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E-Government

Weg zur Digitalisierung der Verwaltung noch weit und beschwerlich

Auch wenn die Digitalisierung der Verwaltung seit 2016 gut vorankommt, bleibt der Weg zu deren schweizweit nutzbaren Verbreitung noch weit. Wie der Stand aktuell ist und weshalb sich ihre Einführung verzögert hat, hinterfragten Experten, darunter der Münchwiler Gemeindepräsident Guido Grütter.

Die Ostschweiz am 07. Dezember 2018

Die Verwaltungen von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden befinden sich auf dem Weg zur Digitalisierung, dieser aber ist noch weit und beschwerlich. Dabei sind der Föderalismus und die Organisationsautonomie der Staatsebenen eine Herausforderung, die nur in enger Kooperation gemeistert werden kann. Zu diesem Schluss kamen Experten aus der Verwaltung und der Wirtschaft an einer Informationsveranstaltung des Vereins PPP Schweiz in Bern.

Wie Cédric Roy, Leiter der Geschäftsstelle E-Government Schweiz ausführte, kommt die Umsetzung des Schwerpunktplans von Bund, Kantonen und Gemeinden seit 2016 gut voran. Im internationalen Vergleich liege die Schweiz allerdings hinter dem Durchschnitt europäischer Staaten zurück, insbesondere was die Verfügbarkeit von Basisdiensten betreffe, stellte Roy fest.

Wie aufwändig es ist, schweizweit neue Dienstleistungen einzuführen, zeigt das Beispiel der Umzugsmeldung im Internet statt am Schalter der Einwohnerkontrolle, das 2013 vom Kanton Zürich an die Hand genommen wurde.

Die vollständig elektronische Abwicklung des Umzugsprozesses ist heute in neun Kantonen möglich. Für die Ausbreitung von eUmzug in der ganzen Schweiz, die vermutlich noch bis 2020 dauern wird, sind letztlich die Kantone, vor allem aber die Städte und Gemeinden verantwortlich. Es hat sich beim eUmzug gezeigt, dass es eine enge Kooperation braucht, um interoperable schweizweit nutzbare Dienstleistungen zu etablieren.

Die Organisation eOperations Schweiz, die der Geschäftsführer Daniel Arber präsentierte, wurde im Rahmen von E-Government Schweiz aufgebaut und ist seit Beginn dieses Jahres aktiv als Dienstleisterin von und für Gemeinwesen. Sie bündelt die Bedürfnisse nach IT-Dienstleistungen, beschafft sie bei den Lieferanten und dient als Ansprechstelle für die Gemeinwesen bei Fragen zum Betrieb der gemeinschaftlichen Lösungen.

Gegründet wurde die Betriebsgesellschaft von der schweizerischen Informatikkonferenz, in der die Informatikorganisationen der öffentlichen Verwaltungen von Bund, Kantonen, Städten, Gemeinden und dem Fürstentum Liechtenstein zusammengeschlossen sind.

Inzwischen zählen über 30 Gemeinwesen ebenfalls zu den Aktionären. «Die Verwaltung ist auf dem Weg zur Digitalisierung gut beraten, sich mit der Privatwirtschaft auszutauschen und deren Erfahrungen zu nutzen», betonte Arber. Dazu suche eOperations den Dialog und den Erfahrungsaustausch mit der Wirtschaft.

Ohne Digitalisierung werde die Schweiz ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihren Wohlstand verlieren, stellte Christian Hunziker, Geschäftsführer von swissICT, dem mitgliederstärksten Fachverband für Anwender, Anbieter und Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie eingangs seiner Präsentation fest.

Die Grundlagen zur Digitalisierung der Verwaltung werden mit der Strategie 2020 bis 2023 des Bundes, die kürzlich präsentiert wurde, geschärft. Bedeutungsvoll ist dabei aus seiner Sicht insbesondere das Leitbild «Digital first», mit dem der digitale Kanal priorisiert werden soll. Bund, Kantone und Gemeinden sollen Informationen und Dienste künftig in erster Linie digital zur Verfügung stellen. Die Industrie kann die Verwaltung in diesem Prozess mit ihrem Wissen unterstützen und ist nach Hunziker bereit, noch vermehrt bei Problemlösungen zum Beispiel über ihre Fachverbände mitzuarbeiten.

Es gibt in der Tat einige Faktoren, welche in der öffentlichen Verwaltung der Schweiz die Umsetzung von eGovernment und Digitalisierung erschweren und damit zur mittelmässigen, ja gar schlechten Positionierung der Schweiz beitragen. Christian Burkhalter, Partner und Verwaltungsratspräsident der Inneco AG, erläuterte diese Faktoren mit Beispielen aus seinen Projekterfahrungen im Verwaltungsumfeld.

Dennoch glaubt er, dass die Schweiz im eGovernment Benchmark 2018 der European Commission mit ihrer Bewertung zu schlecht wegkomme, da nur acht Bereiche verglichen wurden. In vielen anderen Projekten würden eGovernment und Digitalisierung laufend erfolgreich umgesetzt. Dr. Roland Charrière, stv. Direktor und Leiter Direktionsbereich Verbraucherschutz beim Bundesamt für Gesundheit BAG, zeigte anhand von aktuellen Beispielen, wie herkömmliche Datenbanken durch moderne Portallösungen abgelöst werden. Dabei zeigte er auch auf, dass durchaus Potenzial besteht für die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft zur Umsetzung von eGovernment-Projekten mit gegenseitigem Nutzen.

Nach Überzeugung von Guido Grütter, Gemeindepräsident von Münchwilen, Präsident der Regio Wil, freisinniger Thurgauer Kantonsrat und Vorstandsmitglied des Vereins PPP Schweiz, braucht es mehr als eine E-Government-Strategie des Bundesrates, es braucht kooperative E-Government-Planung und -Führung über alle Staatsebenen, einen «roten Faden». Dazu gehören aus seiner Sicht eine E-ID, einen elektronischen Identitätsnachweis für Private und Unternehmen, den Schutz persönlicher Daten durch Cyber Security, keine digitale Konservierung des Bestehenden, sondern Veränderung von Geschäftsmodellen und -prozessen, öffentlich-private Kooperationen, um die Marktmacht einzelner IT-Unternehmen einzuschränken und verstärkte Bildungsinvestitionen in die ICT-Ausbildung. «Nicht Bekenntnisse sind nötig, sondern klare Ziele, eine wirkungsvolle Führung und ein professionelles Projektmanagement», so Grütter.

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Autor/in
Die Ostschweiz

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