Auslandschweizer haben es nicht leicht. Ein Schweizer Bankkonto ist ein sehr teurer Spass, Doppelbürger werden zusätzlich kujoniert.
Die Schweiz anerkennt Doppelbürgerschaften. Schweizer Bürger können und dürfen also legal und offiziell auch einen zweiten Pass halten. Das macht in einigen Ländern der Welt auch viel Sinn. Weil dort irdische Besitztümer wie Immobilien an den Besitz eines nationalen Passes geknüpft sind. Wenn zudem nach Landesrecht keine doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt ist, die Kenntnis von einer zweiten den Besitz der ersten verfallen lassen würde, ist es sinnvoll, den Schweizerpass nicht zu verwenden.
Wie löst man dann Passangelegenheiten bei einer Reise in die Schweiz? Logischerweise wurde da dem Schweizerbürger ohne viel Federlesens ein Visum in seinem Zweitpass ausgestellt, denn als Besitzer eines eidgenössischen Passes kann ihm ja schlecht die Einreise in sein Heimatland verweigert werden.
Oder doch. Ein Sesselfurzer in Bern kam auf die glorreiche Idee, dass diese bewährte Praxis neuerdings «sich mit dem Rechtsverständnis der Eidgenossenschaft nicht vereinbaren lässt». Daher hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) eine «Weisung» erlassen. In ihr untersagt das SEM den Auslandvertretungen, in diesen Fällen ein Visum zu erteilen. Gleichzeitig räumt das SEM den Schweizer Doppelbürgern grosszügig die Möglichkeit ein, als «Gesuchsteller achtenswerte Gründe vorzubringen». Diese darf dann die Schweizer Botschaft «entgegennehmen und dem SEM zum Entscheid unterbreiten». Wobei gleich eingeschränkt wird, dass zu diesen Gründen «Vermögenswerte wie Immobilien behalten zu können oder das Risiko, eine Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen», ausdrücklich nicht gehören.
«Rechtsabklärungen» hätten ergeben, fährt das SEM fort, dass die vormals übliche Praxis der Erteilung von Visa neuerdings mit «Treu und Glauben» nicht mehr vereinbar seien. In bester Beamtenlogik wird abschliessend dekretiert: «Allein die Tatsache, dass die Schweiz Doppelbürgerschaften anerkennt, bedeutet nicht, dass sie verpflichtet ist, Doppelbürgern ein Visum in den ausländischen Pass zu erteilen.»
Mit anderen Worten: Eine Schweizer Behörde beschliesst eigenmächtig, in Abänderung der bisherigen Praxis, Schweizer Bürger zu Gesuchstellern herabzuwürdigen, die zudem «achtenswerte Gründe» anzugeben haben, damit sie unter Benutzung eines legalen Zweitpasses ihre Heimat besuchen können. Wobei zudem selbstherrlich verfügt wird, dass der Verlust von Hab und Gut oder des zweiten Passes nicht darunter fällt. Was dann? Nun, «strafrechtliche Sanktionen oder schwerer Schaden» könnte das SEM akzeptieren; wobei es schleierhaft bleibt, wieso beispielsweise der Verlust der Staatsbürgerschaft oder eines Hauses kein schwerer Schaden wäre.
Das SEM hat hier ein selbstherrliches Eigenleben entwickelt, das dringend eingedämmt werden müsste. Denn ähnlichen Schikanen sehen sich Schweizer ausgesetzt, die einen ausländischen Besucher einladen wollen. Selbst wenn sie dafür eine Kostenübernahme garantieren, die dazu nötigen finanziellen Mittel nachweisen, eine Krankenversicherung für die Besuchsdauer abschliessen und auch schriftlich garantieren, dass der Besucher ordnungsgemäss wieder ausreisen wird, kommt es immer wieder vor, dass die Erteilung eines Visums verweigert wird; wer dagegen beim SEM Beschwerde einlegt, wird routinemässig mit aus Textbausteinen zusammengesetzten Begründungen abgeschmettert. Wofür dann zusätzlich noch 200 Franken Gebühr fällig werden.
Die kafkaeske Logik, die hier angewendet wird, besteht darin, dass dem Schweizer Gesuchsteller mitgeteilt wird, dass der Besucher nicht ausreichend glaubhaft machen konnte, dass er vor Ablauf seines Visums die Schweiz auch wieder verlassen wird. Den Beweis dafür kann der Besucher aber logischerweise nur antreten, wenn er zuvor einreiste. Und eben diese Einreise wird ihm verwehrt. Der Schweizer kann zwar schriftlich seine Verantwortlichkeit für die Ausreise deklarieren, aber auch das glaubt ihm seine eigene Staatsbehörde nicht.
Selbstverständlich ist es begrüssenswert, dass sich staatliche Behörden darum bemühen, den illegalen Verbleib von Ausländern in der Schweiz möglichst zu verhindern. Ob die Diskriminierung von Schweizern mit legaler Doppelbürgerschaft oder das Misstrauen gegenüber Schweizern, die gerne einer ausländischen Bekanntschaft ihr Land zeigen wollen und gegenüber den Behörden alle nötigen Garantien übernehmen, sinnvolle Massnahmen sind, ist nun aber doch sehr fraglich.
Beides riecht streng nach Behördenwillkür. Und nach Entmündigung des mündigen Staatsbürgers. Die Behörde behauptet im Fall der Visumsverweigerung, besser als der Bürger zu wissen, ob sich der ausländische Besucher an alle Vorschriften halten wird. Also muss der mündige und Verantwortung übernehmende Schweizer sozusagen vor sich selbst geschützt werden. Und besitzt er einen zweiten Pass, was er darf und was in vielen Ländern der Welt im Zusammenhang mit Besitz obligatorisch ist, wird ihm plötzlich per Weisung die Benützung dieses Passes für einen Besuch seiner Heimat verwehrt. Dazu passt auch, dass das SEM, trotz eigener Medienstelle, auf eine journalistische Anfrage nicht mal reagiert.
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