Darf Umweltschutz auch lustig sein? Und was hat ein Ostschweizer mit den «3 Fragezeichen» zu tun? Andreas Fröhlich über sein neuestes Liedermacher-Gedichtbuch «Out of Speicher».
Googelt man Ihren Namen, erscheint zugleich Ihr Namensvetter Andreas Fröhlich, der Synchronsprecher aus «Die drei Fragezeichen», aber auch John Cusack und Edward Norton leiht er seine Stimme. Wäre das auch etwas, worauf Sie Lust hätten?
Warum nicht? Obwohl: Ich schreibe eher eigene Texte, Verse und Lieder, die ich selbst vortrage, da würde mir wahrscheinlich die Zeit fehlen, auch noch Texte von anderen vorzutragen oder ihnen die Stimme zu leihen. Zudem gibt es ja schon einen Andreas Fröhlich, der das tut (lacht).
Sie sind schon lange als «Gusti Güsel» unterwegs und bringen Kindern und Jugendlichen das Thema Umweltschutz näher. Wie schmal ist die Gratwanderung, ein ernstes Thema lustig und humorvoll rüberzubringen?
Es stimmt, es ist eine Gratwanderung, denn man soll ja die Ernsthaftigkeit eines Umweltthemas nicht schönreden. Aber meiner Ansicht nach ist es oftmals mit Humor viel besser möglich, auf ein ernstes Thema hinzuweisen, es nicht nur mit dem Verstand zu verstehen, Zuschauende in ein Erlebnis eintauchen zu lassen – das habe ich bei szenischen Stadtrundgängen gelernt. Wenn «Gusti» keuchend reinkommt und sich gestützt auf die Müllzange fragt, ob er es heute wohl noch schafft, alles aufzuräumen, empfinde ich das Bild stärker, als wenn ich mit erhobenem Zeigefinger sage «Werft nichts auf den Boden». Oder wenn ich im Energieunterricht «Volare» zu «Solare - Strom spare» umtexte. Natürlich ist es eine Gratwanderung und braucht eine gute Dramaturgie: Wann löst man Betroffenheit aus, wann Gelächter? Und doch finde ich, Umweltbildung darf und soll auch Spaß machen. Insofern unterscheiden sich meine Tätigkeiten gar nicht so sehr: Immer wieder geht es darum, ein Thema ansprechend an Menschen zu bringen, ob im Schulzimmer, auf der Bühne oder im Buch.
Sie sind Autor, Liedermacher, CD-Herausbringer, Gedichtbandschreiber. Woher stammt Ihre kreative Ader?
Die kreative Ader ist sicher eine Stärke von mir. Woher sie kommt - von der kreativen Hauptschlagader des Universums? Sicher hat mich auch mein Vater, der Puppenspieler ist und Häuser umbaut, in Bezug auf künstlerischen Ausdruck beeinflusst. Inspiriert werde ich aber auch einfach vom Leben, von Wortspielchats im Duo, von Gegebenheiten, die mir ein Lächeln schenken: Wenn ich merke, dass sich «Bahnknoten» auf «Banknoten» reimt; wenn ich mir eine «Pfefferwindmühle» vorstelle oder wenn mir auffällt, dass ich bei meiner Diplomarbeit statt bei Problemen des brasilianischen Regenwaldes bei bernischen Hundehäufchen gelandet bin; von vielen solchen lustigen Dingen erzählt das Buch.
Nun kommt Ihr neuestes Projekt, ein Gedichtband. Darin gibt es eine Sammlung von Versen und Reiseerlebnissen. Wo sind Sie am liebsten unterwegs? Hier oder doch im Ausland?
Natürlich in meinem Heimatort Speicher (lacht). Nein, nicht nur. Ich bin gerne in der Schweiz und im angrenzenden Ausland unterwegs. Einerseits möchte ich aus Umweltgründen nicht immer so weit weg fliegen - andererseits faszinieren mich aber auch die Landschaften, Menschen und ihre Dialekte hier, nicht zuletzt als studierter Geograf. Ich schreibe auch gern in Mundart oder Hochdeutsch, ich könnte zum Beispiel keinen Wortspieltext auf Englisch verfassen, abgesehen von der Übersetzung meines Liedes von «Uschi mit de Wimperetuschi» in «Sarah and her mascara» liess ich die Finger davon. So spüre ich eher regionale Unterschiede auf und bin amüsiert, wenn man an einem Ort «ä biz wyt», am anderen Ort «a bissl» und am dritten Ort «a Muggesäggle» sagt. Der deutschsprachige Raum ist so wunderbar vielfältig. Auch das schimmert im Buch etwas durch.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Gedichtband zu kreieren?
