indizien sprechen dafür. Wer das als Verschwörungstheorie abtut: Inzwischen ist das kein Schimpfwort mehr. Vor wenigen Monaten war ein Impfzwang eine Verschwörungstheorie, nun stehen wir wenige Wochen vor der Einführung eines Impfzertifikats, das nichts anderes ist als das. Wer sich nicht impfen lässt, wird von gesellschaftlichen Aktivitäten ausgeschlossen.

Schauen wir uns zuerst die offizielle Entstehungsgeschichte der Task Force an. Nach offizieller Lesart hat sich die Truppe nach dem Aufkommen von Corona selbst beim Bundesamt für Gesundheit beziehungsweise dem Bundesrat als dessen übergeordnetem Gremium angedient, um selbstlos zu helfen. Mit einem kostenlosen Mandat, aus völliger Freiwilligkeit. Es gibt zwar seit langem eine «Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung», und sie wäre genau gemacht für Zeiten wie diese, wie wir hier gezeigt haben. Aber das ist vermutlich ein unzuverlässiger Partner, denn er entstand vor Corona. Wer weiss, ob ihre 14 Mitglieder mitgespielt hätten?

Also musste etwas Neues her. Und rein zufällig bot sich ein aus dem Nichts entstandenes Beratergremium selbst an, und das Bundesamt für Gesundheit stieg sofort ein und gab der neuen Task Force ein offizielles Mandat, das man hier einsehen kann. Hinter der Task Force steckt letztlich die ETH Zürich, deren »ETH-Rat» sogar sehr transparent als «Herausgeber» der Webseite der Task Force firmiert.

In unserem wunderbaren Land kann man also offenbar einige Kollegen zusammentrommeln, bei einem Bundesamt anklopfen und ist danach automatisch Woche für Woche vor den Kameras und kann die allgemeine Wahrnehmung und damit die Politik des Bundesrats mitbestimmen. Gut zu wissen.

Das zu glauben, wäre naiv. Wahrscheinlicher ist diese Erzählung:

Der Bundesrat erkannte die Coronasituation als Chance für den Umbau des Landes. Die direkte Demokratie ist eine lästige Geschichte, das Volk redet mit und tut nicht immer, was ihm empfohlen wird. Es bot sich die einmalige Möglichkeit, Grundrechte auszuhebeln, das Notrecht zu installieren und auf dieser Grundlage Gesetze zu verabschieden, die der Landesregierung auf lange Zeit massiv mehr Entscheidungsgewalt verleihen als es bisher der Fall war.

Aber wenn der Bundesrat das selbst einfordert, wird es schwierig. Es wäre ziemlich durchsichtig. Also brauchte man eine «unabhängige» Gruppe, die scheinbar losgelöst vom Bundesrat ein Angstszenario heraufbeschwört, das die Grundlagen für die «neue Schweiz» schafft. In der Form der Task Force hat das der Bundesrat. Hin und wieder distanziert er sich halbwegs von ihren Forderungen, ermöglicht einige sanfte Lockerungen, die Task Force protestiert wie in einem schlechten Dorftheater zum Schein dagegen. Aber unterm Strich können der «Chairman» der Task Force Martin Ackermann und seine Getreuen nach wie vor regelmässig an vorderster Front ihre untauglichen «Modelle» präsentieren und den Menschen Angst einjagen. Und was der Bundesrat danach beschliesst, basiert auf diesen Ratschlägen. Noch immer.

Die Task Force ist der verlängerte Arm des Bundesrats. Alain Berset und Co. stehen da wie gnädige Führer, wenn sie Terrassen gegen den Willen der Task Force öffnen. Sie werden für viele Menschen in diesem Land zu einer Art Helden. Aber hinter den Kulissen scheint das alles wie abgesprochen. Hier der «bad cop» im Form der Task Force, die Maximalforderungen aufstellt, dort der Bundesrat als «good cop», der uns einige Erleichterungen verschafft.

Falls dem so war, warum wird das nicht öffentlich bekannt? Ganz einfach. Einige Verlagshäuser haben beste Verbindungen zum Bundesrat. Beispielsweise der «Blick», der vor jeder Medienorientierung bereits weiss, was geschehen wird. Und vermutlich auch mehr weiss. Aber das zu enthüllen wäre kontraproduktiv, denn eine umfassende Medienförderung ist Teil des Covid-19-Gesetzes, über das wir im Juni entscheiden. Die grossen Verlage brauchen ein Ja dazu. Sie werden niemals eingestehen, wie orchestriert das Ganze ist, auch wenn sie es wissen.

Wir werden an der Nase herumgeführt, und das im grossen Stil. Hier der Bundesrat, der sich immer auf die wissenschaftliche Beratung beruht. Dort die wissenschaftlichen Berater, die von ihm eingesetzt wurden. Und von niemand anderem.

Man kann diese Geschichte glauben. Oder aber die andere. Die hier skizzierte. Was ist glaubwürdiger?

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Nach Kommentar von Stefan Schmid

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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