Zumindest vor 100 Jahren waren die Vorarlberger ganz wild darauf, Österreich zu verlassen und Teil der Schweiz zu werden. Über 80 Prozent von ihnen sprachen sich für den Wechsel aus. Oder zumindest dafür, Gespräche darüber zu führen. Auf Schweizer Seite, beim Bundesrat, wurde die Begeisterung nicht geteilt, es kam zu keinem näheren Austausch.

Dieses «Jubiläum» führte im Frühjahr zu einigen Medienberichten, die auch Martin Sailer in die Hände fielen. Der Kulturunternehmer und SP-Kantonsrat aus Wildhaus-Alt St.Johann war sofort elektrisiert. «Ich fand diese Idee spannend, auch wenn es 100 Jahre her war», so Sailer. Er recherchierte und fand heraus, dass es um Umfragen in Vorarlberg aus jüngerer Zeit gibt, in der sich nach wie vor Mehrheiten für den Wechsel zur Schweiz aussprachen, wenn auch nicht mehr so deutlich.

Sailer reichte eine Interpellation ein, in der er von der Regierung wissen will, wie sie sich zu dieser Frage eines Zusammenschlusses stellt. Ihm sei bewusst, dass der Vorstoss Diskussionen auslöse und von manchen auch als Spinnerei abgetan werde. «Aber ich finde, wir als St.Galler dürfen ruhig auch mal verrückte Ideen haben.» Denn so vieles gehe «den Bach runter», die Idee einer Expo schlug fehl, der geplante Innovationspark braucht Anlauf um Anlauf. Sailer: «Wir müssen öfter gross denken.»

Er wolle niemanden annektieren, hält der SP-Kantonsrat fest. Aber wenn die Idee im Vorarlberg gut ankomme und auch in St.Gallen auf Wohlwollen stosse, solle man sie weiterdenken.

Wo lägen die Vorteile eines Kantons St.Gallen-Vorarlberg? Martin Sailer verweist auf die Innovationskraft der Vorarlberger. Er sei erstaunt, was dort alles laufe. «Auch im Rheintal gibt es eine starke Industrie, aber über dem Rhein noch mehr, ausserdem machen die Vorarlberger touristisch vieles richtig, und sie investieren in die Kultur.» Lauter Themen, die Sailer selbst umtreiben und in denen er sich wiedererkennt.

Zudem sei das Vorarlberg punkto Mentalität wohl dem St.Galler Rheintal näher als dem Rest des eigenen Landes, von dem es durch den Arlberg abgeschnitten wird. Verlierer der Idee wären am ehesten die Rheintaler, denen dann eine günstige Einkaufsmöglichkeit direkt über der Grenze flöten ginge.