logo

Ständeratskandidat Roland Rino Büchel im Interview

«Wir haben die Chance, den massiven Linksrutsch wenigstens einzudämmen»

Er wird nicht nur sich selbst, sondern auch Beni Würth von der CVP wählen. Und er hofft, dass sich im zweiten Wahlgang die Landbevölkerung besser mobilisieren lässt. Roland Rino Büchel, SVP-Kandidat für den St.Galler Ständerat, im Gespräch über den Wahlkampf - und seine Wahlchancen.

Stefan Millius am 30. Oktober 2019

Im übernächsten Jahr steht das Präsidium des Nationalrats der SVP zu. Sie werden vom «Blick» als Favorit gehandelt. Das Amt gilt als grosse Ehre. Warum wollen Sie trotzdem in den Ständerat?

Roland Rino Büchel: Der Nationalratspräsident stimmt im Rat nicht ab. Das Amt des «höchsten Schweizers» ist der Traum vieler Nationalräte. Das ist so. Doch ich denke, dass ich dem Kanton St. Gallen mehr nütze, wenn ich politisch wirklich aktiv sein kann und als Parlamentarier eine Stimme im Rat habe.

Können wir das als Absage an das Amt interpretieren?

Büchel: Im Moment muss ich weder zu- noch absagen. Fakt ist: Ich habe mich parteiintern noch nicht beworben. Nach mehr als neun Jahren im Nationalrat, davon zwei Jahre als Präsident der Aussenpolitischen Kommission, bin ich bereit für den Wechsel in den Ständerat. Dort könnte ich mehr bewirken.

Wenn Sie verzichten, könnte eine andere Ostschweizerin Nationalratspräsidentin werden, Ihre Parteikollegin Diana Gutjahr ist im Gespräch. Für Sie eine valable Alternative?

Büchel: Ganz bestimmt. Die Unternehmerin aus dem Thurgau wäre eine ganz gute Wahl. Mit Ausnahme von Magdalena Martullo-Blocher habe ich noch kaum jemanden gesehen, der in Bern so schnell und nachhaltig Fuss gefasst hat wie Diana Gutjahr.

Wann und wie wird entschieden, ob die Ostschweiz mit Ihnen oder der Amriswilerin ins Rennen steigt?

Büchel: Die Fraktion wird den Beschluss voraussichtlich an der Sitzung vom 22./23. November fassen. Bis dahin fliesst noch viel Wasser den Rhein hinunter.

Zurück zu der Wahl, um die es für Sie eigentlich geht, dem 2. Wahlgang in den Ständerat. Die FDP unterstützt Sie, nun hat sich auch die IHK für Sie ausgesprochen. Wie wichtig ist das für Sie?

Büchel: Ich freue mich über das Vertrauen, das mir entgegengebracht wird. Lustig nebenbei, dass nun viele Leute der Ansicht sind, mein Wahlkampf sei finanziert. Da muss ich schon klarstellen: Ich erhalte keinen Rappen von der Industrie- und Handelskammer.

Die Unterstützung der FDP ist keine ganz klare, auch wenn die Parteileitung hinter Ihnen steht. Es gibt die eine oder andere gewichtige freisinnige Stimme, die gegen Sie ist. Stört Sie das?

Büchel: Nein. Das völlig normal. Es wäre ja allerhand, wenn alle FDP-Mitglieder auf eine Einheitsmeinung getrimmt würden. Wir sind nicht in Nordkorea.

Marcel Dobler von der FDP hat sich jedenfalls für die zweite Runde zurückgezogen zu Ihren Gunsten. Seien wir ehrlich: Er hatte keine andere Wahl, weil Sie das klar bessere Resultat erzielt haben.

Büchel: Wir haben uns vor dem Entscheid intensiv ausgetauscht. Ich ziehe den Hut vor meinem Mitstreiter. Mit Marcel macht man etwas ab und weiss dann: Das hält. Aus Erfahrung sage ich, dass das in der Politik nicht der Regelfall ist. Der Eigentümer von Franz Carl Weber ist ein grossartiger Typ, ein richtiger Unternehmer und ein Sportler halt.

Trotz Ihres guten Abschneidens im ersten Wahlgang und der Unterstützung durch die FDP: Ihr Rückstand auf Beni Würth und Paul Rechsteiner ist gross. Wie beurteilen Sie die Ausgangslage?

Büchel: Interessant wäre es natürlich gewesen, wenn Beni Würth von der CVP ein paar hundert Stimmen mehr geholt hätte. Dann hätten wir das Links-Rechts-Duell Rechsteiner gegen Büchel. Doch: «Hätte, wenn und aber» zählen nicht. Die Realität ist, wie sie ist.

Die SVP müsste in diesem 2. Wahlgang richtig aktiv werden. Das hat schon in der Vergangenheit nicht immer geklappt. Hat die Partei ein Mobilisierungsproblem?

Büchel: Vor allem die Landbevölkerung ist im 1. Wahlgang zu oft zu Hause geblieben. Der Wahlbeteiligung für den Ständerat war in der Stadt St. Gallen um fast zehn Prozent höher ist als im Rheintal. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Resultate so herauskommen wie am 20. Oktober.

Warum soll das am 17. November anders sein?

