Die Welt ist instabil, Veränderungen jagen sich, nichts ist mehr wie früher. Mit einer grossen Ausnahme: Dem Weihnachtsbaum auf dem St.Galler Klosterplatz. Eine Übung, die jedes Jahr aussieht wie im Jahr davor - aber offenbar elektrisiert es dennoch die Massen.
Jahr für Jahr für Jahr werden wir bereits im frühen November daran erinnert, dass bald Weihnachten ist. Dann, wenn angekündigt wird, dass bald ein Baum angeflogen kommt. Landen tut er auf dem St.Galler Klosterplatz, wo er ab dem 1. Advent weihnachtlich beleuchtet erstrahlt.
Aber das ist eigentlich die Nebensache. Viel wichtiger ist, was davor geschieht. Denn das wird breit kommuniziert. Wann kommt der Baum? Von wo stammt er? Wie sind seine Dimensionen? Welche Flugroute nimmt er? Das alles wird grosszügig mitgeteilt.
Es ist eine Art «Dinner for one» für St.Gallen. Jeder weiss im Voraus genau, was passiert, aber man schaut dennoch hin. Und liest ebenfalls alljährlich Leserbriefe von Leuten, die es tragisch finden, dass so eine stolze Tanne ihr Leben lassen musste. Und die Einsendungen von anderen, die die Tradition verteidigen.
Eine gute Sache hat das Ganze. Man wird sanft daran erinnert, dass man den Adventskalender für die Kinder kaufen müsste. Und die Weihnachtsgeschenke vorbestellen. Und die Neujahrskarten vorschreiben. Und alle die Dinge, die erledigt sein müssen, bevor der Baum 2021 wieder anfliegt.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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