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Bodybuilderin Tina Schläpfer

«Zu dünne Frauen gefallen mir persönlich nicht»

Vor wenigen Jahren fing Tina Schläpfer an, ihren Körper im Fitnessstudio zu trainieren. Mittlerweile ist die St.Gallerin aktive Bodybuilderin. Ende 2019 konnte sich die Kommunikationsbeauftragte der FHS St.Gallen bei der Bodybuilding-WM gleich den Titel sichern.

Manuela Bruhin am 15. August 2020

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine ergänzende Information zu einem im Printmagazin «Die Ostschweiz» publizierten Artikel. Hier erfahren Sie, wie sie jeweils zum Magazin kommen.

Tina Schläpfer, Sie haben vor gerade einmal fünf Jahren angefangen zu trainieren. Wie Sie einmal sagten, sind Sie einfach ins Fitnessstudio gegangen – wie viele andere auch. Was gab den Ausschlag, eben doch einen anderen Weg einzuschlagen als die Mehrheit?

Die Geschichte begann eigentlich mit der Diagnose Zöliakie im Frühling 2015. Im Spital wurde mir ein Ernährungsberater zur Seite gestellt, der mir aus diversen Gründen nicht ganz passte. Somit dachte ich, ich verbinde die Ernährungsumstellung gleich mit der Optimierung meiner Figur. Ich wandte mich an einen Fitness-Coach. Dieser erstellte mir einen auf mich zugeschnittenen Ernährungsplan – natürlich frei von Gluten. Er offerierte mir für einen kleinen Aufpreis noch einen Trainingsplan. So begann ich mich nach diesen Plänen zu richten und konnte nach einiger Zeit tatsächlich Fortschritte sehen. Schon immer haben mir athletische Körper sehr gefallen und ich war total motiviert, einen solchen zu erreichen. Ich hatte nie die Absicht, an Wettkämpfen teilzunehmen. Im Gegenteil – das Rampenlicht ist gar nicht mein Ding, ich halte mich lieber im Hintergrund. Im Herbst 2016 fragte mich mein Coach ob ich nicht doch Interesse hätte, an einem Wettkampf teilzunehmen. Ich verneinte. Das Thema liess mir jedoch keine Ruhe. Ich entschied mich schlussendlich für die Challenge. Somit starteten wir Ende 2016 mit der Wettkampfvorbereitung. Im 2017 bestritt ich dann meinen ersten Wettkampf.

Und der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Bei der ersten Bodybuilding WM-Teilnahme in New York vergangenes Jahr haben Sie sich gleich den Titel gesichert. Andere sind viele, viele Jahre mit dem Aufbau beschäftigt, Ihnen gelingt das innerhalb kurzer Zeit. Weshalb?

Da gibt es ganz viele Einflüsse, die zu einem solchen Erfolg beitragen. Ich bin überzeugt davon, dass ich den Erfolg zu einem sehr grossen Teil meinem Coach zu verdanken habe. Es ist unheimlich wichtig, einen guten Coach an seiner Seite zu haben, dem man blind vertrauen kann und der zu 100 Prozent an dich glaubt. Mein Coach hat ein enormes Fachwissen in punkto Ernährung und Trainingsmethodik, was mich immer wieder aufs Neue verblüfft. Eine eiserne Disziplin ist ebenfalls wichtig. Eine Wettkampfvorbereitung ist wahnsinnig intensiv. Sie erlaubt dir absolut keinen Fehltritt. Und nicht zu vergessen ist das Umfeld: Die Unterstützung ist enorm wichtig. Vor allem für den Partner ist die Wettkampfvorbereitung eine grosse Herausforderung.

Tina Schläpfer

Sie sprechen es gleich an. Sie müssen sehr auf Ihre Ernährung achten. Was steht auf Ihrem Speiseplan?

Definitiv. Meine Ernährung ist in allen Phasen unterschiedlich – im Aufbau abwechslungsreicher als in der Wettkampfdiät. Aktuell habe ich eine grosse Auswahl an Früchten, diverse verschiedene Proteinquellen wie Fleisch, Fisch, aber auch Hüttenkäse oder Magerquark bis zu den verschiedensten Gemüsesorten und Stärkebeilagen. Ich kann mir momentan also das Essen unter Einhaltung der Mengenangaben nach Lust und Laune zusammenstellen. Unabhängig davon, in welcher Phase ich mich befinde, esse ich pro Tag fünf bis sechs Mahlzeiten.