Ich nahm schon als Kind in den 80er Jahren gern Verse auf Tonbandkassetten auf, schrieb Gedichte, später für den Nebelspalter. Das war eigentlich der Anfang, bevor ich bestehende Lieder umtextete für Feste, dann eigene Lieder komponierte. Dann meinte einmal die Putzfrau meiner Mutter, als ich aus meinem herumfahrenden Alltag mit Rollkoffer und Gitarre erzählte, ich sollte doch ein Buch darüber schreiben. Der Appenzeller Verlag schlug vor, persönliche Prosatexte mit meiner Gedichtesammlung zu kombinieren. Und so nahm das Buch in der «introvertierten» Coronazeit langsam Form an und ich begeisterte mich für die Idee, die LeserInnen auf unterhaltsame Weise mit Versen und Texten ein wenig auf eine Reise durch mein Leben mitzunehmen - vom Glückskäferlifliessband St. Gallen zur Latenightshow Zürich - wo ich mal im Studio übernachtete - bis zum Nachtzug nach Wien, der erstaunlicherweise in Hamburg landet… Begebenheiten zwischen Fernweh und Heimat, unterhaltsam erzählt, die auch ausserhalb von Speicher «gespeichert» bleiben.
Was davon mögen Sie am liebsten?
Ich muss sagen, seit ich sehe, wieviel Text mein Buch enthält, mag ich mittlerweile die Zeichnungen im Mittelteil ganz gut. Jedoch auch Kurzverse wie «Die neue Kundennummer, die nimmt uns nun den Kummer»; oder der Limerick über den reisenden Solothurner, der merkt, dass ihm «Biberist lieber ist»; ebenfalls Wortspiele wie «Lieber Reformhaus als Reh im Haus». Manchmal braucht es kein dreistrophiges Lied, sondern die Essenz ist ein Vierzeiler oder sogar Zweizeiler. Ich habe ein Lied übers Thema «abelade» geschrieben, bei dem mir im Nachhinein auffiel, dass der Refrain eigentlich alles aussagt: «Hütt chasch alles abelade, hütt gosch nümm in Lade-n abe - und chasch mol nüt abelade, goht Dir grad de Lade-n abe.» Viele Strophen und eine Melodie sind etwas Wunderbares, aber manchmal ist das, worum es geht, in zwei Sätzen oder fünf Worten gesagt. Ebenso gefällt mir ein Vers, bei dem ich 21 mal Worte mit der gleichen Endsilbe aufeinander reime, auch die Story von Leimer Klebokles, der Vasen, Beziehungen und Griechenland an Europa kleben könnte oder die Beobachtung zweier glatzköpfiger Männer, die sich noch immer «in den Haaren» liegen: «Seit da leider Fritzens Lego wurden ungefragt benutzt, fühlte eben Maxens Ego noch bis heut sich ausgenutzt.»
Rückblickend betrachtet: Was war die grösste Herausforderung bei der Umsetzung?
Die Zeit für die Auswahl der Gedichte und Texte habe ich unterschätzt. Gerade, da es ja kein Roman oder Krimi ist, sondern eine Sammlung von über Jahre entstandenen Kurztexten und Versen zu verschiedenen Themen, musste bei der Durchsicht meines prall gefüllten Ordners immer entschieden werden: Soll das rein oder kann das weg? Und der finanzielle Aspekt ist auch nicht ganz unbedeutend; gerade in der aktuellen Zeit kostet die Herstellung eines solchen Buches bei einem anerkannten Verlag ziemlich viel Geld. Ich habe das Glück, dass drei Stiftungen einen Unterstützungsbeitrag bezahlten - über die Hälfte zahle ich aber dennoch selbst. Darum werde ich später, entschuldigt, liebe LeserInnen, nicht so viele Bücher verschenken können.
Gibt es bereits nächste Projekte, die bei Ihnen anstehen?
Ein Kinofilm wäre noch was. Nein, Scherz! Ich bin weiterhin an der Verbindung von ernsten Themen und Unterhaltung dran, spiele an Anlässen, schreibe Lieder und mache teilweise selbst Videos dazu. Im Mai gewann ich das Aargauer Liedermacherfestival Troubadix mit einem Lied über Unverträglichkeit, deswegen «sollte» ich für dieses Lied auch mal eine Studioaufnahme haben. Im September gibt es drei öffentliche Konzerte meiner Lieder mit Band, da machen wir auch einen Büchertisch. Geschriebenes und Gesungenes können sich ergänzen. Daher würde ich nächstes Jahr sehr gern eine Verbindung machen von Liedern und Buch, ein «Liederatur-Programm» sozusagen: Eine unterhaltsame Lesung, die weder Comedy ist, noch Liedervortrag, aber durchaus mit Wortspielen, Parodie, Gesang gewürzt werden kann. Denn ich möchte keine trockene Lesung machen, das bin ich schon meinem Nachnamen schuldig. Und vielleicht lässt sich dadurch ja auch noch wenig lesendes Publikum für Bücher begeistern – wer weiss.
Buchvorstellung: 10. September, WortOrt, Verlagshaus Schwellbrunn
Bandkonzert mit Büchertisch: 30. September, KulTour Speicher
Lesung in Herisau (mit Elke Krafka): 10. November, Figurentheater Herisau
Weitere Lesungen (Läsig mit Musig) in Planung
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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