Links der Smartspider der SP Schweiz, rechts derjenige von Paul Rechsteiner. (Alle Grafiken: smartvote.ch)
Repräsentieren die sieben St.Galler Ständeratskandidaten ihre Partei in den wichtigen Fragen? Oder stehen sie vielleicht ganz woanders, als es das Parteibuch verspricht? Das lässt sich leicht überprüfen. Und es zeigt sich: Nicht überall steckt das drin, was die Verpackung behauptet.
Mit der Hilfe von smartvote.ch lässt sich herausfinden, welcher Kandidat für ein politisches Amt einem selbst am nächsten steht. Es lässt sich aber auch eine andere Frage überprüfen: Wie viel - oder wie wenig - haben diese Kandidaten mit der Partei zu tun, die sie offiziell vertreten?
Auch wenn der Ständerat im Majorzverfahren gewählt wird und allgemein als Personenwahl gilt: Das Gefolge der verschiedenen Parteien geht davon aus, dass der jeweilige Kandidat für die Werte der bewussten Partei steht. Stellt man die Smartspider - die Grafik, welche die politischen Positionen anzeigt - der Kandidaten und ihrer Partei einander gegenüber, sieht man, dass es relativ treue Parteivertreter gibt, aber auch solche, die zum Teil deutlich von der Parteilinie abweichen.
Wir haben diesen Vergleich mit den St.Galler Ständeratskandidaten gemacht. Es fehlt Roland Rino Büchel (SVP), weil er als einziger der sieben Anwärter bei Smartvote kein Profil angelegt hat.
Paul Rechsteiner, SP
Ständerat Paul Rechsteiner ist ein Modellrepräsentant seiner Partei. Die Smartspider sind nahezu deckungsgleich. Bis auf einen Punkt: Die SP ist etwas offener, was eine liberale Wirtschaftspolitik angeht als ihr Ständerat. Da dieser ein astreiner Gewerkschaftsvertreter ist, vermag das allerdings nicht zu überraschen. In der Bilanz kann man sagen: Wer mit den SP-Werten übereinstimmt, ist mit Rechsteiner bestens vertreten. Alles andere hätte auch überrascht.
Benedikt Würth, CVP
Auch Ständerat Benedikt Würth ist seiner Partei über weite Strecken treu. Was auffällt ist, dass er sich deutlich stärker für eine offene Aussenpolitik ausspricht als die CVP. Ein Punkt, der angesichts der laufenden Verhandlungen mit der EU ins Gewicht fällt und bei den einen Wählern positiv, bei den anderen eher abschreckend ankommt. Viel zurückhaltender als die CVP ist Würth beim Thema «restriktive Finanzpolitik». Nachvollziehbar, als St.Galler Finanzdirektor leidet Würth direkt, wenn eine solche umgesetzt wird. Ansonsten aber ist sein Profil ein klassisches CVP-Profil.
Marcel Dobler, FDP
Auch der Herausforderer von der FDP zeigt sich gegenüber dem Ausland offener als seine Partei. Und auch er ist weniger stark für eine restriktive Finanzpolitik zu haben. Hier zeigen sich Parallelen zum CVP-Kandidaten. Diese haben aber auch schnell ein Ende. Denn in Sachen Sozialstaat und Umweltschutz tickt Dobler klassisch freisinnig. Geht es um eine restriktive Migrationspolitik, ist er allerdings etwas härter als die FDP.
Franziska Ryser, Grüne
Die St.Galler Stadtparlamentarierin gibt sich in Gesellschaftsfragen etwas liberaler als ihre Partei, in der Wirtschaftspolitik dagegen weniger offen. In Sachen Umweltschutz ist sie aber identisch kompromisslos wie die Grünen. Während die Partei als Ganzes rein gar nichts von mehr «Law & Order» hält, gibt es bei Ryser eine klitzekleine Bereitschaft dazu. Aber auch hier gilt unterm Strich: Die Grünen haben sich für eine Kandidatin entschieden, die hinter dem Parteiprogramm steht.
Pietro Vernazza, GLP
Ist das wirklich ein Grünliberaler? Der Mediziner Pietro Vernazza will für die GLP in den Nationalrat und versucht sein Glück auch beim Ständerat. Aber sein Profil weicht erheblich von dem der Partei ab. Er will den Sozialstaat stärker ausbauen, steht für eine offenere Aussenpolitik und hält wenig von einer restriktiven Finanzpolitik. Würde er sich nicht recht deutlich für eine liberale Wirtschaftspolitik aussprechen, wäre Vernazzas Profil klar links von der Mitte anzusiedeln, während sich die GLP eher mittig sieht. Die Unterschiede sind aber nicht so tiefgreifend, dass man sagen könnte, er sitze in der falschen Partei.
Norbert Feldmann, BDP
Das ist der Kandidat, den man am wenigsten kennt, ein politisch unbeschriebenes Blatt. Wer ihn wählt, weil er die Positionen der BDP gut findet, könnte eine Überraschung erleben. Die beiden Smartspider weisen denkbar wenig Parallelen auf. Feldmann will den Sozialstaat stark ausbauen, die BDP möchte davon nichts wissen. Die BDP will eine liberale Wirtschaftspolitik, Feldmann alles andere als das: In diesem Punkt geht er glatt als Parade-Linker durch. Und bei der Finanzpolitik will er nichts von Restriktionen wissen, die BDP ist in diesem Punkt knallhart. Der Überraschungskandidat ist damit definitiv eine eigene Kategorie - und alles andere als ein lupenreiner Parteivertreter.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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