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Nationalen Aktionstage Behindertenrechte

Das Projekt «Ausrufezeichen» schafft in der Stadt St.Gallen Platz für die Gedanken, Forderungen und Kritik der Menschen mit Behinderungen

Verschiedene St.Galler Sozialorganisationen führen im Rahmen der Nationalen Aktionstage Behindertenrechte von Mai bis Juni mit Unterstützung der Stadt St.Gallen das Projekt «Ausrufezeichen» durch. Das Projekt ermöglicht Menschen mit Behinderungen, sich für eine inklusivere Gesellschaft einzusetzen.

Dzana Muminovic am 26. April 2024

Im Mai wird es zehn Jahre her sein, seitdem die Schweiz der UN-Behindertenrechtskonvention beigetreten ist. Trotzdem stossen Menschen mit Behinderungen im Alltag immer noch auf Barrieren, die ihnen die Teilhabe an der Gesellschaft erschweren. Denn obwohl allen Menschen die gleichen Rechte zustehen, fehlt es nach wie vor an wichtigen Dingen – wie zum Beispiel Rampen für Rollstuhlfahrende oder an entsprechend ausgestatteten Arbeitsplätzen.

Um darauf aufmerksam zu machen, finden von Mitte Mai bis Mitte Juni die Nationalen Aktionstage für die Rechte von Menschen mit Behinderungen statt. Mit verschiedenen Aktionen soll das Bewusstsein für sie gestärkt werden. Eine dieser Aktionen ist das Kunstprojekt «Ausrufezeichen», das von Organisationen wie Vielraum, Valida, Förderraum, GHG Sonnenhalde-Tandem, Obvita, Workaut, Procap, Pro Infirmis und der Stadt St.Gallen unterstützt wird.

«Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, was wir an den Aktionstagen Sinnvolles tun können. Dabei kamen wir auf die Idee, wie es wäre, wenn wir die ganze Werbung einfach mal zur Seite schieben und den Platz den Menschen überlassen, die uns etwas Wichtiges zu sagen haben», sagt Thomas Staroszynski vom Projektteam. Im Projekt «Ausrufezeichen» können Menschen mit Behinderungen ihre Anliegen deutlich zum Ausdruck bringen.

Ausrufezeichen

«Behinderung bedeutet in diesem Zusammenhang immer ‹Ich bin in meiner gesellschaftlichen Teilhabe behindert, weil ich anders kommuniziere, anders wahrnehme oder mich anders bewege als die Mehrheit›», erklärt Thomas Staroszynski. Aufgrund dieser Unterschiede können die Menschen oft nicht vollständig an der Gesellschaft teilhaben. «Dem versuchen wir, entgegenzuwirken, indem wir ihnen zumindest Raum zum Sprechen geben. Genau das geschieht in unseren Workshops», so Staroszynski.

Aussagen, die etwas bewegen

Wenn der Raum geschaffen ist, zieht sich das Projektteam zurück und überlässt den Menschen, die durch ihre Behinderung eingeschränkt sind, den Platz, sich frei zu äussern. Die Aussagen stammen direkt von den Teilnehmenden. Das Projektteam unterstützte gelegentlich. In drei Workshops im Atelier «Vielraum» haben 28 Menschen mit Behinderung kreative Plakate gestaltet. Von Forderungen über Wünsche bis hin zu Kritik und Gefühlen ist alles dabei. «Diese Menschen haben wirklich etwas zu sagen. Wir lernen die ganze Zeit von ihnen und erweitern unser Wissen», sagt Thomas Staroszynski.

Ausrufezeichen

Aussagen wie «Ich möchte mitbestimmen», «Woher bekomme ich verständliche Wahlunterlagen?», «Ihr könnt mich mal… mit Respekt behandeln» oder «Ich bevorzuge Briefe, die ich lesen kann», werden die Gesellschaft im kommenden Monat zum Nachdenken anregen. Ziel des Projekts ist es, die Öffentlichkeit wachzurütteln. «Diese Aussagen bewegen. Wir wollen damit den Menschen helfen, die Anliegen, Forderungen und Bedürfnisse der Betroffenen besser zu verstehen», erklärt Andrea Trunz vom Projekt «Ausrufezeichen».

Ausrufezeichen

Auf einem Plakat steht: «Ich möchte der Politik helfen». Damit ist gemeint, dass es an der Zeit ist, die Art und Weise zu ändern, wie über Menschen mit Behinderungen und ihre Anliegen gesprochen wird. «Statt nur über sie zu sprechen, müssen wir gemeinsam mit ihnen an Lösungen arbeiten. Es ergibt nur dann Sinn, Barrieren abzubauen, wenn wir uns von Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Situation beraten lassen», erklärt Thomas Staroszynski. Solche wichtigen Botschaften bringen die Teilnehmenden in einem einfachen Satz auf den Punkt.

Gross und präsent in der Stadt St.Gallen

Auf den Plakaten wird bewusst nur der Text zu lesen sein, den die Teilnehmenden geschrieben haben. Dem Projektteam ist es wichtig, dass die Aussagen, die auf den ersten Blick auch irritieren können, erst einmal gehört und wahrgenommen, bevor sie eingeordnet werden. «Menschen mit Behinderung sollen als Teil der Gesellschaft sichtbarer werden», sagt Sabine Staroszynski vom Projekt «Ausrufezeichen». Möglich wird dies durch die begleitende Pressearbeit und die Website, die über einen QR-Code auf den Plakaten aufgerufen werden kann.

Ausrufezeichen

Vom 13. Mai bis 2. Juni werden in der Stadt St. Gallen Flächen im öffentlichen Raum, die sonst für Werbung genutzt werden, für die Mitteilungen von Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stehen. «Uns war es wichtig, die Plakate dort zu platzieren, wo sie für alle sichtbar sind und nicht irgendwo versteckt auf der letzten Seite. Sie sollten gross und präsent in der Stadt gezeigt werden, ohne dass eine bestimmte Institution im Vordergrund steht», sagt Jan Edelmann vom Projektteam. Das grossformatige Design der Plakate mitten in der Stadt ermöglicht ein deutliches Statement. In lebhaften Farben und verschiedenen Schriftarten gestaltet, werden die Plakate die Aufmerksamkeit auf sich ziehen – ein Ausrufezeichen mitten in der Gesellschaft.

(Bilder: pd)

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Autor/in
Dzana Muminovic

Dzana Muminovic (1999) aus der Au hat an der Universität Zürich Kommunikationswissenschaften und Medienforschung studiert. Zurzeit absolviert sie ein Trainee-Programm bei der Galledia AG und arbeitet als Redaktorin bei «Die Ostschweiz».

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