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Ferienwohnungen mal anders

Dieser Ostschweizer hat den Mut zur Lücke

Ferienwohnungen gibt es nicht erst seit der Pandemie wie Sand am Meer. Da braucht es schon einiges an Kreativität, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Und genau das bringt Thomas Baer mit seiner Wohnung «Mind the Gap» in Rorschach mit. 

Manuela Bruhin am 28. August 2022

«Das ganz Haus steckt voller Kreativität und Geschichten.» - «Dies ist ein sehr stilvoll renoviertes Haus in einem ruhigen Stadtteil von Rorschach.» Oder: «Tolle Unterkunft, die erlebt werden muss, um verstanden zu werden.» All diese positiven Rezensionen über die Ferienwohnungen des Ostschweizers Thomas Baer ergeben fünf volle Punkte. Mit seinem Mut zur Kreativität hat er offenbar den Nerv der Touristen und Kunden getroffen. «Eigentlich ging es mir mehr darum, nicht bloss nichtssagende Poster an die Wände zu hängen», erinnert er sich. «Dass die Räume so gut ankommen, freut mich natürlich umso mehr.»

Angefangen hat alles vor etwa acht Jahren, als Baer aus reiner Neugierde anfing, die freie Wohnung im Haus über Airbnb zu vermieten. «Einen festen Mieter wollten wir nicht – aber Touristen, die nach einer gewissen Zeit wieder ausziehen, erschien uns als eine ideale Lösung», erinnert er sich. Und wirklich: Das Angebot wird rege genutzt, die mittlerweile drei Ferienwohnungen erfreuen sich an einer Auslastung von über 70 Prozent – über das ganze Jahr verteilt. Die Touristen reisen aus der ganzen Welt ins beschauliche Rorschach: Amerika, Kanada, Frankreich, aber auch aus anderen Teilen der Schweiz, wenn es sich etwa um einen geschäftlichen Termin handelt.

Auch wenn er mittlerweile drei Ferienwohnungen anbietet – das Persönliche ist dennoch nicht abhanden gekommen. Und genau dieser Unterschied zum Hotel wissen die Leute zu schätzen. Stimmt die Sympathie, wird auch einmal mit den Touristen das Englisch der Kinder aufgebessert oder auf französisch gefachsimpelt. Die Räume mit den künstlerischen Elementen bieten da Aufhänger genug. Unter anderem sind Fotografien des britischen Dokumentarfotografen Martin Parr darunter oder Werke von Mr Bingo, einem Künstler und Redner aus London. Mit den Künstlern steht Baer selbst im persönlichen Austausch, und ihre Werke hat er über die Jahre angesammelt. «Für meine eigene Wohnung ist das Ausmass inzwischen zu gross geworden», sagt er und lacht. «Und nur für den Keller oder Estrich sind sie definitiv zu schade. Warum also nicht die Ferienwohnungen damit ausstatten?» Geteilte Freude sei schliesslich doppelte Freude.

Der Grossteil der Touristen erfreut sich über die durchdachten Räume, die Kunst, die das Ganze aufpeppt. Auch wenn sich hier über den Geschmack anscheinend streiten lässt. Denn laut Baer gab es durchaus solche, die sich über die polarisierenden Kunstwerke aufregen können. «Da war mal eine Dame aus Amerika, welche die Fluchwörter als obszön abgetan hat. Aber es ist so wie anderswo auch: Einige haben den gleichen Humor und finden die Kunst schön, andere hingegen weniger.»

Bei der Einrichtung hingegen wird der Geschmack offenbar aller Gäste getroffen. Das Risiko, dass die Werke einem davon so gut gefallen, dass er oder sie diese gleich entwendet, ist aber dennoch klein. «In den Jahren ist es bisher genau einmal vorgekommen, dass ein kleiner Grabstein vor meiner Türe nicht mehr auffindbar ist», so Baer. Wer das Kunstwerk jedoch kurzerhand geklaut hat, kann er nicht sagen. Baer lachend: «Es ist aber definitiv kein Grund, um die Kunst aus den Ferienwohnungen zu entfernen. Da sorgen andere Sachen, wie in etwa das Vorgehen mit der Waschmaschine oder allfälligen Haustieren, für deutlich mehr Zündstoff.»

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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