Autor/in
Stefan Millius
Stefan Millius (*1972) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz». Seine Stationen führten über das «Neue Wiler Tagblatt», Radio aktuell, die ehemalige Tageszeitung «Die Ostschweiz» zum «Blick».
Stefan Millius (*1972) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz». Seine Stationen führten über das «Neue Wiler Tagblatt», Radio aktuell, die ehemalige Tageszeitung «Die Ostschweiz» zum «Blick».
Während die Kantone ihre Stellungnahmen gegenüber den bundesrätlichen Coronaplänen abliefern, brodelt es eine Ebene weiter unten heftig. Die Gewerbepräsidenten des Bezirks Münchwil gelangen mit einem offenen Brief an den Thurgauer Regierungsrat. Das Schreiben ist ziemlich deutlich.
Durchgehende Grossschreibung ganzer Sätze gilt allgemein als «Schreien» und wird zwar oft in privaten Beiträgen in sozialen Medien verwendet, wenn sich die Stimmung hochschaukelt, aber offizielle Schreiben verzichten doch eher darauf.
Das zeigt vielleicht, wie blank die Nerven beim regionalen Gewerbe derzeit liegen. Denn die Gewerbepräsidenten im Thurgauer Bezirk Münchwilen wenden sich in einem offenen Brief an den Thurgauer Regierungsrat und fordern diesen auf, sich für eine Aufhebung des Lockdowns bereits auf den 1. März stark zu machen. Und dort schreiben sie unter anderem das hier, wobei bewusst die Originaldarstellung gewählt wird:
«SOLLEN WIR DENN JETZT NOCH WEITER WARTEN? EINE ABSOLUTE GARANTIE GIBT ES NIE! HANDELN SIE JETZT UND NEHMEN SIE IHRE VERANTWORTUNG WAHR!»
Die Gewerbepräsidenten weisen – dort allerdings in Normalschrift – darauf hin, dass sie im Verlauf der letzten zwölf Monate «enorme Leistungen vollbracht, viele Einschränkungen und teilweise gewaltige Umsatzeinbussen auf uns genommen» haben. Die Gewerbetreibenden hätten die verordneten Einschränkungen und Arbeitsverbote mitgetragen. Nun aber stünden einige der Mitglieder «am unverschuldeten finanziellen Abgrund. Sie haben ihre Betriebsreserven und Ersparnisse aufgebraucht».
Ziemlich deutlich kommt auch eine allgemeine Kritik an der Bewältigung der Lage durch den Kanton durch. Es sei «ausser Durchhalteparolen und Versprechungen zur unbürokratischen Soforthilfe nach Thurgauer Art» bisher nichts passiert, was den Gewerblerinnen und Gewerblern eine absehbare Perspektive eröffne! Es könne nicht sein, heisst es im Brief weiter, «dass der Thurgauer Regierungsrat weiterhin in winterlicher Starre verharrt und in blindem Gehorsam gegenüber Bern zusieht, wie hunderte von KMU zu Grunde gehen, Knowhow verloren geht, Lehrlinge keine Ausbildungsplätze mehr finden und Fachkräfte auf der Strasse stehen?»
Die Fallzahlen seien rückläufig, nickläufig, die lmpfungen angelaufen, die Schutzkonzepte aufgebaut und umgesetzt, deshalb – siehe oben in grossen Lettern – gebe es keinen Grund, weiter zu warten. Man fordere die Regierung deshalb eindringlich auf, sich beim Bundesrat dafür einzusetzen, dass er den Lockdown beendet: «Wir wollen ab dem 1. März 2021 unsere Betriebe wieder öffnen, arbeiten und gestalten.» Das das Thurgauer Gewerbe wirksame Schutzkonzepte und andere Massnahmen einhalten werde, sei «genauso selbstverständlich wie unsere Forderung.»
Unterzeichnet ist das Schreiben von den Präsidenten sechs lokaler Gewerbevereine sowie von «KMU Region Hinterthurgau», das auch die Federführung übernommen hat.
Die Thurgauer Regierung hat allerdings bereits am Wochenende Stellung bezogen gegenüber dem Bundesrat. Zwar will auch sie eine schnellere Öffnung; ihre Forderungen gehen aber deutlich weniger weit als die der Gewerbler aus dem südlichen Thurgau.
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