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Güttinger Firma verspricht virenfreie Büroluft

Weltneuheit aus der Ostschweiz: Der «Lärm-Virus-Fänger»

Eigentlich stellt die Bruag AG Komponenten für Innenräume wie Raumtrenner oder Akustikwände her. Nun lanciert die Firma aus Güttingen eine Weltneuheit, die vielen die Rückkehr an den Arbeitsplatz erleichtern könnte: den Noise-Virus-Catcher.

Christof Lampart am 04. Juni 2020

Der Noise-Virus-Catcher («Lärm-Virus-Fänger»; NVC) basiert auf einem weissen, mobilen und designten Raumteiler, welcher in ähnlicher Form bereits von der Bruag AG hergestellt wurde, zu 95 Prozent aus Holz besteht und mit Filz verkleidet ist. Neu an der modifizierten Bürotrennwand mit Filter ist, dass in ihr ein Ventilator sowie zwei Hochleistungsfilter der Klasse H14 eingesetzt sind, die jeglichen Schmutz aus der Luft saugen und filtern – bis hin zu Viren. «Das sind Spezialfilter, wie sie in Spitälern oder in Sicherheitslaboren eingesetzt werden», erklärte Jakob Handte, Vize-Präsident Produkte & Technologien, der Filterlieferantin Camil APC GmbH.

Grossraumbüros sicher machen

Eingesetzt werden soll der NVC, für den die Bruag AG das Patent angemeldet hat, vor allem in Grossraumbüros: «Wir versprechen uns durch seinen Einsatz ein grösseres Mass an Sicherheit an den Arbeitsplätzen. Insbesondere die Ansteckungsgefahr in Grossraumbüros kann durch ihn deutlich gesenkt werden, aber auch für einen effektiven Pollenschutz eignen sich die Trennwände», so der CEO und Inhaber der Bruag AG, Markus Brühwiler.

Angst davor, dass nach der Corona-Krise viele Firmen weiter für ihre Mitarbeiter aufs Homeoffice setzen und so der Bedarf an Grossraumbüros massgeblich schrumpfen könnte, hat Brühwiler nicht: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle Firmen zu 80 Prozent auf Homeoffice setzen. Zudem ist doch gerade unser NVC ein gutes Mittel, um die Bedenken der Mitarbeiter vor gesundheitlichen Risiken am alten Arbeitsplatz zu zerstreuen», argumentiert Brühwiler.

Im Geiste Luftsprünge gemacht

Die Covid 19-Pandemie sei für die rasche Entwicklung des Trennwandsystems mit Filter, sie dauerte sechs Wochen, zwar der Auslöser gewesen - gedacht habe man schon früher daran. Massgeblich an der Idee war der Zürcher Arzt Johannes Brühwiler, ein Cousin des Bruag-Chefs, beteiligt. Dieser hatte in Gesprächen immer wieder darauf hingewiesen, dass in Grossraumbüros vermehrt virale Erkrankungen, vorwiegend der oberen Atemwege, aufträten. Im Winterhalbjahr sogar so häufig, dass etliche seiner Patienten mehrmals erkrankt und am Arbeitsplatz ausgefallen seien. Als die Corona-Pandemie nun über die Welt hereinbrach, sah sich der Arzt in seiner Ansicht bestätigt, dass es einen hochwirksamen Infektionsschutz für Callcenter und Grossraumbüros brauche, denn «die Analyse der Erkrankungen an Covid-19 in einem südkoreanischen Callcenter ergab einen starken Hinweis darauf, dass die Übertragung nicht nur durch Tröpfchen, sondern auch durch die viel kleineren Aerosole erfolgt. Das bedeutet, dass die Viren länger als erwartet in der Luft bleiben können, womit sich das Infektionsrisiko, gerade auch in Grossraumbüros, deutlich erhöht», erläutert Johannes Brühwiler. Er selbst habe deshalb im Geiste «Luftsprünge gemacht», als ihm sein Cousin erzählte, dass er ein solches Gerät entwickeln wolle, so Johannes Brühwiler.

40 Quadratmeter werden abgedeckt

Auch andere Kleinstpartikel wie Staub, Bakterien und Pollen sollen durch den - je nach Bestellmenge und Ausführung - 3'000 bis 4'000 Franken teuren NVC eingefangen werden. «Das sieht vielleicht nach viel Geld aus, aber so ein NVC filtert die Luft auf einer Fläche von 40 Quadratmetern und deckt so rund acht Mitarbeiter-Plätze ab», so Brühwiler. Bei einer Lebensdauer des NVC von zehn Jahre koste diese Investition, welche dazu dient, das Infektionsrisiko im Büro zu minimieren, gerade einmal 45 Franken je Mitarbeiter und Jahr. «Das zahlt sich schon aus, wenn der Mitarbeiter im Jahr eine halbe Stunde weniger krank ausfällt», rechnet Brühwiler vor. Hinzu kommen jedoch noch die Unterhaltskosten; ein Filter kostet rund 200 Franken und sollte im Grossraumbüro nach einem halben Jahr, in einem Handwerksbetrieb entsprechend häufiger, ausgewechselt werden.

Der Ventilator verursacht einen Geräuschpegel von rund 45 Dezibel, was dem Äquivalent von Vogelgezwitscher entspricht. Auch beim Ansaugen und Abführen der gefilterten Luft haben sich die Entwickler aus Güttingen etwas dabei gedacht, wird doch die Luft von beiden Seiten in der unteren Hälfte angesogen und dann, nach dem Filtern, oben wieder abgeführt, so dass für die Mitarbeiter im Raum kein ungemütlicher Durchzug entsteht.

500 Stück bis Ende 2020, neue Arbeitsplätze

Was die Produktion betrifft, so läuft diese in diesen Tagen an: «Wir haben die nötigen Waren auf Lager und können sofort loslegen», so Brühwiler. Bestellungen lägen zwar aktuell noch keine vor, aber das Ziel ist ehrgeizig: «Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende Juni 100 Stück verkaufen; bis Ende Jahr rechne ich mit 400 bis 500 Stück», so Markus Brühwiler. Auch ein Zuwachs an Arbeitskräften steht bevor: «Wenn es so läuft, wie geplant, so müssen wir unsere Produktionskapazitäten erweitern; das schliesst auch neue Mitarbeiter mit ein», so Brühwiler zuversichtlich. Bis die ersten NVC jedoch ihre Kunden erreichen, müssen sich die Besteller noch ein klein wenig gedulden: «Ich denke, dass wir wohl gegen Mitte Juli die ersten Noise-Virus-Catcher ausliefern werden können», so Brühwiler.

Markus Brühwiler

Der CEO der Güttinger Bruag AG, Markus Brühwiler, erläutert stolz die Funktionsweise des «Noise-Virus-Catcher». (Bild: Christof Lampart)

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Autor/in
Christof Lampart

Christof Lampart (*1968) arbeitet seit über 20 Jahren im Raum Ostschweiz – mit Schwerpunkt in den Kantonen St. Gallen und Thurgau – als freischaffender Journalist für diverse Print- und Internetmedien.

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