Eine Aktion der Jungfreisinnigen der Region Rorschach könnte Folgen haben. Weil sie dazu aufriefen, mit den Wahlcouverts in ein Lokal zu kommen und dafür mit Bier belohnt zu werden, wittern die Grünen eine mögliche Wahlbestechung.
Es war eine ziemlich spezielle Aktion im laufenden Wahlkampf. Die Jungfreisinnigen im Wahlkreis Rorschach luden die Bevölkerung auf Samstag, 22. Februar in die Kornhausbräu in Rorschach ein. Wer erscheine, erhalte zwei Biere gratis. Wer ausserdem das verschlossene Wahl-Covert mitbringe und abgebe, komme in den Genuss von zwei weiteren. Damit wolle man speziell die junge Bevölkerung zum Wählen anregen, teilten sie mit.
Das entscheidende Wort war hier «verschlossen». Hätten die Jungfreisinnigen dazu aufgerufen, gegen diese Belohnung mit noch nicht ausgefüllten Stimmzetteln zu kommen, wäre der Vorwurf der Wahlbeeinflussung schnell auf dem Tisch gewesen.
Jetzt zeigt sich: Dieser Vorwurf kommt nun dennoch. Und zwar von den Grünen der Region Rorschach. Diese beziehen sich in einer Stellungnahme auf das Strafgesetzbuch. Dort stehe: «Wer Wahl- oder Stimmzettel planmässig einsammelt, wird mit reiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft». Das planmässige Einsammeln von Wahlzetteln durch private oder beteiligte Parteien öffne dem Wahlbetrug beziehungsweise dem Stimmenfang Tür und Tor, so die Grünen. Mit der Abgabe des Wahlcouverts im Rahmen einer solchen Aktion sei «überhaupt nicht mehr gewährleistet, dass die Wahlzettel unverändert im Stimmbüro ankommen.»
Man wolle den Jungfreisinnigen nicht unterstellen, dass eine Fälschungsabsicht besteht. Aber das Risiko, dass trotzdem etwas mit Dutzenden von Wahlcouverts passieren könnte, sei gross.
Von den Jungfreisinnigen fordern die Grünen, dass sie in Nachgang öffentlich transparent machen, wie viele Wahlcouverts sie erhalten haben und wie sie sichergestellt haben, dass diese ohne Manipulationen in die Stimmbüros gelangt sind. Sollte das nicht geschehen, behalte man sich vor, eine Anzeige wegen Stimmenfang einzureichen. Den Entwurf zu einer solchen Anzeige lieferten die Grünen gleich mit.
In der Tat bewegten sich die Jungfreisinnigen wohl auf sehr dünnem Eis mit ihrer Bier-Aktion. Denn auch wenn sie von verschlossenen Stimmcouverts sprachen, so wechselten diese doch die Hand. Es sei keine offizielle Urnenabgabe, man biete lediglich einen «Botenservice» für die Couverts, schreibt die Jungpartei auf Facebook. Bei diesem Botenservice ist aber nicht gewährleistet, was danach mit den Wahlcouverts passiert. So könnten sie rein theoretisch auch einfach entsorgt werden.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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