Die laufenden Kosten für Wohneigentum sind dank tiefer Hypothekarzinsen nochmals gesunken. Das geht aus der jüngsten Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2020» mit dem Titel «Zyklus ohne Ende» der Credit Suisse hervor.
Negativzinsen dominieren die Zinslandschaft. Die Zentralbanken lassen keinerlei Absicht erkennen, von ihrer übermässig expansiven Geldpolitik abzurücken. Moderate Inflationszahlen geben ihnen hierfür den Handlungsspielraum. Die Anleger müssen sich folglich auf weitere Jahre mit negativen Zinsen einstellen. Derweil sinken die Vermögensschwellen, ab der Sparer mit Negativzinsen belastet werden. Anleger und Investoren suchen daher nach Strategien und Wegen, um mit überschaubaren Risiken eine real positive Rendite zu erzielen. Auf dem Immobilienmarkt werden sie fündig, was den Anlagedruck nochmals verschärft und den Superzyklus in die x-te Verlängerung schickt.
Risiko oder Rendite?
Privatanleger folgen auf der Suche nach sicheren Geldanlagen dem Beispiel finanzkräftiger Investoren und kaufen Wohnungen, um diese zu vermieten. Weil Mehrfamilienhäuser im heutigen Umfeld kaum noch erschwinglich sind, werden Eigentumswohnungen und vereinzelt Einfamilienhäuser aufgekauft. Dank tiefer Hypothekarzinsen können die Anleger damit ansehnliche Renditen erzielen. Seit Ausbruch der Finanzkrise hat der Anteil derartiger Buy-to-let-Finanzierungen bei Hypotheken-Neuabschlüssen auf 17% zugenommen. Mehr als die Hälfte aller Buy-to-let-Objekte befinden sich in Zentren oder deren unmittelbaren Agglomeration, wo die Nachfrage nach Mietwohnungen robust ist. Nicht überall lässt sich jedoch mit Buy-to-let eine positive Rendite erzielen. Entscheidend ist das Verhältnis der lokalen Wohneigentumspreise zu den lokal erzielbaren Mieten. An sehr guten Lagen ist Wohneigentum so teuer, dass nur eine sehr geringe Rendite resultiert. Hinzu kommen Zinsänderungs- und Leerstandsrisiken, die zu problematischen Situationen führen können. Trotz solcher Risiken wird die vermehrte Überwälzung von Negativzinsen in Zukunft noch mehr Anleger in die Arme von Buy-to-let treiben. Weil aber auch deren Besitzer den strengen Finanzierungsrichtlinien unterworfen sind und knapp 90% der Kreditnehmer nur ein einziges derartiges Objekt besitzen, sind die systemischen Risiken bis anhin überschaubar.
Zu wenig Wohneigentum
Die laufenden Kosten für Wohneigentum sind dank tiefer Hypothekarzinsen nochmals gesunken. Gross ist daher die potenzielle Nachfrage nach den eigenen vier Wänden. Nach wie vor stellen allerdings die finanziellen Anforderungen für Neuerwerber hohe Hürden dar. Mehr als fünf Jahreseinkommen sind im Durchschnitt für den Erwerb einer Eigentumswohnung nötig, und mehr als sieben für ein Einfamilienhaus. In den günstigsten Regionen reichen knapp vier Jahreseinkommen; in den teuersten sind dagegen mehr als zehn erforderlich. Noch schwieriger gestaltet sich die Erfüllung der kalkulatorischen Tragbarkeit, sodass Wohneigentum für den Durchschnittshaushalt derzeit unerschwinglich ist. Der limitierende Faktor auf dem Wohneigentumsmarkt ist jedoch nicht die Nachfrage, sondern das Angebot. Für Immobilienentwickler ist der Bau von Mietwohnungen letztlich einfacher und lukrativer, weil institutionelle Investoren wegen der Negativzinsen für den Kauf solcher Überbauungen Schlange stehen. Folglich entsteht zu wenig Wohneigentum, und es machen sich Knappheitserscheinungen bemerkbar. Aus diesem Grund werden die Eigentumspreise auch 2020 erneut moderat steigen.
