Das Toggenburg ist in der Spitaldebatte ein Ausnahmefall.
Als Präsident des Ärztevereins der Stadt St.Gallen und Vorstandsmitglied der Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen beobachte ich die Spitaldebatte besonders interessiert. Was sich da für das Toggenburg abzeichnet, erfüllt mich mit grosser Sorge.
Es ist klar: Die Spitalkapazitäten im Kanton St.Gallen sind zu gross. Das Spital Wattwil zu schliessen, wäre jedoch ein klarer Fehlentscheid. Die Situation des Toggenburgs ist speziell. Die Region kämpft mit einem Strukturwandel wie keine andere Region im Kanton. Die Gesundheitsversorgung im Toggenburg nimmt schon heute zunehmend ab. Ohne Spital würde sich der Ärztemangel noch verstärken. Es würden sich noch weniger Grundversorgerinnen und Spezialisten in der Region niederlassen. Wer wird so den Notfalldienst in abgelegenen Winkeln des Toggenburgs noch übernehmen?
Der Toggenburger Ärzteverein (TÄV) betont seit Monaten, dass seine Hausärztinnen und -ärzte die medizinische Grund- und Notfallversorgung bereits heute nur dank enger Zusammenarbeit mit dem Spital Wattwil gewährleisten können. Ohne Spital sieht er sich ausserstande, die Verantwortung für die medizinische Versorgung der Region weiter mitzutragen. Die Rechnung ist einfach: Heute praktizieren im Einzugsgebiet des TÄV mit rund 37'000 Einwohner/innen noch 28 Hausärzt/innen, die jünger sind als 65. Das ergibt also rund 1'300 Personen pro Hausarzt (ohne Tourist/innen). In wenigen Jahren werden es ohne Nachwuchs noch 10 Ärzt/innen sein. Jede/r soll dann also ohne Spital 3'700 Einwohner/innen betreuen. Zum Vergleich: Bei uns in der Stadt sind es keine 1'000.
Diese Problematik stellt sich bei keinem der anderen Spitäler, die geschlossen werden sollen. Sie liegen alle in der Nähe von Zentrumsspitälern. Ich appelliere an die Mitglieder des Kantonsrates: Die Pflicht zur Gesundheitsversorgung des Kantons ist in der Verfassung verankert und gilt für die ganze Bevölkerung – sie hört nicht an den Grenzen zum Toggenburg auf!
Dr. med. Robert Schönenberger leitet die gynäkologisch-geburtshilfliche Praxis in St. Gallen und das Institut für Reproduktionsmedizin in Niederuzwil. Er ist zudem Präsident des Ärztevereins der Stadt St.Gallen und Vorstandsmitglied der Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen.
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