Büchel: Jetzt besteht die Möglichkeit, den massiven Linksrutsch wenigstens teilweise einzudämmen. Der eine oder andere Stimmbürger wollte wohl einmal etwas grün wählen – und war dann vom Resultat überrascht. Viele sind sich nicht bewusst, dass Grün in Bern rot stimmt. Das wird sich nach diesen Wahlen nicht ändern. Geht es nach der SP und den Grünen, dann werden neue Steuern und Abgaben auf uns herunterprasseln.

Sie sagen also gewissermassen: Das war den Wählern nicht bewusst.

Büchel: Ich gehe davon aus, dass viele neue Grün-Rot-Wähler das unterschätzen. Darum: Wer kein massiv teureres Benzin und Heizöl will und genug von übertriebener staatlicher Bevormundung hat, kann in diesem zweiten St. Galler Wahlgang reagieren.

Nun haben Sie aber das Problem, dass Paul Rechsteiner vielen inzwischen als eine Art eingemitteter Sozialdemokrat gilt und er damit auch bei bürgerlichen Wählern als wählbar eingeschätzt wird.

Büchel: Sein Abstimmungsverhalten im Ständerat spricht eine komplett andere Sprache. Er stimmt dort ultralinks ab, in etwa so, wie die beiden Juso-Jungspunde Wermuth und Molina.

Sie sprechen das neueste Ranking der NZZ an.

Büchel: Genau. Gemäss dieser Auswertung hat er einen Wert von minus 9.4, bei einer Skala von plus 10 bis minus 10! Es ist ganz einfach: Die St. Gallerinnen und St. Galler entscheiden am 17. November, ob sie eine Mitte-Links- oder eine Mitte-Rechts-Vertretung im Stöckli wollen.

Was Ihnen sicherlich geholfen hätte: Eine Unterstützung der CVP. Die konnte sich im Unterschied zur FDP und zur IHK nicht dazu durchringen.

Büchel: Die Partei schielt halt auch auf die linken Stimmen. Da will man es sich mit der SP nicht verscherzen. Das ist nachvollziehbar. Die Haltung der bürgerlichen Verbände ist da klarer. Erst gerade hat auch Gastrosuisse, der Verband der Hoteliers und der Gastronomie, die Wahlempfehlung herausgegeben: Würth und Büchel.

Schon zu Zeiten von Karin Keller-Sutter und Paul Rechsteiner wurde stets von einem funktionierenden Doppel gesprochen, auch wenn die beiden unterschiedliche Auffassungen hatten. Das Duo Würth/Rechsteiner wird ebenfalls bereits so gehandelt. Würde denn das Ticket Würth/Büchel funktionieren?

Büchel: Selbstverständlich. Ich werde mein Kreuzchen bei diesen beiden Namen anbringen, denn ich stehe zu hundert Prozent hinter dem bürgerlichen Ticket Würth und Büchel. Das wird auch in meinem Wahlprospekt so stehen.

Highlights

Autor Dani Egger

Schicksale im Zweiten Weltkrieg: Dieser Ostschweizer hat ihnen ein ganzes Buch gewidmet

am 17. Apr 2024
Rechtsextremismus

Nazi-Konzert im Toggenburg: Die organisierte Kriminalität mischte mit

am 13. Apr 2024
EGMR-Rüge für die Schweiz

«Klimaseniorinnen» spielen ein unehrliches Spiel

am 12. Apr 2024
Zweiter Wahlgang in St.Gallen

Angriff der SVP gescheitert: Bettina Surber (SP) und Christof Hartmann (SVP) ziehen in die St.Galler Regierung ein

am 14. Apr 2024
St.Galler Regierungsratswahlen

Bettina Surber liefert 98 Prozent und zeigt damit der SVP, wie es geht

am 14. Apr 2024
Schwierige Kindheit

Mutiger Blick zurück: Wie Peter Gross seine Vergangenheit in einem Buch verarbeitet und damit auf Missstände der IV aufmerksam machen möchte

am 18. Apr 2024
«Meister im Verdrängen»

Musiker Kuno Schedler: «Ich wollte eigentlich Chef der Brauerei Schützengarten werden»

am 12. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel: «Zunehmend schwierige Zeiten. Die Lösung? Weniger Staat!»

am 15. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini: «Wir haben immer mehr Stress für höchstens gleich viel im Portemonnaie»

am 12. Apr 2024
Die Schweiz am Abgrund?

SVP-Nationalrat Pascal Schmid: «Wir müssen den Kurs rasch ändern»

am 16. Apr 2024
Appenzell Ausserrhoden zieht positive Bilanz

So etwas gab es noch nie: Wegen Windböen konnte der Böögg am Sechseläuten nicht angezündet werden – Nun ist Appenzell am Zug

am 16. Apr 2024
René Steiner, Präsident der ASTAG Ostschweiz

Weshalb es den klassischen «rauhen» Fuhrhalter von früher nicht mehr gibt

am 15. Apr 2024
Bestes Restaurant

1112 Google-Rezensionen sprechen für sich: Das griechische Restaurant Greco in St.Gallen wird mit einem Award ausgezeichnet

am 14. Apr 2024
Da stimmt was nicht

«Bericht zur sozialen Ungleichheit 2024»: Eine Nichtregierungsorganisation rechnet sich ins Nirvana

am 16. Apr 2024
Gastkommentar

Schulden der USA explodieren – können Aktien und Bitcoin davon profitieren?

am 17. Apr 2024
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.