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9/11 gibt es auch in der Ostschweiz

Die Ereignisse haben sich fernab über dem Atlantik abgespielt. Aber der Jahrestag von 9/11 hat mal wieder bewusst gemacht: Auch hier haben die Terrorakte Spuren hinterlassen. Vor allem bei durchgedrehten Verschwörungstheoretikern.

Stefan Millius am 11. September 2018

«9/11 war ein Insidejob!» Solche und ähnliche Kommentare finden sich in der Zeit um den 17. Jahrestag der Terroranschläge in den USA in den sozialen Medien zuhauf. Hobbykriminologen wollen herausgefunden haben, dass alles ganz anders war. In ihrer Vorstellung haben die USA selbst das Wahrzeichen von New York in Schutt und Asche gesetzt, um einen Krieg anzetteln zu können.

Dass diese Idee jedem gesunden Menschenverstand widerspricht, spielt keine Rolle. Wer sich nicht mit der «offiziellen Version» zufrieden geben will, hat keine Probleme, sich eine Verschwörung zusammenzufantasieren, an der tausende von Menschen beteiligt gewesen sein müssten, die bis heute eisern schweigen. Und das in Zeiten, in denen jeder noch so kleine Zwischenfall sofort zu den Medien dringt.

Die Medien sind zugleich Teil des Problems, jedenfalls die inoffiziellen. Mit etwas Begabung und einigen kostenlos erhältlichen Programmen kann heute jeder 15-Jährige ein YouTube-Video zusammenschustern, das zeigt, «wie es wirklich war». Details der Ereignisse werden hinterfragt, und es nützt gar nichts, wenn Experten postwendend Erklärungen beisteuern. Schliesslich will man nicht wissen, sondern zweifeln.

Auch in der Ostschweiz tummeln sich viele 9/11-Zweifler. Ihnen allen ist gemeinsam, dass jeder, der die offiziellen Untersuchungsberichte akzeptiert, ein naiver Narr ist, der den Behörden auf den Leim geht. Früher war das Problem, dass vieles zu schnell akzeptiert wurde, was die «Obrigkeit» verkündete. Heute haben wir das umgekehrte Problem: Man glaubt lieber jedem noch so windigen Fantasten als dem Staat.

Leute, die von einem «Inside Job» ausgehen, gehören oft zu anderen spannenden Fraktionen wie Impfgegner, der «Flat Earth»-Bewegung und anderen mehr. Für sie gilt nur eine Regel: Dreh das, was offiziell verkündet wird, um 180 Grad, und du hast die Wahrheit. Dass das absurd ist, muss man eigentlich nicht erläutern. Aber in Zeiten, in denen jeder, der schlecht geschlafen oder seine Medikamente nicht genommen hat, eine neue Wahrheit via Twitter weltweit verbreiten kann, wird es vermutlich nur noch schlimmer.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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