Er ist ein Urgestein des St.Galler Buchhandels: Jörg Caluori, langjähriger Chef des Rösslitor. Nun lanciert er mit «Buch Schweiz» einen eigenen Onlineshop für Bücher. Dort will er aber weit mehr tun als nur Bücher zu verkaufen, wie er im Interview sagt.
Jörg Caluori, Sie waren rund 14 Jahre lang Filialleiter der Buchhandlung Rösslitor in St.Gallen. Jetzt sind Sie offiziell pensioniert, werden aber wieder aktiv. Wieso?
Ich war seit der Pensionierung nie untätig. Ich organisiere Südafrika-Reisen, importiere Gin und Wein von dort, gründete und leite einen Verein, der die Ärmsten in Südafrika unterstützt, führe Südafrikaforen auf Sozialen Medien und vieles mehr. Nichts zu tun kommt für mich nicht in Frage.
Aber was Sie jetzt machen, ist ein Schritt mehr: Sie ziehen einen eigenen Online-Buchshop auf. Davon gibt es ja bereits viele. Braucht es noch einen mehr?
Nein, das braucht es grundsätzlich nicht, wenn wir einfach von Bezugsquellen für Bücher sprechen, davon gibt es wirklich genügend. Aber bei uns geht es weniger um den Shop an sich, im Zentrum stehen unsere Produkte, also vorwiegend Bücher. Wir wollen hier eine Lücke füllen. Denn der stationäre Buchhandel, und damit meine ich vor allem die grossen Läden, vernachlässigt aus meiner Sicht je länger je mehr das wichtigste Gesetz in dieser Branche.
Und das wäre?
Das Knowhow und die Beratung rund um das Produkt sind das Herzstück. Immer mehr Läden gleichen heute eher einem Kiosk, an dem die Ware einfach reingestellt wird, und dann soll sich der Kunde bedienen. Ich selbst kaufe am liebsten in kleinen Bücherläden, oft inhabergeführte, in denen kompetentes Personal mit Herzblut und einer hohen Beratungskompetenz einen echten Mehrwert darstellt. Wenn das nicht gegeben ist, kann ich mir die Informationen über ein Buch auch über Google zusammensuchen.
Jetzt sprechen Sie aber vom stationären Handel, und Sie lancieren ja einen reinen Onlineshop. Wie passt das zusammen?
Weil es klar in die Richtung Onlinehandel geht. Der Lockdown hat viele Menschen auf den Geschmack gebracht und den digitalen Shops einen enormen Schub gegeben. Das wird noch weiter gehen. Die Coronakrise hat eine Veränderung in die Wege geleitet, die Leute werden vorsichtiger und verhalten sich anders. Wenn ich dann zusätzlich in einem sogenannten Fachgeschäft sowieso keinen motivierten Ansprechpartner vorfinde, dann kann ich mich auch gleich online informieren. Aber genau hier setzen wir an. Wir wollen die Vorteile der beiden Welten vereinen, indem wir die erwartete fachliche Kompetenz des Handels in die digitale Welt bringen.
Wie soll das konkret funktionieren?
Wir sind nicht einfach ein Shop mit einer Auswahl und einem Warenkorb, sondern ein eigentliches Portal rund um Bücher. Die Vision ist, dass beispielsweise Autoren ihr Werk in einem kurzen Video selbst vorstellen, dass es Onlinelesungen auch live gibt, moderierte Talks mit Schriftstellern, einen Blog, in dem alle mitdiskutieren können und so weiter. In der ersten Phase ist das natürlich noch alles bescheiden, wir starten beispielsweise mit einer Handvoll Autorenvideos, aber es soll schnell wachsen. Wo ein Kunde sein Buch bestellt, spielt ihm in der Regel keine Rolle, wenn der Preis stimmt und die Lieferung klappt. Wir wollen aber darüber hinaus einen Mehrwert für ihn schaffen indem wir die Kompetenz der Autoren und Autorinnen und der Verlage mit einbeziehen.
Also setzen Sie nicht auf einen Preiskampf?
Wir sind über alles gesehen vermutlich im Mittelfeld des Preissegments, nicht so günstig wie der billigste vom Amazonas, aber günstiger als andere. Vor allem haben wir aber die Freiheit, bestimmte Bücher mit attraktiven Aktionen zu pushen. Dafür arbeiten wir eng mit den Verlagen zusammen. Die sind ja interessiert daran, dass ihre Bücher prominent präsent sind und in hoher Zahl an ihre Leser kommen. Ich habe für dieses Projekt viele meiner alten Kontakte reaktiviert.
Aber als neuer Shop in diesem Haifischbecken, wie wollen Sie auf sich aufmerksam machen?
Wir beginnen bei der Werbung nicht auf der vielzitierten «grünen Wiese», dies hätten wir auch nicht gewagt. Mein Partner hat in den vergangenen 15 Jahren auf jeglichen sozialen Medien Plattformen aufgebaut, die schweizweit (und teilweise auch darüber hinaus) über 1 Mio «Follower» mitbringen. Zudem haben wir «im Rücken» die wohl bekannteste Online-Agentur, die nichts anderes anbietet, als dass sie Online-Kampagnen schweizweit für viele bekannte Marken, Firmen und Produkte produziert und durchführt. All dies erlaubt es uns, sehr zielgerichtet unsere Produkte anzubieten.
Gibt es bestimmte Zielsetzungen, die Sie mit «Buch Schweiz» anvisieren?
Wie jeder Unternehmer möchte ich meine Investitionen wieder reinholen, aber reich werden wollen wir damit nicht, darum geht es nicht. Deshalb unterstützen wir mit unserem Buchverkauf auch zwei Projekte, die mir wichtig sind, die «Eurasia Heart Foundation» und meine Aktion «Township Help».
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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