Ein Volk von Pendlern
Wohn- und Arbeitsort liegen immer weiter auseinander. Die Spezialisierung und die moderne Arbeitsteilung sowie der Ausbau der Verkehrsnetze haben dafür gesorgt, dass die Arbeitnehmer immer längere Arbeitswege in Kauf nehmen. Täglich wiederholt sich somit eine Völkerwanderung, verlassen doch jeden Tag über 3 Mio. Pendler ihre Wohngemeinde, um zur Arbeit oder in eine Ausbildungsstätte zu gelangen. Die hochmobilen Pendler entlasten damit die angespannten Wohnungsmärkte der Städte und fördern die Wohnungsabsorption in der Agglomeration. Die Analyse der wachsenden Pendlerströme erlaubt Bauherren interessante Rückschlüsse auf die räumliche Verteilung der Wohnungsnachfrage. Die Pendeldaten zeichnen ein präzises Bild der Stärke regionaler Arbeitsmarktpole und ihrer Sogwirkung auf die Erwerbstätigen im Umland. Sie liefern den Bauherren darüber hinaus wichtige Erkenntnisse in Bezug auf das Nachfragepotenzial nach Büroflächen in den regionalen Arbeitsmarktpolen.
Negativzinsen fördern die Ungleichgewichte
Die Wohnungsnachfrage hat sich zuletzt dank guter Wirtschaftslage und Stabilisierung der Zuwanderung gefestigt. Neue Wachstumsimpulse sind jedoch kaum auszumachen. Im Gegenteil: Der verlorene konjunkturelle Schwung dürfte die Mietwohnungsabsorption im laufenden Jahr bremsen. Der Neuzugang an Mietwohnungen wird die Absorptionskraft des Marktes damit auch künftig übersteigen. Wir erwarten folglich wieder mehr zusätzlich leer stehende Wohnungen und einen ungebremsten Anstieg der Leerstandsziffer. Die bereits heute relativ lange Vermarktungsdauer neuer Mitwohnungen dürfte dadurch noch länger werden. Die höchsten Leerstände verzeichnen interessanterweise weder die alten noch die brandneuen Wohnungen, sondern die nicht mehr ganz taufrischen. Es handelt sich bei diesem Problemsegment um teuer am Markt positionierte Mietwohnungen im Alter von drei bis sechs Jahren, bei denen die Erstmieter wieder ausgezogen sind. Wohnungen mit eher klein geschnittenen Zimmern sind diesem Risiko weniger stark ausgesetzt. Sie weisen bis zu einem Gebäudealter von sechs Jahren deutlich geringere Leerstände auf. Bei älteren Wohnungen verschwindet dieses Muster. Die Mietpreise dürften aufgrund der wieder etwas rascher steigenden Leerstände erneut stärker unter Druck geraten. Einzig in den fünf Grosszentren und wenigen Mittelzentren werden die Mietpreise noch leicht zunehmen, zumal die dortige Wohnungsknappheit Bestand haben dürfte.
Hohe Mietertragsausfälle bei Parkplätzen
Die Schweiz ist ein Parkplatz-Land. Gemäss Expertenschätzungen soll es hierzulande mehr Parkplätze als Einwohner geben. Die hohe Zahl von Parkplätzen ist nicht nur eine Folge des grossen Autoparks in der Schweiz, sondern auch der hiesigen Gesetzeslage. Gesetze regeln in fast allen Kantonen die Mindestzahl der bei Bauvorhaben zu erstellenden Parkplätze. Lange Zeit galt das Prinzip «pro Wohnung ein Parkplatz». Mit dem veränderten Mobilitätsverhalten steht die Parkplatzerstellungspflicht aber immer mehr quer in der Landschaft. In den stark urbanen Regionen der Schweiz sinkt nämlich der Motorisierungsgrad bereits. Kein Wunder, stehen immer mehr Parkplätze leer und schmälern die Kapitalrendite der Liegenschaftsbesitzer. Entgegen den Erwartungen sind die höchsten Leerstände indes nicht in den Städten zu finden, sondern in den Agglomerationen. Die vor allem auf Leerstände zurückzuführenden Mietertragsausfälle bewegen sich bei Einstellplätzen ausserhalb der Grosszentren im zweistelligen Prozentbereich. In den Grosszentren sorgt die Nachfrage der Arbeitspendler nach Parkplätzen für etwas tiefere Quoten. Umgerechnet auf die gesamten Mieterträge, entgeht den Vermietern durch leer stehende Parkplätze im Durchschnitt zwar lediglich ein Anteil von 0.6% des Gesamtertrags. Doch in Zeiten wachsender Wohnungsleerstände, stagnierender Mietpreisentwicklung und tiefer Nettorenditen sind auch solche Ertragsausfälle schmerzhaft. Für Bauherren dürfte die Minimierung der zu erstellenden Parkplätze in vielen Fällen die beste Strategie sein. Die Gemeinden verfügen diesbezüglich über einigen Spielraum. Diesen gilt es zu nutzen, zumal in Zukunft autonome Fahrzeuge den Parkplatzbedarf nochmals gründlich verändern dürften.
