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Thurgau

Ein Haus als Zeichen der Erinnerung

Ein Projekt der Künstlerin Karolin Bräg wird künftig an die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 sowie an die Medikamententests in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen zwischen 1940 und 1980 erinnern.

Die Ostschweiz am 29. Oktober 2020

Das teilt die Thurgauer Regierung mit.

Das Hauptzeichen «Haus der Erinnerungen» auf dem ehemaligen Spitalfriedhof von Münsterlingen sowie die Partnerzeichen auf dem Areal der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen und dem Massnahmenzentrum Kalchrain sollen im Frühsommer 2022 eingeweiht werden.

Im September 2019 beschloss der Regierungsrat des Kantons Thurgau die Errichtung eines thurgauischen «Zeichens der Erinnerung» an die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 sowie an die Medikamententests in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen zwischen 1940 und 1980. Gleichzeitig wurde ein Beurteilungsgremium eingesetzt mit dem Auftrag, im Einladungsverfahren einen zweistufigen Wettbewerb durchzuführen. Das Gremium stand zuerst unter dem Vorsitz von alt Regierungsrat Claudius Graf-Schelling, nach dessen Tod von alt Kantonsrätin Christa Thorner.

Das Beurteilungsgremium bezeichnete im November 2019 neun Künstlerinnen und Künstler, die zum Wettbewerb eingeladen werden sollten (Judith Albert, Zürich; Joëlle Allet, Sirnach; Karolin Bräg, München; Gabriele Gerber/Lukas Bardill, Schiers; Cornel Hutter, Amriswil; Jan Kaeser, St. Gallen; Katja Schenker, Zürich; Ernst Thoma, Stein am Rhein; Anna-Sabina Zürrer, Luzern). Acht Kunstschaffende nahmen die Einladung an, eine Künstlerin (Katja Schenker) musste ablehnen. 

Am 25. Februar 2020 wurden die acht eingereichten Ideenskizzen juriert; vier Arbeiten wurden ausgeschieden (Allet, Gerber/Bardill, Hutter, Thoma), vier Kunstschaffende (Albert, Bräg, Kaeser, Zürrer) eingeladen, ihre Ideen zu Projekten weiterzuentwickeln. Am 17. September 2020 wurden die vier Projekte beurteilt. Das Beurteilungsgremium kam einstimmig zum Ergebnis, dem Regierungsrat das Projekt «Haus der Erinnerungen» von Karolin Bräg zur Ausführung zu empfehlen. Der Regierungsrat ist dieser Empfehlung gefolgt und hatdas Projekt freigegeben.

Gespräche stehen am Anfang

Karolin Brägs Vorschlag ist prozessual angelegt. Am Anfang stehen, ausgehend von den Fragen «Was bedeutet Ihnen die Würde des Menschen?» und «Wie kann sie geschützt werden?», Gespräche mit Menschen – Betroffenen ebenso wie Nichtbetroffenen. Die Essenz der Gespräche fliesst anschliessend in die Bearbeitung eines Kunstwerks ein, dessen Prämisse darin besteht, dass das «Zeichen der Erinnerung» im ehemaligen Spitalfriedhof von Münsterlingen selber bereits vorhanden ist, durch Ergänzung mit einer Skulptur aber erneuert werden kann und soll. Auf die Wände des kleinen Hauses, das an den Beginn des Wegs über den Friedhof zu stehen kommt, schreibt die Künstlerin in ihrer eigenen Handschrift jene Satzteile, die sich für sie als Essenz der Gespräche ergaben. Vom Haus werden dann zwei Teile abgetrennt und als Partnerzeichen am See (Psychiatrische Klinik Münsterlingen) und in Kalchrain gesetzt – eigentliche Gedenksteine, die auf das Hauptzeichen verweisen und mit diesem zusammen das Ganze ergeben. 

Doch damit ist das Kunstwerk nichtabgeschlossen. Die Abdankungshalle wird zu einem Dokumentationsort gestaltet, in dem die Auseinandersetzung mit der Geschichte vertieft wird und weitergehen kann.

Die Projekte von Judith Albert, Karolin Bräg, Jan Kaeser Anna-Sabina Zürrer werdenvom 3. bis 27. November 2020 im Seminarraum des Staatsarchivs und anschiessend in Münsterlingen öffentlich ausgestellt. Das «Haus der Erinnerungen soll im Frühsommer 2022 eingeweiht werden. Um die Realisierung sicherzustellen, hat der Regierungsrat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die wiederum unter dem Präsidium von Christa Thorner steht.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

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