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Innerrhoden in der Sackgasse

Die Innerrhoder Standeskommission will an einem Spitalneubau festhalten. Die Argumente dafür liegen in der Zukunft: Man hofft, die derzeit ungemütliche Lage im Spitalwesen werde sich innerhalb weniger Monate verbessern. Es wäre dem Kanton ja durchaus zu gönnen. Aber wahrscheinlich ist es nicht.

Stefan Millius am 11. Februar 2020

Es ist eine schwierige Situation für die Standeskommission. Sie hat an der Landsgemeinde 2018 einen Auftrag erhalten: Einen Neubau für ein Spital beziehungsweise ein Ambulantes Versorgungszentrum Plus, kurz AVZ+, zu planen und zu erstellen. In diesen zwei Jahren gerieten links und rechts von Innerrhoden immer mehr Spitäler in anderen Kantonen in Schieflage, und auch die Betriebszahlen in Appenzell sehen immer schlechter aus. Jetzt einen Neubau zu realisieren, scheint vielen Beobachtern widersinnig und falsch. Die Regierung könnte sich auf die veränderten Rahmenbedingungen berufen, will aber das Projekt nicht ohne einen erneuten Landsgemeindebeschluss stoppen - auch wenn sie könnte. Gelebte Demokratie sozusagen.

Mitleid haben muss man mit der Standeskommission dennoch nicht. Denn die Mehrheit vor zwei Jahren zum AVZ+ war das Ergebnis einer massiven Überzeugungsarbeit durch die Regierung, die an der Landsgemeinde selbst noch weitergezogen wurde, als Kritik und mahnende Stimmen laut wurden. Die Regierung wollte dieses Projekt, jetzt hat sie es.

Gewisse Kooperationen mit dem Spitalverbund in Appenzell Ausserrhoden und das Prinzip Hoffnung sind nun alles, was dem Spital Appenzell bleibt. Bis im Herbst müssen die Zahlen besser werden, ansonsten kommt die Standeskommission wohl definitiv nicht um einen Stopp herum. Ein bisschen mehr als ein halbes Jahr. In dieser kurzen Zeitspanne müssten wohl allgemeine Trends wie die zu ambulanten statt stationären Aufenthalten auf wundersame Weise umgedreht werden. Trends übrigens, die vor zwei Jahren bereits bekannt waren.

Die Standeskommission setzt auf eine Beobachtung der Lage in den nächsten Monaten. Da stellt sich die Frage, ob eine solche Beobachtung vor der Landsgemeinde 2018 nicht sinnvoller gewesen wäre. Sie hätte wohl aufgezeigt, dass ein Alleingang in dieser Form keine Zukunft hat.

Die Innerrhoder wollen auch im Gesundheitsbereich souverän sein, das gab den Ausschlag für die Ja-Mehrheit. Aber Souveränität hat ihren Preis. Der Betrieb des AVZ+ würde nach aktuellen Prognosen sehr viel teurer sein als damals angenommen. Es müsste sich schon sehr viel tun, damit es anders kommt. Die Standeskommission findet, die Mehrkosten seien für den Moment akzeptabel, deshalb wird weiter geplant. Aber der Blick in die Nachbarschaft zeigt: Die Löcher im Spitalwesen haben eine starke Tendenz, immer grösser zu werden.

Und akzeptabel ist mit Blick auf Steuergelder ohnehin immer nur das, was langfristig Sinn macht.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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