Und wie viel müssen Sie trainieren, um in Form zu bleiben?

Mein Ziel ist es nicht, in Form zu bleiben, sondern immer besser in Form zu kommen. Ich trainiere viermal pro Woche jeweils etwa eineinhalb Stunden. Das ist verhältnismässig wenig, für mich jedoch optimal. Eine gute Regeneration ist ein sehr wichtiger Faktor.

Sie sind also immer so diszipliniert? Oder gibt es auch einmal «sündige Momente»?

Ich wünschte, ich wäre immer so diszipliniert. Ausserhalb der Wettkampfdiät gibt es schon immer wieder sündige Momente. Ich denke aber auch, dass man sich das zwischendurch erlauben kann und soll.

Alles in allem darf man sagen, dass Sie für den Sport auf vieles verzichten «müssen».

Sicherlich muss ich auf extrem viel verzichten. Ich habe aber ein klares Ziel vor Augen, was das Ganze relativiert. Bisher hat sich der Verzicht für mich durchaus gelohnt. Es gibt Phasen, in denen sich das extrem schwierig gestaltet. Auch von aussen stösst man damit nicht immer auf Verständnis. Von mich negativ beeinflussenden Personen distanziere ich mich.

Tina Schläpfer

Bodybuildern wird oftmals Doping vorgeworfen. Wie ist es wirklich in dieser Szene? Mit wie vielen Vorurteilen haben Sie zu kämpfen?

Das ist tatsächlich so. Ist von Bodybuilding die Rede, denken alle direkt an Doping. Anfangs habe ich mich ziemlich darüber genervt, als viele meinten «Die nimmt doch was» oder direkter «Die stofft doch». Mittlerweile sehe ich diese Anschuldigungen als Kompliment für die harte Arbeit an meinem Körper. In diesen zahlreichen Dopingtests – angekündigt sowie unangekündigt – konnte ich belegen, dass ich nichts mit Doping am Hut habe. Für mich persönlich kommt ausschliesslich Natural Bodybuilding in Frage. Ich verurteile aber niemanden, der sich für Doping entscheidet. Solange solche Athletinnen oder Athleten nicht in den Natural Verbänden teilnehmen, ist das völlig in Ordnung. Denn: In welcher Sportart wird heutzutage nicht gedopt? Leben und leben lassen.

Der Sport wirft auch Kritiker auf den Plan – gerade bei Frauen. Wie gehen Sie damit um? Kennen Sie das oder ist es bei Ihnen ganz anders?

Bezüglich «Verlust der Weiblichkeit»? Ich glaube, das liegt alles im Auge des Betrachters. Mir haben athletische Körper schon immer besser gefallen – zu dünne Frauen gefallen mir persönlich nicht. Aber das ist alles Geschmackssache und total okay. Ich verlange von niemandem, meinen Körper als schön zu empfinden. Man muss lediglich sich selbst gefallen. Kritiker gibt es überall und ich habe auch schon viele Erfahrungen gesammelt. Vor allem bei Frauen heisst es immer: «Du verlierst deine Weiblichkeit» oder «Du siehst aus wie ein Mann». Hierzu kann ich nur sagen: Ich hatte noch nie ein «Barbie face». Das ist, wie es ist – mit oder ohne Bodybuilding.

Tina Schläpfer

Bodybuilding ist ein teurer Sport. Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bringen?

Das ist er definitiv. Ich arbeite neben dem Sport zu 100 Prozent als Kommunikationsbeauftragte. Der Sport muss ja schliesslich finanziert werden.

Genauer gesagt arbeiten Sie bei der FHS St.Gallen. Welche Reaktionen haben Sie dort erhalten – gerade unter den Alltagskleidern sieht man Ihre Muskeln ja nicht immer...?

Grosse Reaktionen bleiben grundsätzlich aus. Wie Sie sagen – unter der Alltagsbekleidung sieht man diese nur bedingt.

Das Jahr 2019 ging für Sie erfolgreich zu Ende. Wenn Sie nach vorne blicken: Welche Ziele stehen demnächst an?

Im Oktober steht mein erster Profi-Wettkampf in England an. Ich bin sehr gespannt und freue mich da-rauf. Ebenfalls ist es im Herbst wieder an der Zeit, meine Gehirnmuskulatur zu trainieren – eine Weiter-bildung steht an.

Tina Schläpfer

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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