Egal, was in der Wohnung kaputt geht: ER ist unsere dauerhafte Ansprechperson, in die wir die Hoffnung auf eine schnelle Lösung unseres Problems legen.
Doch er hat etwas Göttliches: Man ahnt, dass es ihn geben könnte, er gibt auch hie und da ein Zeichen, doch wirklich sieht man ihn nie.
Er vollbringt auch Wunder, indem er kleine Reparaturen tatsächlich durchführen lässt.
Früher hiess es mal ‚Verwalter‘, das konnte man noch verstehen. Heute ‚bewirtschaftet‘ er uns – welch ein Niedergang der Berufsbezeichnung. Er hat sein Metier von Grund auf gelernt, vermutet man nicht mehr, wenn man seine Mitteilungen liest, die alle zu egal welchem Problem gleich aussehen:
«Wir haben Ihr Problem erfasst und werden uns darum kümmern.»
Rückfrage nach einem Monat: «Wir haben Ihr Problem intern weitergeleitet.»
Nach dem nächsten Monat: «Wir bitten Sie um Geduld!»
Es folgen: «Ihr Problem lässt sich nicht so schnell lösen, wir kümmern uns darum.» – «Ein Mitarbeiter wird Sie kontaktieren.» – «Leider sind unsere Mitarbeiter zurzeit überlastet, wir bitten Sie um Geduld!»
Eine neue Variante, die alles entschuldigen soll: «Corona-bedingt …» Da muss man ja Verständnis aufbringen, wenn alle todsterbenskrank sind.
Dennoch muss der angestellte Bewirtschafter unser Mitleid bekommen, denn er ist das Opfer gewinnsüchtiger Manager. Er kann beim besten Willen nicht die ihm zugewiesenen Massen von Immobilien verwalten. Ausserdem hat er keine Ausbildung, er ist Quereinsteiger aus allen denkbaren Berufen. «Bewirtschafter» ist kein Beruf, es ist eine willkürliche Phantasie von Abzockern, die Mieter als Ware sehen. Es gibt höchstens Weiterbildungskurse, die der Bewirtschafter selbst berappen muss. Wer zahlt schon einen fünfstelligen Betrag, wenn er sich jetzt schon mit dieser Schein-Berufsbezeichnung schmücken darf?
Auf den Homepages der Bewirtschaftungs-Firmen hört sich die Realität so an:
«Wir bieten höchste Qualität und Sicherheit.» Im Verzögern?
«Wir haben ein ganzheitliches Knowhow.» Im Vertrösten?
Und die Weissagung meiner Firma, nachdem nach 6 (in Worten: sechs) Jahren Versprechungen, selbst von höchster Ebene, immer noch nichts geschieht, damit kein Wasser mehr in die Tiefgarage fliesst:
«Tauchen Sie ein in unsere Welt!»
Wir haben diesen Rat befolgt:
Unsere Kinder spielen jetzt mit ihren Entlein im dreckigen, immer mehr werdenden braunen Abflusswasser.
Das ist echtes Knowhow.
Wolf Buchinger (*1943) studierte an der Universität Saarbrücken Germanistik und Geografie. Er arbeitete 25 Jahre als Sekundarlehrer in St. Gallen und im Pestalozzidorf Trogen. Seit 1994 ist er als Coach und Kommunikationstrainer im Management tätig. Sein literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, Gedichte, Romane, Fachbücher und Theaterstücke. Er wohnt in Erlen (TG).
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