Erholung konsolidiert sich
Trotz robuster Arbeitsmarktlage dürften das Beschäftigungswachstum und folglich auch die Zusatznachfrage nach Büroflächen im Verlauf des Jahres nachlassen. Weil auch das Volumen der geplanten Büroflächen in der Mehrheit der Gross- und Mittelzentren rückläufig ist, wird sich die Erholung der Büromärkte trotz schwächerer Nachfrage voraussichtlich fortsetzen – insbesondere in den Deutschschweizer Grosszentren. Allerdings wird sich das Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie der Büroflächenmärkte sowohl in Bezug auf die Leerstände als auch die Mietpreisniveaus akzentuieren. Denn trotz der Nachfragebelebung hat das ausgeschriebene Angebot an Büroflächen schweizweit erneut leicht zugenommen. Der Büromarkt zeigt daher zwei Gesichter: In den Innenstädten werden Büroflächen stellenweise knapp, aber an den Rändern der Büromärkte steigen die Flächenangebote weiter. Weil in den Westschweizer Grosszentren gleichzeitig auch noch viel gebaut wird, stechen Genf und Lausanne mit stark expandierenden Flächenangeboten hervor. Diese beiden Westschweizer Büromärkte weisen inzwischen auch die höchsten Angebotsquoten auf. Während in Lausanne die Nachfrage jedoch relativ intakt ist, fällt in Genf eine vorübergehend eher flaue Nachfrage ungünstig mit diversen Entwicklungsprojekten zusammen, die durch die Realisierung des Léman Express angestossen wurden.
Marktnische mit Potenzial
Viele angebotene Gewerbeflächen in der Schweiz haben die falsche Grösse, sind schwer zugänglich oder nicht ebenerdig. Oft ist auch der Preis schlicht zu hoch. Auf diese Marktnische sind verschiedene Anbieter aufmerksam geworden. Sie haben darauf mit einem Angebot reagiert, das ausserhalb der teuren Grosszentren einfache und kostengünstige kleine, modulare Flächen mit qualitativ guter Infrastruktur zur Miete oder zum Kauf bereitstellt. Das Konzept erlaubt es kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Privatpersonen, zu einem attraktiven Preis Eigentümer oder Mieter von kleinflächigen Gewerbehallen mit einer Grundfläche von 60 bis 65 m2 zu werden. Das Angebot solcher modularen Gewerbeboxen erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit. Ein Grund dafür ist ihre grosse Flexibilität: Die Boxen können beliebig ausgebaut und eingerichtet werden. Dank der Modullösung können bei Bedarf mehrere Einheiten zu grösseren Blocks verbunden werden. Die Nachfrage nach Gewerbeboxen ist sehr breit und vielfältig und geht weit über den Kreis traditioneller Handwerks- und Gewerbetreibender hinaus. So lassen sich die Boxen beispielsweise als künstlerische Ateliers, Grafik- oder Fotostudios, Kleinhandelsräumlichkeiten oder Beratungsbüros, Trainingsräume und Vereinslokale oder auch als Startup-Garagen nutzen. Das Konzept ist in der Westschweiz an über zwei Dutzend Standorten bereits erprobt und hat erste Ableger in der Deutschschweiz gefunden. Das Konzept dürfte – sofern es stringent durchgezogen wird – auch in der Deutschschweiz und im Tessin als interessante Nische seinen Markt finden. Es bedingt jedoch gut erreichbare Standorte mit tiefen Landpreisen und einer gewissen Mindestgrösse, um an den günstigen Quadratmeterpreisen festhalten zu können.
