Bei einer vergleichsweise sehr hohen Stimmbeteiligung von nahezu 60% hat das Schweizer Stimmvolk die Begrenzungsinitiative der SVP mit 61.71% der Stimmen abgelehnt.
Die Volksinitiative unserer Partei forderte eigenständige Zuwanderungsregelungen für Ausländerinnen und Ausländer in die Schweiz. Was Neuverhandlungen mit der Europäischen Union betreffend der Personenfreizügigkeit bedingt hätte. Nach dem Nein an der Urne war das Freudengeheul der Gegnerinnen und Gegner der Initiative hüben wie drüben unüberhörbar gross. «Denen von der SVP haben wir‘s mal wieder gezeigt. Jetzt ist der Weg für das Rahmenabkommen mit der EU frei.»
Wirklich?
Mit etwas Distanz und bei näherer Betrachtung ist das Ergebnis alles andere als schlecht. Die SVP Schweiz hatte bei den letzten Eidgenössischen Wahlen 2019 einen Wähleranteil von 25,6%. Der Volksinitiative haben jedoch fast 40% genau genommen 38.29% oder 1'233'953 Menschen zugestimmt. Dies, obwohl die SVP alleine auf weiter Flur gegen alle anzukämpfen hatte.
Nicht nur gegen alle anderen Parteien, nein, auch gegen den Bundesrat, alle Verbände, Gewerkschaften und Institutionen in diesem Land. Vor diesem Hintergrund ist dieses Ergebnis zur Begrenzungsinitiative keine Niederlage, sondern ein klarer Wink, dass ein Rahmenabkommen mit der Europäischen Union in unserem Land chancenlos ist.
Das Rahmenabkommen will künftig neues EU-Recht bei Abkommen über den Zugang zum europäischen Markt dynamisch (sozusagen automatisch) auch für die Schweiz als verbindlich erklären. Akzeptiert die Schweiz die automatische Rechtsübernahme nicht, so soll ein Streitbeilegungsverfahren eingeleitet werden, bei dem die Schweiz in letzter Konsequenz vom EU-Gerichtshof mit Strafen und Sanktionen belegt werden kann.
Kurz zusammengefasst: Fremdes Recht und fremde Richter. Schlimmer geht nimmer, da wäre auch ein EU-Beitritt nicht viel schlimmer.
Doch der Wiederstand wächst. Mittepolitiker sehen das Abkommen als Todgeburt. Alt Bundesrat Johann Schneider Ammann von der FDP warnt vor grossem Souveränitätsverlust. Gewerkschaften sehen die Felle betreffend flankierender Massnahmen davonschwimmen. Unzählige Organisationen sehen unser Selbstbestimmungsrecht in Gefahr. Und damit das schweizerische Selbstverständnis. Unsere Demokratie steht auf dem Prüfstand.
Wenn schon die Begrenzungsinitiative fast 40% aller Schweizerinnen und Schweizer für sich gewinnen konnte, so wird das Rahmenabkommen mit der EU niemals eine Mehrheit finden. Es gibt nur eine ernsthafte Option: Abbruch der Übung. Es geht auch ohne ein institutionelles Rahmenabkommen.
SVP-Politikerin Esther Friedli (*1977) ist seit Dezember 2019 Mitglied des Nationalrats. Die gelernte Gastronomin ist Geschäftsführerin der Landgasthaus Sonne Wintersberg GmbH und Beraterin für politische Kommunikation. Sie wohnt in Ebnat-Kappel.
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