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Zeyer

Bussen und Strafen

Die beiden Schweizer Grossbanken und ihre Rechtshändel: Eine ewige Geschichte.

«Die Ostschweiz» Archiv am 08. Oktober 2018

Eigentlich ist es wie im Fussball, nur anders. Bei den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse gilt: Nach der Busse ist vor der Busse. 

Diese Woche beginnt in Frankreich ein Prozess gegen die UBS. Es geht wieder einmal um den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die UBS musste bereits eine Rekordkaution von 1,1 Milliarden leisten. Sie kam im Steuerstreit mit den USA vergleichsweise glimpflich davon, dort musste sie «nur» 780 Millionen Dollar zahlen.

Frankreich kann teurer werden, Fachleute rechnen mit einer Busse von bis zu 5 Milliarden Euro. Billiger war Deutschland, dort legte die UBS mit einer Zahlung von 300 Millionen Euro den Steuerstreit bei.

Die UBS schaffte es beinahe im Alleingang, ausgerechnet als Bank das Schweizer Bankgeheimnis zu schleifen. Nachdem sie vom Schweizer Staat vor dem Abgrund in der Finanzkrise gerettet worden war, geriet sie ins Feuer der US-Behörden, die dank dem Whistleblower Bradley Birkenfeld genügend Munition hatten, um die Bank mit ihrem Untergang zu bedrohen. Der wurde abgewendet, indem die Schweizer Regierung mit Notrecht die Auslieferung von US-Kundendaten der UBS anordnete. Bankgeheimnis ade.

Die Credit Suisse musste im Steuerstreit mit den USA die Rekordbusse von 2,6 Milliarden Dollar zahlen. Aktuell steht sie in den USA wegen eines alten Skandals vor Gericht. Im Jahr 2001 brach der Energiekonzern Enron zusammen, nachdem er jahrelang seine Bücher frisiert hatte.

Die CS war laut Aussagen des ehemaligen Finanzchefs von Enron eine der wichtigsten Banken des Konzerns. Investoren werfen der CS vor, sie habe dem Unternehmen bei seinen Betrügereien geholfen und von den kriminellen Machenschaften gewusst. Die CS bestreitet, hat aber inzwischen die zweite Niederlage vor Gericht erlitten. Zunächst wollte sie die Schadenersatzforderung gegen sie abweisen lassen, vergeblich. Nun scheiterte sie mit ihrer Forderung, dass der Fall nicht von einer Jury entschieden werden sollte.

Der auf seinem Sessel klebende aktuelle Verwaltungsratspräsident der CS dürfte diesen Fall aufmerksam verfolgen. Den Urs Rohner war damals Chefjurist der CS und wehrte sich gegen erste Sammelklagen. Damit begann sein interner Aufstieg, der ihn nach oben in den Chefsessel der Bank führte, während der Aktienkurs nach unten ging.

Nach der Busse ist vor der Busse. Denn neben den USA, Deutschland und Frankreich haben auch Italien, Spanien, Brasilien, selbst Indien und Russland Begehrlichkeiten angemeldet, was die Beihilfe zur Steuerhinterziehung von Schweizer Banken betrifft. Und seit die Schweizer Regierung gegenüber den USA einknickte und unsere Rechtssouveränität aufgab, ist eine Bresche geschlagen, durch die beliebig viele Staaten marschieren können.

Denn was immer man auch vom Bankgeheimnis halten mag, das theoretisch sogar heute noch gilt: In der Schweiz war und ist es legal, den steuerlichen Zustand angebotener Gelder nicht zu überprüfen. Aber mit dem gerade in Kraft getretenen Automatischen Informationsaustausch (AIA) informiert die Schweiz 31 Länder über Guthaben ihrer Steuerpflichtigen in der Schweiz. Dafür wurden Informationen zu rund 2 Millionen Konten versandt.

Innerhalb der Schweiz wird der Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug geschleift, indem Steuerhinterziehung zu einer Vortat zur Geldwäsche gemacht wird. Und Geldwäsche ist, im Gegensatz zu Steuerhinterziehung, ein Straftatbestand. Dann ist auch Beihilfe strafbar.

Recht geschieht es den Steuerhinterziehern? Sicher, das mag so sein. Aber wenn bei deren Verfolgung der Rechtsstaat Schweiz beschädigt wird, ist ein wichtigeres Gut lädiert als es die Herstellung von Steuergerechtigkeit darstellt. Und Schweizer Finanzhäuser werden weiter bluten, obwohl sie in der Vergangenheit gegen keinerlei Schweizer Gesetze oder Regeln verstiessen.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
«Die Ostschweiz» Archiv

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