Retail kommt nicht vom Fleck
Die Umsätze im Detailhandel stagnieren und verlagern sich kontinuierlich in den Onlinekanal. Insbesondere der stationäre Bekleidungshandel leidet stark und hat in den letzten fünf Jahren einen Viertel seines Umsatzes verloren. Weiteres Wachstum im Onlinehandel ist programmiert – allein schon aufgrund demografischer Veränderungen. Der stationäre Handel bleibt daher unter Druck und muss Flächen reduzieren. Leidtragende des Strukturwandels sind vor allem die Flächenanbieter. In Grossbritannien sind schmerzhafte Abschreibungen auf Immobilienwerten bereits an der Tagesordnung. Die Gesundschrumpfung ist auch in der Schweiz im Gange. Umnutzungen und Mietpreisrückgänge prägen das Bild.
High Noon on High Streets?
Die Parademeilen des Schweizer Detailhandels spüren den Strukturwandel ebenfalls. Doch im Unterschied zum Gesamtmarkt verfügen die Top-Einkaufsmeilen der Grossstädte über gewichtige Alleinstellungsmerkmale. Ihre einzigartigen Lagequalitäten sichern ihnen hohe Frequenzen und hohe Visibilität. Letzteres ist für die Detailhändler und die Hersteller von Markenprodukten von zentraler Bedeutung. Läden an den Top-Einkaufsstrassen können den veränderten Anforderungen an den stationären Handel gerecht werden und dürfen mittelfristig wieder mit einer anziehenden Mieternachfrage rechnen. Shopping wird in Zukunft vor allem an den wenigen Top-Einkaufsmeilen stattfinden – allerdings in kleineren Läden als heute und mit einem vielfältigeren Mietermix.
Deutscher Büromarkt mit Momentum
Trotz vergleichbarer Eigenschaften bieten Immobilienanlagen in Deutschland eine gute Diversifikation zu Schweizer Immobilien. Weil der Zyklus des deutschen Büromarktes relativ zur Schweiz verschoben ist, resultieren erstaunlich tiefe Korrelationen zwischen diesen beiden Märkten. Dank einer geringen Flächenausweitung sinken die Leerstände in den deutschen Top-7-Städten, und die Mieten befinden sich in einem stabilen Aufwärtstrend. Die gegenwärtige Konjunkturdelle erweist sich zudem als zu wenig ausgeprägt, um den Trend zu höheren Nettoerträgen zu brechen. Auch wenn die Nettorenditen an den Prime-Standorten bereits recht tief scheinen, liegen sie dennoch rund 70 Basispunkte über denjenigen in Zürich. Das Momentum ist daher günstig und lässt weitere Jahre mit überdurchschnittlichen Renditen erwarten.
Sicherheit hat ihren Preis
Die Anleger rechnen nicht mit einem baldigen Ende des Negativzinsumfelds. Indirekte Immobilienanlagen bleiben folglich im Fokus der Anleger, die Investments mit überschaubaren Risiken suchen. Die Ausschüttungsrenditen der Immobilienfonds sind zwar infolge der hohen Preise und des Drucks auf die Mieterträge rückläufig, die Renditeprämien relativ zu 10-jährigen Staatsanleihen liegen mit 290 Basispunkten aber noch immer weit über dem langfristigen Durchschnitt. Die rückläufigen Mieterträge werden ausserdem durch steigende Nettoinventarwerte kompensiert. Selbst bei leichten Anstiegen der Langfristzinsen dürften diese Aufwertungsgewinne noch einige Zeit anhalten. Grund dafür ist die Trägheit, mit welcher die für die Liegenschaftsbewertungen relevanten Diskontierungssätze auf Zinsveränderungen reagieren.
Mittelzentren: Mehr als Mittelmass?
In einem Umfeld mit zunehmenden Überangebotstendenzen auf dem Mietermarkt sind ertragssichere Immobilienanlagen gefragt. Mittelzentren können hierbei eine attraktive Alternative zu Investitionen im hart umkämpften Markt der Grosszentren bieten. Einige von ihnen weisen hinsichtlich Standortqualität und Mieten ein mit den Grosszentren vergleichbares Profil auf, andere offerieren interessantes Wachstumspotenzial bei den Mieterträgen.
Die vollständige Studie der CS kann hier heruntergeladen werden.
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