Die St.Galler FDP stellt schon mal den Sekt kühl. Sie wird wohl bald eine Bundesrätin zu feiern haben. Damit geht aber die eigentliche Arbeit für die Freisinnigen erst richtig los.
Seit Karin Keller-Sutter am 9. Oktober ihren Entscheid bekannt gegeben hat, erneut für den Bundesrat zu kandidieren, ist die FDP des Kantons St.Gallen in bester Laune.
Logisch: Sie hat eine Anwärterin auf das hohe Amt, die als haushohe Favoritin gilt – und das schon seit Monaten oder gar Jahren. Da kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen.
Karin Keller-Sutter hat in der Vergangenheit alles richtig gemacht. Ihr Weg in den Bundesrat könnte – abgesehen vom Schneider-Ammann-Missgeschick – als lehrbuchmässig bezeichnet werden.
Selbst wenn man sie beim Wochenendeinkauf angetroffen hat – man selbst in alten Hosen und verwaschenem T-Shirt –, bekam man den Eindruck, diese Frau könnte in einer halben Stunde wohl gerade vor einem Heer von Medienvertretern ein Treffen mit den Polit-Spitzen der ganzen Welt haben.
KKS ist für die FDP damit ein Segen – und ein Fluch.
Mit ihrer Wahl in den Bundesrat hinterlässt sie eine deutliche Lücke. Die Wahl könnte zu einer Kettenreaktion mit unschönem Ausgang für die Freisinnigen werden.
Als erstes gilt es den FDP-Ständeratssitz zu halten. FDP-Nationalrat Marcel Dobler wäre ein möglicher Kandidat. FDP-Politiker Marc Mächler hätte das Format, dürfte sich aber kaum zur Verfügung stellen, da er erst im April 2016 in den St.Galler Regierungsrat gewählt wurde.
Die Ständerats-Ersatzwahlen haben in der Folge allenfalls eine Auswirkung auf die Nationalratswahlen im Herbst 2019. Zwei Sitze muss die FDP verteidigen – einen dritten würde sie gerne gewinnen (typische Wahlkampf-Ansage).
Der langjährige Nationalrat Walter Müller tritt nicht mehr an. Anwalt Walter Locher, als HEV-Präsident ein grosser Stimmenfänger, wird ebenfalls nicht mehr kandidieren. Und auch Imelda Stadler hat bekannt gegeben, dass sie nicht mehr antritt.
Auf der FDP-Liste wird man also viele Namen finden, die in der breiten Bevölkerung noch keine grosse Bekanntheit haben.
Der Spätherbst 2018 wird für die FDP zur grossen Party, der Herbst 2019 könnte von Katerstimmung geprägt sein.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Co-Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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