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René Zeyer

Zaster für Desaster

Die beiden ehemals stolzen Grossbanken Credit Suisse und UBS hätten viel Erklärungsbedarf. Kurs im Keller, keine Strategie, dafür Bussen à gogo. Da muss ich meinen Buchtitel rezyklieren.

«Die Ostschweiz» Archiv am 03. September 2019

Bei den beiden schlingernden Grossbanken UBS und Credit Suisse wären CEO und VR-Präsident gefragt, die Aktionäre und die Öffentlichkeit darüber zu informieren, was sie zu tun gedenken, um ihre exorbitanten Millionengehälter zu rechtfertigen.

Was sie zu tun gedenken, dass ihren von jeder Leistung losgelösten Millionen nicht nur Milliardenverluste für Aktionäre, Milliardenbussen und ein Aktienkurs gegenüberstehen, der bei beiden Banken um 10 Franken dümpelt.

Die UBS-Aktie hat seit Anfang 2018 über 40 Prozent an Wert verloren. Seit der abgehalfterte Chef der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, mit einem goldenen Handschlag und einem Millionengehalt seine Tätigkeit als VR-Präsident aufnahm, hat sich der Wert der Aktie beinahe halbiert. Vor dem Absturz in der Finanzkrise vor zehn Jahren lag er um die 70 Franken.

Was macht ein Bankenlenker in so einem Fall? Genau, er gibt ein Gefälligkeitsinterview, das nach der Devise geführt wird: Was wollten Sie schon immer mal ungestört von kritischen Fragen sagen? Dafür gibt es in der Schweiz zwei Organe. Die «Weltwoche» und die NZZ. Nachdem in der «Weltwoche» der planlose CEO der Credit Suisse, Tidjane Thiam, stellvertretend für seinen strategielosen VR-Präsidenten Urs Rohner heisse Luft absondern durfte, war nun Axel Weber in der NZZ dran.

Was hat Weber anzukündigen, nachdem bekannt gegeben wurde, dass die UBS den bei der Credit Suisse in Ungnade gefallenen Chef der Vermögensverwaltung an Bord geholt hatte? Was läuft schief, traut sich die NZZ zu fragen, angesichts der Tatsache, dass der Kurs der UBS-Aktie wieder mal unter 10 Franken gefallen ist. Und lässt dann Weber mit dem ältesten Ausweichmanöver der Welt davonkommen. Man solle nicht nur den Aktienkurs betrachten, sondern den Gesamtertrag. Und der sei immerhin positiv. Und dann fügt Weber das zweitälteste Ausweichmanöver hinzu: Natürlich sei er nicht zufrieden mit dem Aktienkurs, aber man habe besser abgeschnitten «als die meisten europäischen Grossbanken».

Wunderbar, und was gedenkt Herr Weber nun zu unternehmen? Auch da antwortet er mit Allgemeinplätzen: «Kosten senken» und «Anstrengungen verdoppeln». Aha, sonst noch was? Doch, ja, diese Busse von 5 Milliarden Franken in Frankreich ist natürlich blöd, und die Negativzinsen sind auch nicht hilfreich.

Ich erspare dem Leser das ähnliche Gedöns von den Herren Ermotti, Rohner und Thiam. Ich möchte aber einfach darauf hinweisen, dass diese vier Wirtschaftskapitäne im Jahr 2018 zusammen bescheidene 37,5 Millionen Franken verdienten. Alleine Thiam steigerte sein Einkommen um 30 Prozent. Logisch, um diesen Prozentsatz veränderte sich auch die CS-Aktie. Allerdings nach unten.

Und Weber gab immer mit seinen guten Beziehungen in der EU an, gerade in diesem NZZ-Interview verkündet er, dass er die neue EU-Chefkommissarin Ursula von der Leyen «sehr gut» kenne. Damit will er andeuten, dass er sein Geld schon wert sei, dank guten Kontakten zu Entscheidungsträgern. Hat in Frankreich aber nicht wirklich funktioniert, wie man sieht.

Alle vier bekommen seit Jahren Einkommen für Verluste. Lassen ihren obertraurigen Leistungsausweis schönreden. So verkündete Thiam stolz einen Gewinn von 2,6 Milliarden im letzten Jahr. Super, aber wenn man den gegen den kumulierten Verlust von 6,3 Milliarden seit seinem Amtsantritt im Jahre 2015 aufrechnet, sieht das schon weniger toll aus. Unter der Ägide von Thiam und Rohner brach der Aktienkurs der CS, der schon vorher nicht gerade auf einem Höhenflug war, um ziemlich genau 50 Prozent ein.

Seit Thiam, der als letzter an Bord kam und das Trio Infernal ergänzte, also seit 2015 haben diese vier Herren kumuliert rund 150 Millionen Franken, nun ja, verdient. Aber das Risiko, die Verantwortung, die Belastung? Dummes Geschwätz; die Vier sind schlichtweg Angestellte, tragen null unternehmerisches Risiko. Rudern verantwortungslos herum, haben nicht mehr als Allgemeinplätze zu bieten. Und ihre Belastung besteht höchstens darin, wie man denn so viel Geld überhaupt ausgeben kann, wo doch fast alles auf Spesen abgerechnet werden kann. Weber ist zum Beispiel berüchtigt dafür, dass er gerne First fliegt, ungern ohne Begleitung durch seine Frau.

Also die Eigentümer konnten sich die Hälfte ihrer Investition ans Bein streichen und sich darüber freuen, dass das keinerlei Einfluss auf die exorbitanten Gehälter der Bankenlenker hat. Die singen «Money for Nothing», kassieren ohne rot zu werden und mit weisser Weste Zaster für Desaster. Die UBS musste seit 2008 alleine an Bussen bereits 12 Milliarden Dollar hinblättern, ohne Frankreich. Dort wurde gegen die neuste Klatsche rekurriert. Logisch, dadurch sind Ermotti & Co. bereits in die Pensionierung abgeschwirrt, bis es ein rechtsgültiges Urteil gibt.

Etwas anders sieht das bei der über die Jahre hinweg stabilsten und erfolgreichsten Schweizer Bank aus, immerhin die drittgrösste nach UBS und CS. Da kassieren aktuell der VR-Präsident und der CEO zusammen rund 2 Millionen Franken im Jahr. Dazu ist die Raiffeisen, wenn man von der Affäre Vincenz absieht, skandal- und bussenfrei. Aber für dieses Trinkgeld würden die beiden Führungskräfte bei UBS und CS bereits nach rund einem Monat die Tätigkeit einstellen; Gehalt aufgebraucht. Allerdings: Vielleicht wäre das gar nicht so schlecht für die Zukunft von UBS und CS.

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Autor Dani Egger

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