logo

Die Pandemie und das Internet

Wie der Bundesrat mit Google zusammenarbeitet

Wer die Lufthoheit über der öffentlichen Meinung erobern oder behalten will, muss die Trefferliste bei Google unter Kontrolle haben. So wie das BAG. Nur: Ist das erlaubt?

«Die Ostschweiz» Archiv am 18. Februar 2021

In Deutschland werden Politiker und Regierende meistens entschieden weniger pfleglich als in der Schweiz behandelt.

So ist der Gesundheitsminister Jens Spahn innert Kürze vom möglichen Kanzlerkandidaten zum Taschenformat zusammengefaltet worden. Impf-Desaster, Kakophonie, hüst und hott, öffnen, schliessen, abwarten, auch ein Rücktritt ist nicht mehr undenkbar.

Zwei weitere Skandale sorgen für noch mehr Feuer unter dem Ministerstuhl. Zum einen wurde dem deutschen Gesundheitsminister gerichtlich untersagt, mit der Suchmaschine Google eine Vereinbarung zu haben, die eine Bevorteilung seines Gesundheitsministeriums bei den Trefferlisten usw. beinhaltet. Das sei eine Marktverzerrung, bestätigte das Gericht die Auffassung des Burda-Verlags, der selber diverse medizinische Webseiten unterhält.

Zum anderen muss man hier von einem doppelten Skandal sprechen. Wie die «Welt am Sonntag» aufgrund einer umfangreichen Recherche und herausprozessierten internen Regierungsmails belegte, gab es zu Beginn der Pandemie einen minutiösen Plan, dass die deutschen Wissenschaftler die Pandemie als «so dramatisch wie möglich darstellen» sollten. Damit die Regierung dann drakonische Massnahmen, Restriktionen, Lockdown usw. besser durchsetzen kann.

Das ist ein doppelter Skandal, weil weder in Deutschland noch in der Schweiz ein erkennbares Medienecho entstand. Ausser «Die Ostschweiz» nahm eigentlich niemand diese ungeheuerliche Manipulation auf.

Da sich die Schweizer Regierung sowieso im Zweifelsfall am liebsten an Deutschland orientiert, wenn mal wieder der Verhau von Krisenstäben, einer Task Force und vielen publizitätshungrigen Wissenschaftlern nur eine wilde Kakophonie produziert, liegt die Frage nahe: und hierzulande? Wird Google auch entsprechend beeinflusst? Könnte das eine Erklärung dafür sein, dass sich auch in der Schweiz Wissenschaftler am Anfang der Pandemie mit Horrorzahlen von bis zu 100'000 Toten (in Deutschland, logisch, war’s eine Million) überboten?

Google lässt sich einfach überprüfen. Mit dem Suchbegriff «Corona Schweiz» bietet Google eine spezielle Ansicht. Statt den üblichen Inseraten stehen zuoberst «Schlagzeilen», gerne von staatshörigen Medien, dann eine ganze Latte von offiziellen Statistiken und Hinweisen. Dann kommen wie gewohnt die «besten Ergebnisse». Eher ungewohnt dabei, dass die ersten sieben bis acht Treffer alles Behörden oder staatliche Organisationen sind.

Erst dann kommen Treffer von Berichten. SRF, Bluewin, swissinfo sind hier gut vertreten, dazu NZZ, Cash und diverse «Corona-Ticker». Wie jeder wissen sollte, ist der Kampf um eine möglichst gute Platzierung bei Google eine eigene Disziplin, ein Grundangebot jeder Web-Agentur. SEO, Keywords, Texthierarchien, Relevanz, Glaubwürdigkeit, es werden alle Tricks und Kniffe verwendet, um den Kunden unter die ersten zehn Plätze zu kriegen. Bei Suchen, die etwas mit seinen Angeboten zu tun haben. Das ist, wie alles im Internet, nicht umsonst. Also ist die naheliegende Frage ans EDI und an das Bundesamt für Gesundheit (BAG), ob es im Licht des deutschen Gerichtsurteils auch in der Schweiz solche Vereinbarungen mit der Suchmaschine gibt.

Sibyllinische Antwort des BAG:

«Google ist vor einem Jahr weltweit auf die WHO und auch auf nationale Regierungen und Gesundheitsämter zugegangen. Sie wollten einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten und sicherstellen, dass vertrauenswürdige und zuverlässige Informationen erscheinen. Diese offiziellen Informationen werden in gesonderten Infoboxen auf den Seiten hervorgehoben. Das BAG unterstützt dieses Vorgehen von Google, ohne Kostenfolge.»

Oh, eine Unterstützung ohne Kostenfolge? Wunderbar. Aber Nachfrage: Wieso sind staatliche Behörden auch in der Trefferliste auf den ersten sieben bis acht Plätzen? Um die findet normalerweise ein kostenintensiver Kampf statt. Noch wolkigere Antwort: «Die Ranking-Systeme von Google (oder anderen Suchmaschinen) können wir nicht beeinflussen und deshalb können wir Ihr Frage nicht beantworten oder kommentieren. Für weitere Informationen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte direkt an Google.»

Wenn’s keine amtliche Auskunft wäre, müsste man sagen: liegt nur noch dann im Streubereich der Wahrheit, wenn man dafür ein Fussballfeld nimmt. Natürlich könnte oder kann das BAG – wie alle anderen auch – das Ranking beeinflussen. Denn es kann ja nicht sein, dass keine einzige Firma daran interessiert wäre, bei diesem Thema mit Angeboten oder was auch immer unter den ersten zehn Treffern zu landen.

Umso wichtiger der Suchbegriff, und Corona dürfte zwischenzeitlich Sex abgelöst haben, desto teurer normalerweise, wer da vorne mitspielen will. Natürlich gewichtet der geheimgehaltene Algorithmus von Google die Trefferliste nach vielen verschiedenen Kriterien, da Google dem Suchenden eine möglichst befriedigende Auskunft geben will. Aber kann es wirklich sein, dass die nun eher staubtrockene Seite des BAG – «Massnahmen und Verordnungen» – auf Platz zwei der Treffer landet?

Wenden Sie sich an Google ist ein guter Ratschlag; ungefähr so gut wie «viel Spass in Mountain View, Kalifornien». Wird bezahlt, gemauschelt, manipuliert? Man weiss es nicht. Kamen Schweizer Wissenschaftler, im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen, von alleine auf die Idee, Apokalypse und Untergang an die Wand zu malen, überlastete Spitäler, Leichenberge in den Strassen, Zusammenbruch?

Auch das weiss man nicht; aber beides sollte sich doch rausfinden lassen.

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
«Die Ostschweiz» Archiv

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.