Daniel Fässler
Wohnträume entwickeln. Das ist grob ausgedrückt das Ziel der Leven Property AG mit Sitz in St.Gallen. Was das alles beinhaltet, welche Bereiche dabei gerne vergessen gehen und wohin die Entwicklung führt, erklärt Daniel Fässler, geschäftsführender Inhaber, im Interview.
Daniel Fässler, haben Sie persönlich schon Ihren Wohntraum realisiert?
Bisher wohnte ich immer in Objekten, welche bereits erstellt waren. Ich habe immer Wohnobjekte gefunden, welche meiner Lebenssituation und meinen Bedürfnissen entsprachen. Wie andere Bedürfnisse und Träume verändern sich auch Wohnträume mit den verschiedenen Lebensabschnitten. Ob ich irgendwann das Bedürfnis habe, mein eigenes Heim zu bauen, werden wir sehen.
Was ist Ihnen persönlich grundsätzlich wichtig?
Für mich war und ist immer das Wichtigste, dass ich mich zuhause fühle. Je nach Alter sind die Bedürfnisse unterschiedlich und die Anforderungen an das Objekt anders. Wenn ich nochmals darüber nachdenke, hatten alle Wohnsituationen eine Gemeinsamkeit – immer einen See in der Nähe oder in Sichtweite. Einmal war das nicht der Fall – da hat es mir gefehlt.
Es ist zu Ihrem täglichen Business geworden, die unterschiedlichsten Vorstellungen und Aspekte in einem Projekt zu vereinen. Welche Bereiche bilden hierbei meistens die grössten Knacknüsse?
Der Kampf um qualitätsvolle Architektur im Baubewilligungsverfahren: Vorsicht Vorschrift! Wir befinden uns im Würgegriff von unzähligen Normen und Vorschriften – und gehen in der Bürokratie unter. Es gibt immer noch eine Vorschrift mehr, die das Bauen komplizierter, teurer, zeitintensiver und leider sehr häufig auch architektonisch langweiliger macht. Die grösste Knacknuss ist es, zu erreichen, dass individuelle Bauvorhaben – erarbeitet und eingereicht von Fachleuten – nicht von den Behörden und Nachbarn durch unzählige Forderungen, Anpassungen und Eigeninteressen bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet und dadurch auch finanziell uninteressant werden.
In allen Sparten haben die Möglichkeiten zugenommen. Wir haben mittlerweile bei jedem Detail die Qual der Wahl. Wie behält man hier als Entwicklerin die Übersicht? Wie bleiben Sie am Puls?
In meinem Tätigkeitsfeld ist es wie bei vielen anderen unabdingbar, am Puls der Zeit zu bleiben und die Trends zu kennen. In unserer Branche gibt es hauptsächlich drei Kanäle, um à jour zu bleiben.
Erstens durch Netzwerk und Austausch sowohl mit den Lieferanten als auch mit der Kundschaft. Ich tausche mich oft mit anderen Menschen aus und erfahre so, was es Neues gibt, sei dies in Baumaterialien, in Ausstattungen oder in Verarbeitungsmöglichkeiten.
Zweitens durch die Teilnahme an Weiterbildungen. Es gibt eine breite Palette von Tagungen, Seminaren, Online-Kursen, in welchen man sein Wissen vertiefen und seine Kompetenzen erweitern kann. Aktuell ist in vielen Bereichen die Digitalisierung von Prozessen ein permanentes Thema.
Drittens ist das Lesen von Studien und Berichten aus der ganzen Welt relevant. Denn dadurch lassen sich Trends erkennen und können im eigenen Tätigkeitsfeld antizipiert werden.
Das Thema des verdichten Bauens ist aktueller denn je. Ist es mitunter eine Herausforderung, zu verdichten und trotzdem individuellen und grosszügigen Wohnraum zu schaffen?
Verdichtetes Bauen ist das Schlagwort im Zusammenhang mit Bauen in Städten. So einfach es erklärt ist, so gross sind die Spannungsfelder, die es mit sich bringt. Es stellt sowohl die Bauherren, die Behörden, als auch die Projektentwickler immer wieder vor neue Herausforderungen. Jeder Nachbar möchte verdichtetes Bauen, aber lieber in der Nachbargemeinde und nicht bei sich. Die Bauherren möchten durch die Verdichtung meist höher und tiefer bauen, um die verfügbare Fläche bestmöglich auszuschöpfen. Und die Behörden möchten wohl verdichtetes Bauen, jedoch mit oft wenig Flexibilität in anderen Vorschriften.
