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Wahl-Nachlese

Der Wahlsonntag als Kuriositätenkabinett

Die Resultate der nationalen Wahlen sind bekannt. Neben Gewählten und Abgewählten gibt es viele kleine Geschichten zu erzählen, die sich in den langen Listen mit Namen und Zahlen verstecken. Hier eine kleine Auswahl aus dem Kanton St.Gallen

Stefan Millius am 21. Oktober 2019

Wer gewählt ist im Kanton St.Gallen: Wir wissen es seit gestern abend. Einige weitere Resultate lassen aufhorchen - oder geben Anlass zu Spekulationen für die Zukunft.

Das Frauen-Duo bei der St.Galler SP mit Barbara Gysi und Claudia Friedl hat seine Plätze locker verteidigt. Auf Platz 3, immerhin dem Ersatzplatz lauern aber nicht etwa Leute wie die Kantonsrats-Co-Fraktionspräsidentinnen Bettina Surber (Platz 4) oder Laura Bucher (Platz 6), auch nicht andere Kantonsräte wie Ruedi Blumer, Martin Sailer oder Dario Sulzer. Sondern Arber Bullakaj, der Mann aus Wil, der einen konsequenten Migrantenwahlkampf betrieben und diese Zielgruppe besonders angesprochen hat. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, was in Zukunft wichtig werden könnte?

Auf der Liste CVP Nordwest belegt Andreas Widmer, Kantonsrat aus Mühlrüti, den Platz hinter dem gewählten Nicolo Paganini. Widmer ist Geschäftsführer des St.Gallischen Bauernverbandes. Die CVP als Bauernpartei: Das alte Bild ist zurück, nachdem die SVP der CVP diese Position lange streitig gemacht hatte. Widmer werden nun aufgrund seines guten Resultats bereits weitere Ambitionen nachgesagt. Zum Beispiel ein Aufstieg auf kantonaler Ebene.

Bei der FDP St.Gallen enttäuschte dafür ein Landwirt. Der Rheintaler Stefan Britschgi kann mit dem vierten Platz hinter den beiden Gewählten Marcel Dobler und Susanne Vincenz-Stauffacher sowie hinter Karin Weigelt kaum zufrieden sein, er hatte grössere Ambitionen und hat aktiv Wahlkampf betrieben (und wohl auch Geld investiert). Und nur etwa 300 Stimmen hinter ihm lag Beat Tinner, der König der Leserbriefe: Kein anderer St.Galler Kandidat hat so viele Leute motiviert, für ihn in die Tasten zu hauen.

Ebenfalls bei der FDP kann Kantonalparteipräsident Raphael Frei kaum zufrieden sein mit seinem achten Platz. Er musste sogar den St.Galler Stadtpolitiker Oskar Seger vorbeiziehen lassen, der im letzten Moment ersatzweise auf die Liste gesetzt wurde, weil sich ein gesetzter Kandidat zurückgezogen hatte. Hinter Frei platziert ist Jigme Norbu Shitsetsang, der eine Weile lang als möglicher FDP-Regierungsratskandidat gehandelt worden war.

Bei den St.Galler Grünen erreichte Patrick Ziltener Platz 3. Der Abstand zur Gewählten Franziska Ryser und zu Yvonne Gilli auf dem ersten Ersatzplatz ist aber markant. Der Ständeratswahlkampf im Frühjahr scheint Ziltener nicht nachhaltig geholfen zu haben. Vielleicht visiert er nun den Kantonsrat an.

Einzelkämpfer Stefan Rusch kandidierte mit seiner Liste «Der Pflug». Was der Gastronom genau für politische Inhalte hat, bleibt schleierhaft, aber er überzeugte immerhin 1881 Leute damit.

Die unverwüstlichen Schweizer Demokraten wollten es auch dieses Mal wissen, und ihr ebenso unverwüstlicher Präsident Roland Uhler belegt den Spitzenplatz auf der Liste. Von einem Sitz bleiben die SD allerdings weit entfernt. Der Gossauer Taxisunternehmer Bruno «Nöggi» Egli liegt an der vierten und letzten Position.

Norbert Feldmann von der BDP wäre Nationalrat, wenn seine Partei einen Sitz geholt hätte, die gleichzeitige Ständeratskandidatur hat ihm den Spitzenrang eingetragen. Allerdings war das nicht wirklich ein Thema. BDP-Präsident Kenny Gubser musste sogar noch einen anderen Kandidaten vor sich lassen und landete auf Rang 3. Dass kaum jemand über das schlechte Abschneiden der BDP spricht, sagt wohl alles: Sie ist in der Bedeutungslosigkeit angekommen.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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