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Verdacht auf sexuelle Belästigung

Fall Dietsche: Eine Parteikollegin macht rätselhafte Andeutungen

Der St.Galler SVP-Kantonsrat Marcel Dietsche tritt per sofort zurück und ist auch nicht mehr länger als Polizist im Amt. Gegen ihn besteht der Verdacht der sexuellen Belästigung. Kurz nach Bekanntwerden des Falls macht seine Parteikollegin Barbara Keller-Inhelder mehr als seltsame Bemerkungen.

Stefan Millius am 01. Mai 2019

Marcel Dietsche war bis vor kurzem St.Galler Kantonsrat. Als Polizist leitete er den Posten Rorschach der Kantonspolizei St.Gallen. Diese Karriere hat jetzt einen jähen Knick erfahren. Gegen den Rheintaler besteht der Verdacht auf sexuelle Belästigung gegenüber Arbeitskolleginnen, wie verschiedene Medien berichtet haben.

Es gilt die Unschuldsvermutung. Doch die Untersuchung allein hatte für Dietsche zu viel Gewicht, um Kantonsrat und Polizist bleiben zu können, beides sensible Ämter, die einen einwandfreien Leumund voraussetzen. Deshalb ist er als Politiker zurückgetreten und hat seinen Job gekündigt; dort wurde er zudem per sofort freigestellt.

In diesem Fall gibt es nun einen etwas bizarren Nebenschauplatz. Die St.Galler SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder wurde vom «Blick» um eine Stellungnahme gebeten. In dieser zeigt sich die Rapperswilerin erstaunt. Aber sie sagt noch ein bisschen mehr:

Marcel Dietsche

Es ist anzunehmen, dass die erfahrene Politikerin auf dem linken Fuss erwischt wurde mit der Anfrage und aus der Hüfte geantwortet hat. Denn diese Antwort ist einigermassen aufsehenerregend. Keller-Inhelder ist nicht nur überrascht, dass Dietsche unter diesem Verdacht steht. Sie sagt auch wörtlich, dass sie bei anderen Politikern weniger erstaunt wäre. Mit anderen Worten: Es gibt im St.Galler Politbetrieb Leute, denen die Nationalrätin sexuelle Belästigung durchaus zutraut.

Unglückliche Formulierung oder entwaffnende Ehrlichkeit: Das bleibt offen. Ungeschickt war die Antwort in jedem Fall. Und so manch ein St.Galler Kantonsrat wird sich nun fragen, ob er gemeint war mit den Personen, bei denen Keller-Inhelder «weniger erstaunt» gewesen wäre.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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