Verdichtetes Bauen ist möglich und auch wichtig, um Grünflächen zu erhalten, Zersiedelung zu vermindern und so die Lebensqualität zu erhalten. Es bedingt aber, dass alle Beteiligten gemeinsam an neuen innovativen Lösungen arbeiten und sich eine finanzierbare Ermöglichungskultur etabliert.
Ganz allgemein leben wir in einer Gesellschaft, die sich nur noch ungern langfristig an etwas binden möchte. Wir wollen flexibel bleiben. Inwiefern wirkt sich das auf die Realisierung von Bauten aus?
Die Schweizerinnen und Schweizer sind seit jeher ein Volk von Mieterinnen und Mietern. Zwar steigt die Eigentumsquote seit 1970 stetig an, jedoch wurde schon immer – aus verschiedenen Gründen – für verschiedene Bedürfnisse pro Objekt gebaut. Stärker als die angesprochene Flexibilität prägen die sich verändernde Demographie, die steigende Lebenserwartung und die neuen Lebensmodelle die Bauten. Insbesondere hat sich die Abschottung gegenüber den Nachbarn hin zu mehr Gemeinschafts- / Begegnungsräumen verändert.
Ich bin überzeugt, dass auch die Erfahrungen, welche die einzelnen Menschen und die Gesellschaft aktuell aufgrund der COVID-Pandemie machen, Einfluss auf künftige Wohnformen und Bauten haben werden.
Gibt es gewisse Aspekte, die bei all Ihren Projekten integriert sind? Gibt es eine Art «Leven Property»-DNA?
Wie es der Name «Leven» sagt, ist die DNA unserer Projekte Leven. Leven heisst auf Niederländisch Leben – und wir wollen mit unseren Projekten nicht bloss Wohnräume bauen, sondern Lebensräume schaffen.
Letztlich dürfte alles vom «perfekten» Grundstück abhängen. Wie stark ist hierbei der Konkurrenzkampf und wie schafft man es, sich die Perlen unter den Nagel zu reissen?
Was ist das perfekte Grundstück? Es gibt selbstverständlich Konkurrenz bei Grundstückskäufen. Dies vor allem bei Grundstücken, bei welchen wenig Hürden im Bauprozess zu erwarten sind. Das Wichtigste für mich ist – und das lernt man mit zunehmender Erfahrung – einen kühlen Kopf zu bewahren und Grundstücke nur dann zu erwerben, wenn sie einerseits ins Portfolio passen und andererseits nicht überteuert gekauft werden müssen. Also die noch ungeschliffenen Diamanten zu entdecken und nicht nach den hochgelobten Perlen zu greifen.
Man würde als Laie meinen, dass irgendwann alles «besetzt» ist. Beginnt dann der Kampf um die Altbauten?
Ja, das stimmt. Selbstverständlich ist irgendwann alles besetzt – aber bereits heute werden oft Flächen mit bestehenden Gebäuden neu bebaut und zeitgemäss weiterentwickelt.
Zum Schluss ein Ausblick. Welche Projekte werden Sie im Jahr 2021 am meisten beschäftigen?
Einerseits die erfolgreiche Fertigstellung unserer laufenden Wohnbauprojekte in der ganzen Deutschschweiz. Im Weiteren wird die Arealentwicklung «Bruggwiesen» in St.Gallen mich sehr beschäftigen. Auf dem Areal sind verschiedene Gewerbe- und Industriebriebe angesiedelt, unter anderem die Regloplas AG. Zudem sind einige Wohnbauten vorhanden. Die Regloplas AG wird in absehbarer Zeit ihren Standort an der Flurhofstrasse aufgeben und in das neue Industriegebiet «Oberschachen» an der Martinsbruggstrasse, St. Gallen, umsiedeln. Mit der Umsiedlung der Regloplas AG werden die Parzellen im Projektperimeter nicht mehr genutzt. Es ist vorgesehen, sämtliche Bauten im Planungsperimeter rückzubauen und an deren Stelle eine Wohnsiedlung zu erstellen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Co-Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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